Kommentar von Hugo Müller-Vogg - Mit fragwürdiger Grünen-Hilfe spielt Kampagnen-Verein der AfD in die Karten
In Sachsen wird am 1. September ein neuer Landtag gewählt; der Wahlkampf läuft bereits auf Hochtouren. Doch es kämpfen nicht nur Parteien um Stimmen. Im Freistaat mischt ebenso eine Organisation mit Sitz im fernen Berlin mit – Campact e.V..
Dieser Verein stellt sich auf seiner Homepage so vor: „Eine Kampagnen-Organisation, mit der über 3 Millionen Menschen entschlossen für progressive Politik eintreten und unsere Demokratie verteidigen. Gemeinsam bewegen wir seit rund 20 Jahren Politik und engagieren uns für Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und eine starke Zivilgesellschaft.“
Was Campact „progressiv“ nennt, ist eindeutig linksgrün. Kompromissloser Klimaschutz und der „Kampf gegen rechts“ sind zentrale Themen, linke Umweltinitiativen sind Bündnispartner und werden von dem Verein finanziell unterstützt.
Campact stellt sich in Sachsen nicht etwa selbst zur Wahl. Die Organisation unterstützt vielmehr gezielt zwei grüne und zwei linke Kandidaten im Kampf ums Direktmandat in Leipzig und in Dresden.
Das will sich Campact etwas kosten lassen: unter anderem 25.000 Euro für jeden der vier Bewerber. Dazu kommen umfangreiche Werbemaßnahmen zugunsten dieser Kandidaten.
Hinter der Operation steckt ein klares Kalkül
Nach Ansicht von Campact haben die Kandidaten der Grünen beziehungsweise der Linken in den betreffenden Wahlkreisen gute Chancen auf ein Direktmandat.
Das Kalkül hinter der Operation: In Sachsen genügt einer Partei der Gewinn von zwei Direktmandaten, um selbst dann in den Landtag einzuziehen, wenn sie bei den Zweitstimmen unter 5 Prozent bleibt. Diese zwei Mandate sollen Linke und Grünen mit Hilfe von Campact-Geld und Campact-Aktionen erringen.
Laut aktuellem Politbarometer liegen in Sachsen CDU (34 Prozent) und AfD (30) deutlich vorn. Es folgen das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (11), SPD und Grüne mit jeweils sechs Prozent und die Linke mit vier Prozent. Die FDP ist so schwach, dass sie unter „Sonstige“ geführt wird. Für Grüne und Linke könnten zwei Direktmandate also zu Rettungsringen werden.
Grüne und Linke halten nicht viel von der Einmischung
Sollten es nur CDU, AfD und BSW ins Parlament schaffen, könnte das dazu führen, dass die AfD selbst mit „nur“ 30 Prozent mehr als ein Drittel der Sitze bekommt. Denn je weniger Parteien es in den Landtag schaffen, umso mehr Sitze entfallen auf die Parteien mit mehr als fünf Prozent oder mindestens zwei Direktmandaten.
Stellte die AfD mehr als ein Drittel der Landtagsabgeordneten, hätte das Konsequenzen. Dann könnte die in Sachsen als „gesichert rechtsextrem“ eingestufte Partei alle Entscheidungen blockieren, bei denen – wie bei der Wahl der Verfassungsrichter – eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist.
Eine AfD mit mehr als 33 Prozent der Sitze – diese Vorstellung treibt nicht nur Campact um, sondern auch die anderen demokratischen Parteien. Grüne und Linke halten jedoch nicht viel davon, dass Campact sich von Berlin aus so direkt in Sachsen einzumischen versucht.
Nur ein Linker will das Geld annehmen
Die Grünen haben vor fünf Jahren drei Direktmandate erobert, zwei in Leipzig und eines in Dresden. Das trauen sie sich auch jetzt wieder zu. Die beiden Grünen-Bewerber lehnen deshalb die 25.000 Euro von Campact ab. Von den beiden Linken will nur einer das Geld annehmen.
