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Kommentar: Markus Söder macht einmal das Richtige

Markus Söder hängte gleich eigenhändig das erste Kreuz in der bayerischen Staatskanzlei auf (Bild: dpa)
Markus Söder hängte gleich eigenhändig das erste Kreuz in der bayerischen Staatskanzlei auf (Bild: dpa)

Der Ministerpräsident verordnet den Behörden des Freistaats Kreuze an der Wand. Wer jetzt aufschreit – lacht vielleicht zu früh.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Mit dieser Aktion hat Markus Söder die Aufmerksamkeit aller Spaßmacher: Bayerns Ministerpräsident posierte mal vor, mal neben einem Kruzifix, da schaute er schon etwas bemüht drein, als trüge er mehr ein Kreuz als nagele er es an die Wand.

Alle Amtsstuben des Freistaats sollen damit behangen werden. Die einen entrüsten sich, die anderen lachen laut. Doch einmal ist Söder etwas eingefallen, das sich als richtig erweisen wird.

Gegen ein Kreuz spräche das Neutralitätsgebot des Staates. Der hat keine Konfession, und daher mühte sich Söder bei seinem Pressetermin in arger Wortakrobatik, nach der ein Kreuz kein religiöses Symbol sei, sondern ein “Bekenntnis zur Identität” und zur “kulturellen Prägung” Bayerns. Nun, religiös ist ein Kreuz schon. Aber die Juristen werden Söder zu diesem verbalen Spagat geraten haben.

Was nützt und schadet es?

Für ein Kreuz dagegen spricht eindeutig mehr. Zum einen drängt sich die Frage auf: Wem schadet es? Juden, Muslime, Buddhisten, Atheisten und Agnostiker sind keine Vampire, die beim Betreten eines mit einem Kruzifix dekorierten Raumes Pickel kriegen. Dass das Kreuz über Jahrhunderte Begleiter des Alltagslebens war, ist nicht zu leugnen. Söder knüpft schlicht an eine Tradition an, und es gibt schlechtere. Schließlich könnte er für seine CSU in der Bergpredigt des Gekreuzigten nachlesen, was Barmherzigkeit bedeutet, man lernt ja nie aus.

Und die Vorstellung, ich als Christ würde in eine Amtsstube mit dem Davidstern oder dem Halbmond treten müssen oder dort arbeiten, erfüllt mich nicht mit Angst und Schrecken. Was wäre dabei?

Endlich kein Dr. No

Söder ist dafür zu danken, dass er nach unzähligen Monaten seine Rolle des “Dr. No” zumindest für einen kurzen Moment abgelegt hat. Bisher stemmte sich Söder immer dagegen – gegen Solidarität mit anderen Bundesländern, gegen echte Integrationsbemühungen für Geflüchtete, gegen mehr Transparenz der Wirtschaft, er bezog stets eine Anti-Position. Das zeugte von einem destruktiven Politikverständnis. Mit der Kruzifix-Entscheidung vollzieht er eine Wende dahingehend, dass er nun FÜR etwas eintritt, nicht dagegen.

Ein Kreuz wird niemanden verprellen oder ausschließen, es erzählt von der Geschichte des Landes, in dem die Amtsstube als Raum der offiziellen Vertretung dessen steht. Es ist Ausdruck eines Heimatgefühls, es kann positive Gefühle FÜR eine Identität ausdrücken, aber es kann nichts, wirklich nichts GEGEN etwas formulieren.

Die CSU redet neuerdings viel von Heimat, einen Bundesminister dafür haben sie jetzt auch. Wenn die Christsozialen unter Heimat ein Kruzifix verstehen, sind sie auf dem richtigen Weg. Unter einem Kreuz können sich alle versammeln.

Lindner und andere Pharisäer

Daher kann ich die Mäkeleien der jetzigen Kritiker nicht mehr hören. Sie beginnen meist mit “Statt mit…” und dokumentieren damit, dass sie versuchen, eine politische Aktion gegen die andere auszuspielen. Das ist pharisäerhaft. Oder sie versuchen sich in starken Vergleichen. FDP-Parteichef Christian Lindner zum Beispiel meinte dem Söder ordentlich einen eingeschenkt zu haben, als er twitterte: “Wie der Markus Söder und die CSU Religionen permanent für die Parteipolitik instrumentalisieren, das erinnert geradezu an Erdogan.”

Lieber Herr Lindner, man sollte nicht von sich auf andere schließen. Nicht alles muss eine Instrumentalisierung sein. Es soll helle Momente in Politikerleben geben, in denen diese an das denken, was man mit “das Land” meint. Und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist eine andere Nummer. Der hatte von Beginn an eine religiöse Agenda, und seine Partei zeigte sie zwischenzeitlich kaum; nun kommt sie wieder zum Vorschein. Da hat Söder, so glaube ich, doch anderes vor.