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Kommentar: Hakenkreuzkekse sind out

Kräfte des SEK bei einem Einsatz südlich von Frankfurt (Bild: REUTERS/Johannes Eisele)
Kräfte des SEK bei einem Einsatz südlich von Frankfurt (Bild: REUTERS/Johannes Eisele)

Dutzende Polizisten sollen Nazibilder getauscht haben. Das ist nicht nur armselig, sondern zeugt auch von etwas, das Angst macht.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Wen haben Sie denn so in all den Whatsapp-Gruppen? Man verliert ja leicht den Überblick. Aber der Austausch von Hitler-Bildern und Hakenkreuzkeks-Fotos würde schon auffallen, oder?

Nicht einer Menge von hessischen Polizisten samt drei Vorgesetzten, die von solch einer internen Polizisten-Chatgruppe wussten, aber nicht einschritten. Diese Panini-des-Grauens-Sammlung samt rassistischen Beleidigungen ist nun nur zufällig in Frankfurt am Main aufgeflogen, weil in diesem Umkreis ein Beamter wegen Kinderpornographie beschuldigt wurde, es Hausdurchsuchungen gab – und eben ein Handy beschlagnahmt wurde. Ups.

Man ist bei solch einer Meldung für einen Moment versucht, sich amüsiert zu zeigen. Hitlerbilder? Okay, Fußballstars sind wirklich nicht mehr so angesagt wie vor einigen Jahren. Aber diesen Milchboy mit dem ewig griesgrämigen Gesicht, seinen Wurstknien und überhaupt einer rundweg ungesunden und kränklichen Erscheinung? In unsere Zeit, in der Bilder zunehmend auf Wellness & Fitness getrimmt sind, Schönheit sich engen Normen unterwirft, passt ein Adolf nicht wirklich rein. Und dann diese Hakenkreuzkekse, meine Güte, die brechen doch bestimmt sofort. Rasch trocken werden sie auch. Eine Menge spricht also für schlechten Geschmack, vielleicht auch für den Reiz des „Verbotenen“, wobei Bilder von Adolf Hitler im History-Channel zum Beispiel überquellen. Wozu noch auf dem Handy?

An diesen Keksen kann man sich nur verschlucken

Dieses Amüsement dauert aber nur den Bruchteil eines Moments. Denn ich frage mich, wie Beamte, die darauf aufmerksam wurden, ihre Kollegen nicht fragten, was dieser Mist soll. Polizisten tragen mit die höchsten Verantwortungen für unsere Gesellschaft. Wir sind von ihnen abhängig, dass sie für Recht, Ruhe und Ordnung sorgen. Für Sicherheit. Und ein Faschist in Uniform, der den Staat hasst, für den er geradestehen soll, wirkt nicht beruhigend. Auch nicht einer, der schweigt.

Wer von den Bürgern eine Waffe in die Hand gelegt bekommt, trägt damit eine Bürde. Wer sich im Umkreis solcher Chatgruppen bewegt, ist diesem Gewicht nicht gewachsen. Der hat in der Polizei nichts zu suchen.

Wie haben sich die Opfer des rassistischen und rechtsextremen Anschlags von Hanau zu fühlen, wenn sie von diesen Keksen lesen und sich fragen müssen, ob der nächste Beamte, den sie bei einem Notfall rufen würden, vielleicht sein Amt nicht würdevoll ausfüllt und es gar beschmutzt?

Oben versagt

In diesem Schlaglicht erscheint es absurd, wie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) agiert. Zwar haben die Polizeibehörden beim Bekanntgeben durchgegeben, selbst die gesamte SEK in Frankfurt wird aufgelöst – welch Pleite und starke Reaktion zugleich. Aber gegen eine Studie in der Polizei über rassistische Strukturen hat er sich monatelang gewehrt, nach dem Motto: Was nicht sein darf, wird auch nicht sein. Aber es ist.

Die Polizei war schon immer im Zweifel mehr rechts als links. Korpsgeist, also diese rechte Kameraderie als Verwechslung von Gemeinschaft und Solidarität ist eine Herausforderung für die Polizei. Denn leider sind die Strukturen problematisch. Hier die Fakten: Allein in Hessen gab es seit 2015 insgesamt 77 Ermittlungen gegen Polzisten wegen des Verdachts einer rechtsradikalen Gesinnung, intern gibt es 380 Verdachtsfälle. Was nun bekannt wurde, ist keine Ausnahme, vielleicht auch nicht die Spitze eines Eisbergs, aber eben: Struktur. Eine bessere Fehlerkultur muss her.

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