Kommentar von Thomas Druyen - Bürger sind zurecht erbost über politische Machtspiele - ein Rat an alle Parteien
Die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit der aktuellen Politik ist groß. Zukunfts-Experte Thomas Druyen erklärt, warum und wie die politische Klasse jetzt handeln muss, um Vertrauen zurückzugewinnen und das steigende Misstrauen zu bekämpfen.
Was erwarten Wähler von Politikern?
Das ist ganz einfach: Arbeit, Ehrlichkeit, Taten und Lösungen, damit wir alle in Deutschland in Ruhe und Frieden leben können. Das hat ja auch Jahrzehnte wunderbar funktioniert. Die Babyboomerinnen und Babyboomer sind jene Generation, die das hautnah miterleben durften. Sie wissen, wie es sich anfühlt, der Zukunft mit Freude entgegenzusehen.
Diese positive Emotion ist gründlich zerstört worden. Das Vertrauen in die Politiker ist schwer erschüttert. Die Ampel hat das sich schon viel länger anbahnende Misstrauen, und die Enttäuschung der Politik gegenüber allerdings auf die Spitze getrieben. Für Kinder, Jugendliche und Erwachsene wurde eindeutig klar, da wird oft geheuchelt, gelogen und nur die eigene Sicht propagiert. Nicht umsonst wurde das Wort „Ampelausfall“ Epoche-bildend. Mehr an Versagen geht nicht: wer ausfällt, kann nicht beitragen. Dazu bedarf es keiner höheren Mathematik.
Das diejenigen, die dafür verantwortlich und maßgeblich daran beteiligt waren, sich jetzt wieder für eine Neuwahl aufstellen lassen, ist schwer nachvollziehbar. Das ist keineswegs die Erwartung der meisten Wählerinnen und Wähler. Wenn ich einen Totalschaden baue und dann für die Unfallanalyse verantwortlich bin, droht Verzerrung.
Diesen Umstand zu ignorieren, und durch parteiinterne Macht- und Sprachspiele umzudeuten, stößt bei vielen auf Unverständnis. Wähler wollen gute Repräsentanten und Repräsentantinnen wählen. Aber wer zur Wahl gestellt wird, darauf haben sie kaum Einfluss. Diese Ohnmacht verstärkt das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Die Bürger als Souverän werden ignoriert. Die Menschen wünschen sich das Gegenteil.
Wenn Versagen und Eitelkeit als Führungskompetenz umgedeutet werden, wird es gefährlich, wie wir in aller Welt sehen. Wenn Mächtige ihre Leistung selbst bewerten und sich egozentrisch über alle anderen erheben, rütteln wir an den Grundfesten der Vernunft. Aber keineswegs nur in der Ampel fallen Politiker und Poltikerinnen auf, die sich äußerst wichtig nehmen und ihre Egozentrik täglich unter Beweis stellen.
Noch nicht einmal Trump kam bisher auf die Idee, die Republikaner in die Trump-Partei umzubenennen. Auch die Wahl von Kanzlerkandidatinnen und Kanzlerkandidaten, die niemals gewinnen können, passt in diese Arroganz den Wählern und Bürgern gegenüber.
Privileg der Konsequenzlosigkeit?
Was die Menschen ebenso stört, ist die mangelnde Verantwortung für falsche Entscheidungen. Denken wir nur an den dreistelligen Millionenbetrag als Schadenersatz für eine unzulängliche Pkw-Maut. Es herrscht der Eindruck vor, dass die Politik immer mehr das Privileg der Konsequenzlosigkeit praktiziert. Man kann erzählen, behaupten und verkünden, was man will, alles bleibt ohne Folgen. Nicht nur bei uns, nein weltweit.
Aus meiner Sicht ist es unfassbar wie sich Sprache und Wirklichkeit voneinander getrennt haben. Die politischen Gruppierungen links und rechts bringen das Fass der einseitigen Behauptungen zum Überlaufen. Dieses Meinungstheater setzt sich in den sozialen Medien ungebremst fort. Die Kompetenz der Folgenabschätzung ist außer Kraft. Erst reden, dann gucken.
