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Kommentar: Trump sorgt für seine Zukunft

US-Präsident Donald Trump und sein Vize Mike Pence. (Bild: REUTERS/Carlos Barria)
US-Präsident Donald Trump und sein Vize Mike Pence. (Bild: REUTERS/Carlos Barria)

Der US-Präsident erkennt nicht nur das Wahlergebnis nicht an. Er baut schon jetzt an seinem Comeback. Oder er will gar nicht erst weg.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Alles, was Donald Trump unternimmt, soll ihm nutzen. Das ist allzu menschlich. Aber der noch amtierende US-Präsident treibt dieses Prinzip auf ungeahnte Spitzen.

Die Wahl hat er nach absoluten Stimmen und nach Wahlleuten verloren. Knapp ist das Ergebnis nicht. Doch was ihm nicht passt, wird passend gemacht.

Erst einmal muss noch gründlich gecheckt werden, es existieren immerhin Vorwürfe der Wahlfälschung und der Manipulation. Dem wird gerade nachgegangen – doch so langsam sollten die Gefolgsleute um Trump mit Fakten kommen; bisher hat sich kein einziger Vorwurf als wahr erwiesen. Der Verdacht liegt schon nahe, dass das Ergebnis an sich schlecht geredet werden soll, dass der Prozess des Übergangs behindert und in die Länge gezogen werden soll.

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Und an dieser Stelle sind wir wieder bei dem, was Trump nützt. Nun, in den Worten von Greta Thunberg würde ihm helfen, öfters zu chillen. Aber Trump scheint in Machtkriterien zu denken. Das Weiße Haus will er nicht verlassen oder es in vier Jahren wieder betreten. Oder er will sich schützen vor ihn bedrohenden Strafprozessen wegen unternehmerischen Ungereimtheiten aus der Vergangenheit. Abseits jeder Spekulation ist klar, dass Trump wie bei einem Pokerspiel sein Blatt verbessern will. Er nimmt eine Karte nach der anderen auf, er blufft und schüchtert ein. Damit versucht er seine Position zu optimieren – unabhängig davon, wohin er strebt.

Was will Trump?

Wenn Trump die Wahl nicht anerkennt, wird Joe Biden dennoch Präsident werden. Sollte sich erweisen, dass diese Wahl nicht zu beanstanden ist, und nach nichts anderem sieht es gerade aus, ist dem Demokraten das Amt nur durch Putsch oder durch Umgehung des Wahlleutegremiums zu nehmen. Ein Putsch wäre absurd, und Amerika als uralte Demokratie würde diesen Versuch mächtig abwehren, er hätte keine Chance. Doch dass überhaupt hier und da diese Gedankenspiele kursieren, dokumentiert, was man Trump alles zutraut.

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Subtiler könnte Trump vorgehen, indem er die Auszählung und Erklärung der Wahlen in den einzelnen Bundesstaaten durch Klagen derart lähmt, dass bis zum 8. Dezember nichts offiziell ist – und er dann republikanische Regierungspolitiker in diesen Staaten davon überzeugt, nicht gemäß des Wählervotums zu entscheiden, sondern im Sinne Trumps: Wenn also die Wahlleute eines Bundesstaats nicht zustande kommen, könnte die dortige Regierung für ihn entscheiden. Ein undemokratisches Manöver, beispiellos. Aber wer hat behauptet, Trump sei ein Fan von Demokratie?

Die Macht des Zweifels

Jedenfalls sind die Zweifel, die Trump an dieser Wahl nicht nur sät, sondern um sich schmeißt, schon der Stoff für seine Reden in den kommenden Jahren. „Eigentlich“ wäre er noch Präsident, kann er dann sagen, „eigentlich“ habe er nicht verloren. Denn der Zweifel ist eine scharfe Waffe. Er kann zersetzen, für Zwist sorgen. Zwar kann Zweifel nur zerstören, aber Trump wäre ja in der Opposition – er wäre von jeder Verantwortung entbunden, die er sowieso kaum je spürte. Nun wird es ihm darum gehen, die Präsidentschaft Bidens klein zu reden, damit sie besser angegriffen werden kann.

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Trump verwechselt, immer wieder, seine Auffassung von Geschäft mit Politik. Business heißt für ihn, dass am Ende sich einer durchsetzt, nämlich er selbst. Das funktioniert nirgendwo gut und schadet der Wirtschaft wie der Politik, aber wer hat behauptet, Trump habe viel Durchblick?

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