Kommentar: Heiko Maas und Mike Pompeo – so werden sie doch noch dicke Freunde

Das erste Treffen von Heiko Maas und Mike Pompeo verlief eher frostig (Bild: Reuters)
Das erste Treffen von Heiko Maas und Mike Pompeo verlief eher frostig (Bild: Reuters)

Der Besuch des deutschen Außenministers bei seinem US-Amtskollegen – ein Desaster. Man liegt über Kreuz. Da hilft nur noch menscheln: eine kleine Gebrauchsanleitung.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Wenigstens wissen sie, wo sie stehen. Oder genauer formuliert: was zwischen Heiko Maas und Mike Pompeo steht, nämlich nicht der Atlantische Ozean, welcher auch eher fließt, sondern ein Berg aus Meinungsverschiedenheiten.

Dass Deutschland in Amerika nun nebensächlicher wahrgenommen wird als früher, ist kein Grund zur Depression. Eine Politik, die so tut, als würde sie in erster Linie ans eigene Land denken, obwohl sie in Wirklichkeit nur den eigenen Bauchnabel im Visier hat, muss zwangsläufig in anderen Ländern, Interessen und Menschen etwas Untergeordnetes erkennen. Es sei denn, man wird als Buddy ausgemacht.

Allein dies ist die Chance des deutschen Außenministers. Maas tat gut daran, die Differenzen mit der Politik im Weißen Haus zu benennen: Iran-Abkommen, Handelskrieg, diese ganze vermeintliche Stärke, die da postuliert wird und dennoch pubertär daherkommt. Maas muss aber mehr. Einen Draht zum Austausch zu haben, schnell halbwegs vertraulich mit Kollegen, auch überm Teich, zu reden, ist ein wichtiges Pfand für erfolgreiche Politik. Daher muss Maas jetzt auf Buddy machen.

Was geht ab, Bro?

Das ist nicht schwer. Maas bleiben bei einer Person wie Mike Pompeo nicht viele, aber effektive Möglichkeiten. Pompeo versucht, Trump nicht unähnlich, seine Gegenüber einzuschüchtern. Sein Auftreten ist herrisch und hemdsärmelig. Ihm ist wichtig, Tatkraft zu signalisieren, und sei es nur beim Gang zum Klo. Die Leute sollen auch denken, er sei aufrichtig, eine „ehrliche Haut“; dabei geht Pompeo genauso berechnend vor wie andere – die Hand seines Herrn würde er nie beißen.

Nicht anders liest sich seine Biographie. Menschen, die nicht so sind wie er, sind ihm egal. Er ist keine Frau, also will er Abtreibungen verbieten. Er ist (womöglich) nicht schwul, also ist er gegen gleichgeschlechtliche Ehen. Er ist kein Muslim, daher sieht er in ihnen potenzielle Terroristen. Und er ist kein Terrorist, daher denkt nach einem Besuch des Gefangenenlagers Guantanamo, die Gefangenen hätten an Gewicht zu gelegt.

Dabei gibt es genug, welches ihm wichtig ist. Trump ist groß und mächtig, ihm gegenüber ist er daher loyal. Nach seiner Arbeit als Rechtsanwalt gründete er mit anderen und den Geldern des Koch-Imperiums eine Firma für Luftfahrtzulieferungen – den Koch-Brüdern gegenüber ist er loyal. Und als Pompeo beschloss, in die Politik einzutreten, da lag in seinem Wahlkreis zufällig die Firmenzentrale der Kochs, man ist sich also gegenüber loyal. Eher würde Pompeo die Hand abfallen, als über die Kochs, welche die großen Finanziers des rechten Konservatismus in den USA sind, ein kritisches Wort zu verlieren.

Was soll Maas da machen? Er könnte bei den wenigen Gemeinsamkeiten anknüpfen. Beide waren beim Militär, beide sind religiös. Wo Pompeo kraftvoll auftritt, kann Maas kraftvoll gegenhalten, und zwar im Wortsinn: Immerhin ist er Triathlon-Sportler. Und beide haben Jura studiert.

Einfach mal abhängen

Nun wäre es langweilig, wenn Maas mit Pompeo ein Gespräch über allgemeine Verfassungsgrundlagen oder das damalige Pauken in der Unibibliothek begänne. Vielleicht bringt er ihm eine alte Schrotflinte mit, mit der seine Ahnen in den saarländischen Wäldern auf Fuchsjagd gingen; schließlich ist Pompeo lebenslanges Mitglied in der Waffenlobby-Organisation „National Rifle Association“ (NRA). Oder er erzählt ihm von seiner früheren Zeit als jugendlicher Messdener in der Kirche. Das muss nicht gespielt sein, im Gegenteil: Es ist keine Floskel, dass vor Gott alle gleich sind – und es geht um das Erreichen gleicher Augenhöhe.

Einer wie Pompeo lässt sich von Mass nicht runterschrauben, also muss Maas hoch. Er könnte ihm einen morgendlichen Lauf rund ums State Department vorschlagen, ihm deftige Delikatessen aus dem Saarland mitbringen, zum Beispiel Dibbelabbes, einen Topfkuchen aus roh geriebenen Kartoffeln mit einer Specksahnesauce; die beiden könnten sich auch zu zweit in die Küche stellen. Hauptsache, Maas findet einen Draht zu Pompeo. Dann kann man auch viel besser über die Differenzen reden.

Rosenkrieg will doch keiner. Nur eines darf er nicht: den Eindruck vermitteln, er sei schwach. Die einzige Strategie, welche die Trumpsche Politik, exekutiert vom Bruder im Geiste Pompeo, verfolgt, ist die eines Pokers – wer sich zuerst bewegt, verliert. Einfach nur stur durchhalten, dann wird es schon etwas mit den beiden.