Psychologisch gesehen, kann man von diktatorialer Kommunikation sprechen. Das Gesagte ist nur dem Sprechenden verpflichtet, die Resonanz egal oder als bewusste Provokation gedacht. Diese babylonische Sprachverwirrung ist für ein emotionales Chaos verantwortlich, in dem vielen Menschen nichts bleibt als die subjektive Sicht der Dinge.
Was die meisten Wähler wollen, wird kaum geboten
Ohne Zweifel gibt es auch Leute, denen sowohl die Wahl wie auch die Demokratie gleichgültig sind. Dieser Aspekt ist ein eigenes Thema. Aber es sollte unbedingt erwähnt werden, ansonsten ist die Kritik unangemessen einseitig. Wollen wir nicht vergessen, das unsere Politikerinnen und Politiker für und in unserem Land Historisches und Herausragendes geleistet haben. Ansonsten hätten wir niemals diese führende internationale Positionierung erreicht.
Die älteren Menschen haben aber das Gefühl, dass sich die Politiker verändert haben und die Jungen wenden sich mehrheitlich ab. Das ist das gefährliche Trauerspiel. Vor allen in Zeiten, in denen sich die Demokratie gerade in Europa maximalen Herausforderungen stellen muss. Schauen wir daher noch mal konkret, was die Wählerinnen und Wähler von der Politik im Sinne einer Selbstreinigung erwarten.
Unter anderen wollen sie, dass die Transparenz in der Politik umfassend verbessert wird. Ein Gesetz zur Offenlegung aller Lobbykontakte, einschließlich verpflichtender Veröffentlichungen von Terminkalendern der Spitzenpolitiker könnte hilfreich sein. Die Bürgerinnen und Bürger wollen wissen, wer Einfluss nimmt, und vor allem warum.
Parallel dazu sollte ein unabhängiges und tatkräftiges Ethikgremium eingerichtet werden, das Verstöße gegen diese Transparenzpflichten ahndet – mit klaren Konsequenzen wie Amtsenthebung oder finanziellen Sanktionen.Ebenso wird sehr verbreitet über eine Reform des Wahlrechts nachgedacht. Viele Bürgerinnen und Bürger wollen mehr direkte Mitbestimmungsmöglichkeiten erhalten.
Warum nicht sehr gut geprüfte, bundesweite Volksentscheide einführen, die auf digitalen Plattformen unkompliziert zugänglich sind? So können zentrale Fragen, die das Leben aller betreffen, nicht mehr allein von Parteistrategen entschieden werden. Die Bürger müssen sich als Teil der politischen Gestaltung erleben. Dies gilt vor allem für die Jugend, die nicht mehr den Ankündigungen traut, sondern nur den Taten.
Schließlich sollte die politische Kommunikation reformiert werden. Politiker, die bewusst Unwahrheiten verbreiten, müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Gleichzeitig braucht es Mechanismen, um Hass und Hetze im Netz auf allen Seiten effektiv und massiv einzudämmen. Die Einführung eines digitalen Ehrenkodexes, der Verstöße mit klaren Strafen versieht, könnte ein erster Schritt sein. Gesellschaft und Politik stehen hier auf einer Seite und dürfen sich nicht gegeneinander aushebeln.
Die Zeit des Zauderns ist vorbei
Nur durch mutige, entschlossene und konsequente Maßnahmen wird es gelingen, das Vertrauen in die Politik wiederherzustellen. Die Zeit des Zauderns ist vorbei – jetzt geht es darum, das Steuer nachweislich herumzureißen. Die Menschen in diesem Land wollen Lösungen, keine Ausreden. Sie wollen Fortschritt, keinen Stillstand. Sie haben auch nichts gegen neue Talente in der Politik. Und vor allem wollen sie das Gefühl, dass die Regierung für sie da ist und nicht umgekehrt. Die Parteien sind Dienstleister und keine Granden. Das Volk hat die Wahl.