Kommentar: Her mit dem grünen Impfpass!

Auf die Dauer ist eine Couch auch nicht mehr das, was sie mal war. Lockdownszene aus Italien (Bild: REUTERS/Alessandro Garofalo)
Auf die Dauer ist eine Couch auch nicht mehr das, was sie mal war. Lockdownszene aus Italien (Bild: REUTERS/Alessandro Garofalo)

Sollte es bei Corona Privilegien für Geimpfte und Genesene geben? Solch ein Weg wäre sinnvoll – denn er weist nach vorn.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Die grüne Ampelfarbe mag jeder. Da geht es los, Schluss mit dem dumm Herumstehen. Ein bisschen fühlen wir alle uns so seit Monaten: Wir verharren auf der Stelle, der Lockdown Light beschneidet uns, lässt uns nicht durchstarten – viele beruflich nicht, und alle sozial. Außer gut situierten Sozialphobikern kann kaum jemand der allgemeinen Lage Gutes abverlangen.

Und dann kommt die Farbe Grün. Sie lächelt uns auf dem Display eines Handys an, als digitaler Impfpass. So geschieht es gerade in Israel, und die Gesellschaft dort atmet auf: Immer mehr Freiheiten und Grundrechte kommen zurück, weil immer mehr gegen COVID-19 geimpft sind. Deshalb wird auch anderswo diskutiert, ob ein Pass eingeführt wird: Wer geimpft oder vom Virus genesen ist, scheint deutlich weniger ansteckend zu sein – so der bisherige wissenschaftliche Stand, der aber nur vorläufig ist. Warum also dann nicht all diesen Leuten erlauben, zur Normalität zurückzukehren?

Die Argumente dagegen: Menschen werden ungleich behandelt, und durch die Hintertür wird ein Impfzwang eingeführt. Doch diese Gedanken führen nicht weit genug.

Logik ist kein schlechter Ratgeber

Warum sollte ich es Leuten nicht gönnen, dass sie nun in einem Restaurant oder in der Kneipe sitzen können, nur weil ich es noch nicht darf? Gastronomen werden sicherlich nichts dagegen haben, wieder Gäste zu begrüßen – warum sollte ich dies verhindern, nur weil ich zuhause weiterhin am Müsli kaue?

Wer einen grünen Impfpass erhält und loslaufen darf, in mehr Freiheit, wäre eine Art Pionier. Darin kann ich nur Gutes erkennen, es sei denn, Missgunst wäre mein Hobby. Und was den angeblichen Impfzwang durch die Hintertür angeht, bliebe man ja im Recht, eine Impfung abzulehnen. Außerdem wäre das doch eine tolle Märtyrerrolle: Seht her, könnte ein im „Querdenken“ Geübter rufen, ich verweigere mich dem Herdentrieb des Coronawahnsinns, daher trinke ich meine Limo jetzt draußen, bätsch! Also, wenn das nicht quergedacht ist.

Dieser vermeintliche Heldenstatus würde auch nicht lange andauern. Mit der Zeit wird die Zahl der Geimpften und Genesenen jene kritische Masse erreicht haben, welche dem Corona-Virus und seinen Mutationen eine massenhafte Verbreitung und Gefährdung nicht mehr erlaubt. Dann darf auch wieder quer an der Theke geschlürft werden.

Der Pieks ist progressiv

Wir merken gerade, wie müde wir sind. Das mit der Disziplin wird immer schwieriger. Letztlich wird nur das Impfen helfen – und da wäre ein Pass ein

Anreiz für mehr Freiheit. Denn die Impfmuffeligkeit in Deutschland ist zwar interessant, aber keine Zierde. Da wollen nicht Wenige sich dem Stoff versagen, weil sie ein paar rote Pusteln auf der Haut für a bisserl Zeit fürchten. Meine Güte. Oder sie denken, dass der eine Impfstoff schlechter sei als der andere, anstatt den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu vertrauen. Aus dem pandemiebedingten Schlamassel kommen wir nur heraus, indem wir uns nach vorn bewegen. Die Impfampel würde uns den Weg weisen.

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