Werbung

Kommentar: Locker mit Corona und Maske - Es geht nicht um Dich!

Ob diese Masken bei Corona helfen, darf bezweifelt werden (Bild: REUTERS/Aly Song)
Ob diese Masken bei Corona helfen, darf bezweifelt werden (Bild: REUTERS/Aly Song)

Irgendwie scheint die Luft raus bei der Disziplin. Social Distancing? War mal. Gegen Egoismus gibt es leider noch keinen Impfstoff.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Ich bekenne, nun bin ich ein Merkelgläubiger. Gestern ging ich raus und trug eine lächerlich dünne OP-Maske über Mund und Nase beim Weg zum Supermarkt. Nach Einschätzung des Berliner AfD-Politikers Andreas Wild bin ich nun einer Art Sekte verfallen, denn laut „Checkpoint“ des „Tagesspiegel“ soll er notiert haben: „Die Mund-Nase-Maske ist das Kopftuch der Merkelgläubigen.“

Merkel: Beschlüsse über weitere Lockerungen erst am 6. Mai

Wild dagegen ist dann freiheitsliebend, ein Robin Hood in den Straßen von Berlin. Andererseits verstehe ich den Mann. Es ist nicht leicht, immer wieder die eigene Sinngebungsmaschine anzuwerfen und Erkenntnisse zu produzieren wie „Brombeere ist die Frucht des armen Stadtrandwaldes“ oder „Weißbrot ist die Nahrung des schwachen Geistes“. Da kommt man schon auf sowas, und: Merkel geht immer.

Es geht nicht um dich

Und dass die Maske jetzt eine schlechte Figur in den öffentlichen Debatten macht, ist verständlich, schön ist keine von ihnen. Es gab auch ein Hin und Her um sie, zuerst wurde sie als unnötig beschrieben, und ihr Nutzen ist umstritten. Aber eines ist klar: Wenn es um die Eindämmung eines gewissen Virus geht, hilft sie mehr als dass sie schadet. Das ist eine Kloßbrühenweisheit, wie ein Wild sie nicht besser hinkriegte.

Ich komme mir vor wie ein Hobby-Virologe, dabei ist es nicht schwer zu verstehen: Mit einer Maske schützt man sich kaum. Es geht darum, mit der eigenen Tröpfchenproduktion nicht allzu viele Mitmenschen zu beglücken – denn man weiß ja nicht, ob man Corona in sich trägt, ob der Virus wenig später ausbricht oder ob er so gut wie nicht anschlägt, aber eben ansteckend für andere bleibt.

Maskentragen ist Solidarität. Es geht nicht um den eigenen Hintern, sondern um den des Nächsten.

Was getan werden kann

Insofern gehöre ich zu den „Merkelgläubigen“, denn die Kanzlerin schilt in diesen Tagen die forschen Ministerpräsidenten. Einige von ihnen preschen voran, bei den Lockerungen. Und Angela Merkel hat in ihrer nüchternen Art Recht: Wir befinden uns ganz bestimmt nicht am Ende der Pandemie in Deutschland. Eine zweite Welle kann kommen. Und es sollte zu schaffen sein, möglichst viel Wirtschaftsleben zuzulassen und dennoch einen gewissen Schutz einzurichten; an dieser Stelle kommen die Masken ins Spiel, denn sie können ihren Beitrag zum Schutz leisten, ohne dass auf Schule, Uni, Betrieb oder Büro vollends verzichtet werden müsste.

Homeschooling: Es wird Zeit für ein Corona-Elterngeld

Natürlich sind die Masken lästig. Irgendwann fangen sie an zu jucken, vor allem an der Nase. Und plötzlich merken wir, dass wir die gesamte Zeit vor Corona einen Mundgeruch hatten, von dem wir keine Ahnung hatten; ich wette, dass der Absatz von Minzbonbons in die Höhe schnellen wird.

Aber diese Lästigkeit wird es doch wert sein. Und eine Burka sind solche Masken auch nicht. Und und: Es wird nicht für die Ewigkeit sein.

Debatte wäre in Italien anders

Langsam frage ich mich, ob es tatsächlich an den im Vergleich zu anderen Ländern relativ wenigen Toten liegt, dass wir nun so locker agieren. Hätten wir die Totenzahlen wie in Italien, wäre die Debatte eine andere. Und dennoch kommt mir der Verdacht, dass die Disziplin in Ländern wie Italien oder Spanien etwas mit der Achtsamkeit für Andere zu tun hat – und dass uns in Deutschland diese Kompetenz ein wenig fehlt. Wer auf sein eigenes Wohl ausschließlich schaut, sich gesund fühlt, der hat natürlich weniger Leidenschaft für eine Maske.

Dass auf den Straßen in Deutschland das Social Distancing so schlecht funktioniert, finde ich fahrlässig. Jeden Tag sehe ich Leute, die sich keinen Deut drum scheren und komme mir vor wie ein Sheriff, der ich nie sein wollte. Also: Mehr Merkel in dieser Zeit!

Video: Merkel hält Corona-Lockerungen der Länder für “zu forsch”