Kommentar von Hugo Müller-Vogg - Hochmut oder Übermut? Jetzt soll eine Agentur Heils Job-Turbo als Erfolg verkaufen

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Hubertus Heil (l) und Robert Habeck.Kay Nietfeld/dpa

Das Bundesarbeitsministerium unter Leitung von Hubertus Heil (SPD) sucht eine Agentur für eine Social-Media-Kampagne. Ziel ist es, effektiver und erfolgreicher zu kommunizieren. Nur: Wer über Gutes reden will, sollte vorher auch Gutes getan haben.

Sinn und Zweck von „Public Relations (PR), also der Öffentlichkeitsarbeit, lassen sich auf eine einfache Formel bringen: „Tue Gutes und rede darüber“. Oder etwas schlichter: „Klappern gehört zum Handwerk“.

In der Politik hat sich schon in den frühen Jahren der Bundesrepublik die Einsicht durchgesetzt, „Politik muss verkauft werden“. Deshalb geben alle Regierungen – unabhängig von der parteipolitischen Färbung – viel Geld für diese Selbstdarstellung aus.

Die rot-grün-gelbe Ampel ist auf diesem Feld besonders aktiv. Das Bündnis hat es auch bitter nötig. Denn die Umfragezahlen der Ampel-Parteien sind im Keller. Bei den ostdeutschen Landtagswahlen im September droht allen drei ein Absturz.

So überrascht es nicht, dass das Bundesarbeitsministerium unter Leitung von Hubertus Heil (SPD) eine Agentur für eine Social-Media-Kampagne sucht. Das Ziel: effektiver und erfolgreicher zu kommunizieren. Das Ministerium soll als „moderne, bürgernahe und innovative Behörde“ erscheinen.

Heil hat etwas Wichtiges übersehen

Wie „Bild“ berichtet, soll der entsprechende Rahmenvertrag über 36 Monate laufen. Anschließend könnte er zweimal um jeweils sechs Monate verlängert werden, insgesamt also vier Jahre. Das Budget: zwei Millionen Euro im Jahr, maximal also acht Millionen.

Es hört sich recht kühn an, ein Jahr vor einer Bundestagswahl eine Agentur für mindestens drei Jahre anheuern zu wollen. Da tut der Arbeitsminister so, als wäre die Wahl im September 2025 schon gewonnen. Das lässt auf Hochmut oder Übermut schließen.

Heil und das in seinem Ministerium bereits beschäftigte Heer von Kommunikations-Spezialisten haben freilich etwas Wichtiges übersehen: Wer über Gutes reden will, sollte vorher Gutes getan haben. Da fragt man sich, welche Glanztat denn besonders herausgestellt werden soll?

Das Kernstück von Heils Ampel-Arbeit ist das Bürgergeld, von ihm als „größte Sozialreform seit 20 Jahren“ gelobt. Damit wollten die Sozialdemokraten „Hartz IV“ endgültig vergessen machen. Das neue Motto: mehr Fördern, weniger Fordern. Anders formuliert: weniger Druck auf Leistungsbezieher, sich nach Arbeit umzuschauen.

Untersuchungen zeigen negative Folgen von Heils Reform

Jedoch zeigte sich recht bald, dass das Bürgergeld samt einer Erhöhung um 25 Prozent innerhalb von zwölf Monaten viele Menschen eher vom Arbeitsmarkt fernhält, statt sich um einen Job zu bemühen.

Sehr großzügig hat die Ampel ukrainischen Flüchtlingen sofort zu Bürgergeldempfängern gemacht, sie also deutlich bessergestellt als andere Flüchtlinge. Das Ergebnis: Bei uns arbeiten weniger ukrainische Flüchtlinge als in anderen europäischen Ländern.

Dies alles hat in der Bevölkerung zur mehrheitlichen Ablehnung von Heils Reformprojekt geführt. Der Unmut rührt vor allem daher, dass der Abstand zwischen dem Nettoeinkommen von Erwerbstätigen im Niedriglohnbereich und Bürgergeldbeziehern recht gering ist.

Verschiedene Untersuchungen zeigen die negativen Folgen der Heilschen Reform: Bürgergeldbezieher sind schlechter erreichbar als früher, weniger motiviert und machen bei der Job-Suche weniger mit. Die Anreize, eine neue Stelle aufzunehmen, haben sich eben verschlechtert.

Heil will Bürgergeld an restriktivere „Hartz IV“-Regelungen anpassen

Heil und die Ampel mussten eingestehen, dass ihre Reform den eigentlichen Zweck nicht erreicht, nämlich mehr Menschen in einen Job zu bringen. Auch sein „Job-Motor“, der mehr Ukrainer in den Arbeitsmarkt integrieren sollte, hat nicht gezündet; er stottert vor sich hin.

Die Agentur, die daraus eine Erfolgsgeschichte stricken kann, muss wohl erst gegründet werden. Denn an dem angeblich so großartigen Gesetz sind bereits Reparaturen notwendig – nach nicht einmal zwei Jahren nach dem Start am 1. Januar 2023.

Deshalb ist Heil dabei, das Bürgergeld an die restriktiveren „Hartz IV“-Regelungen anzupassen. Bereits seit April dieses Jahres können Jobcenter das Bürgergeld für maximal zwei Monate komplett streichen, falls Leistungsbezieher die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit beharrlich verweigern.

Schwarzarbeit von Bürgergeldempfängern soll besser bekämpft werden

Da ist nicht alles. Künftig wird mit Kürzungen um 30 Prozent für drei Monate rechnen müssen, wer eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Eingliederungsmaßnahme ohne triftigen Grund ablehnt. Auch soll Bürgergeld-Beziehern zugemutet werden, für einen Job drei Stunden Hin- und Rückfahrt in Kauf zu nehmen.

Nicht zuletzt soll Schwarzarbeit von Bürgergeldempfängern besser bekämpft werden. Denn offenbar ist die Kombination von Bürgergeld plus Schwarzarbeit ein attraktives „Modell“.

Nein, eine Agentur, die das alles als Erfolg darstellen soll, ist um ihre Arbeit nicht zu beneiden. Aber für zwei Millionen Euro pro Jahr werden PR-Spezialisten bereit sein, den Bundestagswahlkampf der SPD mit wohlklingenden Bürgergeld-Parolen etwas zu unterstützen.

„Ziel des Bürgergeldes ist es, erwerbsfähige Menschen dauerhaft in qualifizierte Arbeit zu bringen, damit sie ihren Lebensunterhalt wieder selbst bestreiten können.“ So steht es auf der Homepage des Arbeitsministeriums.

„Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler“

Heil müsste also nur anhand von Daten und Fakten nachweisen, wie viele der vier Millionen erwerbsfähigen Bürgergeldbezieher dank seiner Reform inzwischen einen Job gefunden oder wenigstens eine Ausbildung abgeschlossen haben.

Um das zu verkünden, brauchte der Minister keine Agentur. Darüber würden alle Medien ausführlich berichten. Das Problem: Heil kann keine Erfolge dieser Art nachweisen. Da hilft auch keine Agentur.

„Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler,“ lautet eine Binsenwahrheit der Kommunikation. Heil hat jedoch beim Bürgergeld nichts anzubieten, was den hart arbeitenden Menschen mit eher niedrigem Einkommen in Bezug auf das Bürgergeld „schmecken“ könnte. Schade um die Millionen!