Campact scheint im sächsischen Wahlkampf richtig „klotzen“ zu wollen – zugunsten von Linksgrün. Der Deutsche Bundestag jedenfalls hat jetzt zwei Campact-Großspenden veröffentlicht: „ca. 161.300 Euro“ für die Grünen und „ca. 66.600 Euro“ für die Linke. Das „Handgeld“ für die vier Kandidaten macht offenbar nur den kleineren Teil dieser Wahlkampfhilfe aus.
Diese Campact-Aktion ist unter mehreren Aspekten äußerst problematisch. Der Verein behauptet von sich, „wir finanzieren uns durch Spenden von hunderttausenden Menschen und verfolgen unsere Anliegen unabhängig von Parteipolitik und Wirtschaftsinteressen.“ Wer so direkt in den Wahlkampf eingreift, macht freilich sehr wohl Parteipolitik.
Was Campact tut, wirkt überheblich
Hinzu kommt, dass in den vier von Campact ausgewählten Wahlkreisen sich Grüne und Linke gute Chancen aufs Direktmandat ausrechnen. Nun ist es das gute Recht einer politischen Interessengruppe zu unterstützen, wenn sie will.
Aber es wirkt sehr überheblich, wenn eine Organisation von Berlin aus entscheiden will, wer in den Landtag einziehen soll und wer nicht.
Ohnehin ist es sehr fraglich, ob gezielte Aktionen gegen die AfD nicht genau das Gegenteil bewirken. Alle Versuche, diese Rechtsaußen-Partei auszugrenzen, haben bei deren Wählern den Eindruck bestärkt, die „Etablierten“ wollten den Konkurrenten mit allen Mitteln klein halten.
Nichts spielt der AfD mehr in die Karten, als wenn sie sich als „Opfer“ der „Altparteien“ inszenieren kann. Das Ergebnis solcher Taktiken waren in der Vergangenheit Stimmengewinne der AfD. Und Campact als eindeutig linksgrüne Lobbyorganisation ist für potentielle AfD-Wähler kein glaubwürdiger Warner und Mahner.
Nicht das erste Mal, dass sich Campact einmischt
Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass Campact den Bürger im Osten zu sagen versucht, wen sie zu wählen haben. Das hatten diese Aktivisten schon 2021 im Bundestagswahlkreis 195 (Südthüringen) versucht.
Damals wollte sie die Wahl des CDU-Kandidaten Hans-Georg Maaßen verhindern, der schon in der Union als Rechtsaußen galt und von der Bundes-CDU nicht unterstützt wurde.
Damals setzte Campact die Kandidaten von Grünen und Linken unter Druck, ihre Kandidatur zugunsten des SPD-Kandidaten zurückzuziehen. Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) kritisierte diese Kampagne scharf und verglich das Campact-Vorgehen mit dem in Russland vorherrschenden „Demokratieverständnis“.
Den Wahlkreis gewann schließlich der SPD-Kandidat Frank Ulrich sehr deutlich mit 33,6 Prozent vor Maaßen, nicht zuletzt auf Kosten der Linken. Allerdings war Ulrich als ehemaliger Olympia-Sieger im Biathlon im Wahlkreis viel bekannter und populärer als der sehr umstrittene Ex-Verfassungsschutzpräsident und West-Import Maaßen.
Viele Ostdeutsche reagieren auf so einen Wahlkampf allergisch
Die angeblich „unabhängig von Parteipolitik“ agierende Campact-Organisation begibt sich abermals auf dünnes Eis. Ob ihre zahlreichen Spender mit dieser Form der Mittelverwendung einverstanden sind, wird ich zeigen. Das ist ein internes Problem dieses Netzwerks.
Viel problematischer ist, dass gerade viele Ostdeutsche auf diese Form des Wahlkampfes besonders allergisch reagieren – auf Einmischung von „Wessis“ im Stil alter Obrigkeit. So nach dem Motto: „Wir wissen besser als ihr, was gut für euch ist – und wie ihr deshalb zu wählen habt.“
Gut möglich, dass Campact letztlich zum Helfer der AfD wird – mit einer Wahlkampagne, die zum Rohrkrepierer wird.