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Kommentar: Peter Tauber hat einen Rommel

CSU-Politiker Peter Tauber studierte unter anderem Mittlere und Neuere Geschichte. (Bild: AP Photo/Christian Thiel)
CSU-Politiker Peter Tauber studierte unter anderem Mittlere und Neuere Geschichte. (Bild: AP Photo/Christian Thiel)

Der CDU-Politiker twittert pseudocool und mäandernd durchs Netz. Sein aktueller Mitpassagier: Adolf Hitlers Lieblingsgeneral. Na, dann geht’s geradeaus.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Womöglich wollte Peter Tauber einen Kontrapunkt setzen, ein Plädoyer halten für Sachlichkeit im Schatten der aufgeregt diskutierten Bayernwahl. Während also seine Parteikollegen öffentlich darüber sinnierten, welche Folgen das Abschmieren der CSU für sie habe, hat sich der ehemalige CDU-Generalsekretär auf seine neue Kernkompetenz als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium konzentriert. Er gedachte auf Twitter eines besonderen Datums. Nein, er meinte nicht den Aufstand jüdischer Häftlinge im Vernichtungslager Sobibor am 14. Oktober 1943 um 16 Uhr, sondern:

Diesem Satz ruht zweifellos eine Richtigkeit inne, im Sinne von: Am 8. Mai 1945 kapitulierte die deutsche Wehrmacht. Oder im Sinne von: Heute vor drei Jahren kaufte ich einen Liter Milch. Nur drängt sich die Frage auf, warum Tauber in Gedanken Rommel nachhing, einem General, von dem gleich noch die Rede sein wird. Geht es Tauber um eine subtile Botschaft? Dass Rommel irgendwie kein schlechter Typ gewesen sei, vielleicht gar verehrenswert? Gedenkenswert? Über meine Milcheinkäufe würde ich keinen Tweet verlieren.

Lässig twitterte der Staatssekretär

Jedenfalls erntete Tauber zuerst digital geäußerte Verständnislosigkeit und dann einen Shitstorm. Lässig lehnte er sich nun zurück und twitterte:

Nun gelten Parlamentarische Staatssekretäre als Menschen mit viel Zeit. Echte Arbeit verrichten sie nicht, das wird den verbeamteten Staatssekretären überlassen, die “Parlamentarischen” sind Brückenbauer zwischen den Ministerien und dem Bundestag, und Reden als Vertreter dürfen sie auch ab und zu halten, wenn die Ministerinnen und Minister mal nicht können oder wollen. So übersehen wir geflissentlich Taubers Hinweise auf gewisse Körperteile und fragen uns, welche Faktoren eventuell eine Schnappatmung ausgelöst haben könnten, wenn es sie denn gab.

Vielleicht der Umstand, dass Rommel ein Militär war, der unter den Nazis eine glänzende Karriere hinlegte und ein wichtiges Rädchen nicht nur in der Propagandamaschine, sondern auch in der damaligen deutschen Mordmaschinerie zur Zerstörung Europas war – und das auch selbst wusste?

Mich beschleicht schon der Gedanke an Schnappatmung, wenn ich lese, dass Rommel die Machtergreifung der Nazis von 1933, die in Wirklichkeit ein Putsch war, begrüßte und meinte, dass es nun wieder eine klare Führerpersönlichkeit gebe.

Soldaten geben sich gern unpolitisch, als loyal gegenüber ihrem Staat, dem sie dienen. Dies ist aber weniger als eine Seite der Medaille.

Denn seltsam politisch wird es, wenn Soldaten wie Rommel es begrüßten, dass die Wehrmacht unter dem Diktator Hitler wieder aufgewertet und die SA als “Konkurrenz” ausgeschaltet wurde. Rommel galt als Hitlers “Lieblingsgeneral”, der politische “Führer” und der unpolitische Soldat pflegten ein herzliches Verhältnis zueinander, sie sahen sich ja auch öfters, da Rommel das Führerbegleitbataillon kommandierte.

Mein Hang zur Schnappatmung verfestigt sich bei der Lektüre, dass Rommel Panzerverbände beim Angriff auf Frankreich anführte, schließlich gehörte er zu den Aggressoren und verteidigte nicht sein Land. Rommel erlangte dann in Nordafrika Ruhm, weil er mit blitzartigen Vorstößen britische Verbände überrumpelte. Dies und seine Eignung für die Nazipropaganda sind die Gründe, warum noch heute mancher meint, seiner Person Positives abgewinnen zu können, was mir misslingt.

Wurde von der NS-Propaganga als “Wüstenfuchs” glorifiziert: Generalfeldmarschall Erwin Rommel. (Bild: AP Photo)
Wurde von der NS-Propaganga als “Wüstenfuchs” glorifiziert: Generalfeldmarschall Erwin Rommel. (Bild: AP Photo)

Schluss mit lustig

Rommels nächstes “Abenteuer” führte ihn nach Italien, zu einer Zeit, als die Menschen dort des Krieges müde wurden, sich endlich von der verhängnisvollen Allianz mit der Nazi-Diktatur Deutschlands verabschiedeten und sich dransetzten, die eigene faschistische Diktatur loszuwerden. Er führte Panzerverbände nach Norditalien hinein. Von ihm sind die Worte überliefert: “Irgendwelche sentimentalen Hemmungen des deutschen Soldaten gegenüber badogliohörigen Banden in der Uniform des ehemaligen Waffenkameraden sind völlig unangebracht. Wer von diesen gegen den deutschen Soldaten kämpft, hat jedes Anrecht auf Schonung verloren und ist mit der Härte zu behandeln, die dem Gesindel gebührt, das plötzlich seine Waffen gegen seinen Freund wendet. Diese Auffassung muss beschleunigt Allgemeingut aller deutschen Truppen werden.” Man bedenke: Dass deutsche Soldaten, die Italien besetzten, als Eindringlinge verstanden wurden, versteht sich von selbst. Jeder Soldat würde dies als erstes kapieren. Aber Soldatenlogik ist halt des Öfteren etwas für… den Popo.

Was also gefällt Tauber an Rommel? Dass dieser ein bedingungsloser Anhänger Hitlers war? Dass er meinte, im deutschen Faschismus Karriere machen zu können, ohne sich den Luxus zu leisten, sich mit dessen Inhalten und Ideologie zu beschäftigen? Dass er über all die Verbrechen “seiner” Wehrmacht hinwegsah und stattdessen sich an der Kamera erfreute, die ihm Propagandaminister Joseph Goebbels schenkte, zwecks eigener Aufzeichnung seiner “Taten”?

Es stimmt, dass die Nazis ihn schließlich, 1944, zum Suizid zwangen. Warum, ist nicht gesichert. Man wollte ihn loswerden. Inwiefern er von den Plänen einiger Wehrmachtsoffiziere wusste, Hitler zu töten, unterliegt ebenfalls Mutmaßungen. Jedenfalls gehörte er niemals zu den aktiven Widerständlern gegen das Regime.

Der Staatssekretär Tauber könnte also eventuell darlegen, was er unter Schnappatmung versteht – und warum er Rommel überhaupt erwähnte. Denn sein Umgang ist hinreichend unscharf. Ein hingerotzter Satz ist bestenfalls unverantwortlich. Der Satz fördert den Nazimythos, der Rommel sei doch okay gewesen. Der Satz lässt Historiker verzweifeln. Und Politiker wie Alexander Gauland jubeln. Was also treibt Tauber an? Wir sind gespannt.

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