Kommentar von Hugo Müller-Vogg - Mit einem Satz zeigt Scholz, dass er von Wirtschaft keine Ahnung hat

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).<span class="copyright">Foto: dpa/Michael Kappeler</span>
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).Foto: dpa/Michael Kappeler

Olaf Scholz kämpft um seine politische Existenz. Falls er das Kanzleramt für die SPD nicht verteidigen kann, ist er bei den eigenen Genossen unten durch: als erfolgloser Kurzzeitkanzler mit dem schlechtesten SPD-Ergebnis seit 1949.

Der Noch-Kanzler kämpft den Kampf der Verzweiflung. Dabei versucht er, die verbliebenen Stammwähler zu halten und abtrünnige SPD-Wähler aus der Arbeitnehmerschaft zurückzugewinnen. Für die setzt er auf eine bei Linken beliebte Methode: den Klassenkampf.

Scholz' Thesen entstammen Lehrbuch für sozialistische Staatswirtschaft

In einem Interview mit der Funke-Gruppe hat Scholz Thesen verkündet, die jeder ökonomischen Vernunft widersprechen. Aber sie sorgen bei all denen für ein wohliges Gefühl, die einen Vollkasko-Rundum-Versorgungsstaat der sozialen Marktwirtschaft vorziehen.

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Die Thesen des Wahlkampf-Ökonomen Scholz entstammen offenbar einem Lehrbuch für sozialistische Staatswirtschaft: Unternehmen dürfen niemanden entlassen, „nur um Geld zu sparen“, Standorte dürfen nicht geschlossen werden, eine Staatsbeteiligung an Unternehmen ist immer „eine Option“.

Das Nein des Kanzlers zu Entlassungen mag auf Marktplätzen in bestimmten Teilen des Landes gut ankommen. Natürlich wollen Unternehmen Geld sparen, wenn sie Arbeitsplätze abbauen. Sie würden es doch nicht tun, wenn dank dieser Arbeitsplätze Umsatz und Gewinn gesteigert werden könnten.

Da malt Scholz unterschwellig den bösen, geldgierigen Unternehmer an die Wand, der einfach Leute auf die Straße setzte, um seinen Profit zu maximieren. Dabei ist „Geld sparen“ in gut geführten Unternehmen kein vorrangiges Ziel.

Scholz gibt den Arbeiterführer

Doch die wirtschaftliche Situation kann es erfordern, die Kapazitäten einzuschränken, um den Kern des Unternehmens zu erhalten. Beschäftigte mitzuschleppen, für die keine Arbeit mehr da ist, kostet nicht nur Geld. Die Erhaltung von Arbeitsplätzen um ihrer Erhaltung willen kann die Existenz des Unternehmens und damit aller Jobs kosten.

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Dasselbe gilt für die Schließung ganzer Standorte innerhalb großer Konzerne. Scholz gibt den Arbeiterführer, wenn er unrentable Fertigungsstätten erhalten will, weil ihre prekäre Lage auf „Fehlentscheidungen des Managements“ beruhe.

Natürlich sind nicht die Facharbeiter und Angestellten verantwortlich, dass beispielsweise Volkswagen heute so schlecht dasteht. Aber wenn die Kapazitäten zu groß und damit zu teuer sind, bleibt nur der Abbau – so bitter das auch für die betroffenen Mitarbeiter ist.

Bekanntlich nimmt Scholz als Kanzler gern Geld in die Hand, um Investoren nach Deutschland zu locken oder um in Schwierigkeiten geratene Unternehmen zu stützen. Dann steigt sogar der Staat als Teilhaber ein wie bei der Meyer- Werft in Papenburg. Diese „Option“ einer Staatsbeteiligung nimmt er auch Thyssenkrupp Stahl „nicht vom Tisch“.

Staat gibt vor, der bessere Investor zu sein

Nun beteiligt sich der Staat nicht an Unternehmen, bei denen private Investoren Schlange stehen. Der Staat steigt immer dann ein, wenn kein anderer dieses Risiko eingehen will, also kein gutes Geld schlechtem hinterherwerfen will.

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Wenn der Staat Unternehmen stützt, tut er immer so, als wisse er besser als private Investoren und Kapitalanleger, was wirklich in dem Unternehmen steckt, dass die Chancen viel größer als die Risiken seien. Der Staat gibt vor, der bessere Investor und Unternehmer zu sein.

Was für eine Selbsttäuschung! Der Staat zeigt Tag für Tag, dass seine Bürokraten nur bedingt unternehmerisch denken. Im öffentlichen Bereich erleben und erleiden die Bürger täglich, was für ein schlechter Unternehmer der Staat ist.

Um bei der Stahlindustrie zu bleiben: Der Staat fördert die Umstellung auf „grünen Stahl“ zu Recht mit Milliardenbeträgen. Aber ein Einstieg des Staates als Großaktionär bei Thyssenkrupp Stahl löst kein einziges der strukturellen Probleme.

Weiß Scholz das alles nicht? Natürlich weiß er das! Aber er sieht die Lage durch die Brille des Wahlkämpfers. Der denkt jedoch nicht in Jahren oder Jahrzehnten, sondern nur in Wochen.

Der Horizont des Arbeiterführers Scholz reicht genau bis zum 23. Februar 2025. Bis dahin will er so tun, als könne er unrentable Arbeitsplätze erhalten.

Das soll die Arbeitnehmer beeindrucken, die von „ihrer“ SPD seit Jahren bitter enttäuscht werden. Ob die sich durch diese Parolen des Kanzlers davon ablenken lassen, dass die wirtschaftliche Lage des Landes deutlich schlechter ist als vor drei Jahren? Wohl kaum.