Kommentar von Hugo Müller-Vogg - Eine bessere Wahlhelferin als Faeser kann sich die AfD kaum wünschen

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Bundesinnenministerin Nancy Faeser. (Archivbild)Arne Dedert/dpa

Lange hat es nicht gedauert: Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot des rechtsextremen Magazins „Compact“ teilweise ausgesetzt. Die Bundesregierung und der Rechtsstaat stehen als Verlierer da. Und Faeser wird zur Wahlhelferin für die AfD.

Avanti dilettanti! Frei übersetzt: Vorwärts, ihr Stümper! Da verbietet die Bundesregierung in ihrem „Kampf gegen rechts“ das rechtsextreme Magazin „Compact“. Doch das Bundesverwaltungsgericht ruft laut und vernehmlich „Stopp“.

Bundesinnenministern Nancy Faeser (SPD) hatte das Verbot als „harten Schlag gegen die rechtsextremistische Szene“ gefeiert.

Jetzt musste sich die „Verfassungsministerin“ und einstige Rechtsanwältin belehren lassen, dass die Erfolgsaussichten der von „Compact“ angestrengten Klage gegen das Verbot „offen sind“. Mit anderen Worten: Die Begründung für das Verbot ist rechtlich zweifelhaft.

Irgendwie scheint diese Regierung größte Schwierigkeiten zu haben, sich an Recht und Gesetz zu halten.

Schon drei Mal musste die Ampel sich vom Verfassungsgericht zur Ordnung rufen lassen: beim Haushalt 2024, im Zusammenhang mit dem Heizungsgesetz und beim Wahlrecht. Beim Haushalt 2025 bewegt sie sich ebenfalls an der Grenze zum Verfassungsbruch. Und jetzt das.

Meinungsfreiheit ist in Deutschland ein hohes Gut

Die Innenministerin lag ja nicht falsch, als sie dem der AfD eng verbundenen Medium vorwarf, „dieses Magazin hetzt auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie“.

Doch darf man in diesem Land vieles sagen, Unsägliches, Unanständiges und Unmenschliches eingeschlossen.

Viele Juristen hatten das Vorgehen der Ministerin und damit der Bundesregierung von Anfang an scharf kritisiert. Hatten auf das hohe Gut der Meinungs- und Pressefreiheit hingewiesen.

Denn ein demokratisches, freiheitliches Gemeinwesen muss aushalten, dass Thesen verkündet werden, die den Werten, auf denen dieser Staat beruht, diametral widersprechen. Das ist eben der Preis der Freiheit.

Faeser hat sich selbst ausgetrickst

Zudem hatte die Juristin Faeser sich eines von angesehenen Jura-Professoren scharf kritisierten Tricks bedient. Weil sie aus presserechtlichen Gründen das Magazin nicht direkt verbieten wollte, verbot sie den dahinterstehenden Verein. Offenbar hat sie sich selbst ausgetrickst.

Die Aussetzung des Verbots ist noch keine endgültige Entscheidung. Gleichwohl stehen die Bundesregierung und mit ihr der Rechtstaat als Verlierer da.

Denn die Höcke-Fans von „Compact“ können in jeder Ausgabe triumphierend behaupten, die Regierung habe sie aus parteipolitischen Gründen zum Schweigen bringen wollen.

„Compact“-Chefredakteur Jürgen Elsässer tat das bereits auf der Plattform X so: „David siegt gegen Goliath, Compact siegt über Faeser, die Demokratie siegt über die Diktatur, und das Volk siegt über das Regime“.

Faeser hat denen Argumente geliefert, die vom Rechtsstaat nichts halten

Das ist rechtsextreme Agitprop in Reinkultur. Da hat kein Volk über ein undemokratisches Regime gesiegt. Da hat der Rechtsstaat in Gestalt des Bundesverwaltungsgerichts einer überforderten, politisch statt juristisch agierenden Ministerin ihre Grenzen aufgezeigt.

Statt die Verfassung zu schützen, wie es ihre Pflicht wäre, hat sie denen Argumente frei Haus geliefert, die vom Rechtsstaat ohnehin nichts halten.

Nicht nur die „Compact“-Macher dürfen sich die Hände reiben. Die von diesem Magazin kräftig unterstützte und geförderte AfD darf sich ebenfalls freuen. Eine bessere Wahlhelferin für die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen als Faeser können sich die Rechtsextremisten um Björn Höcke nicht wünschen.

Sollten die bei sechs Prozent herumdümpelnden SPD-Genossen am 1. September unter fünf Prozent abrutschen, wissen sie wenigstens, bei wem sie sich zu bedanken haben. Die Postanschrift lautet: Bundesministerium des Innern und für Heimat, Berlin.