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Kommentar: Warum Markus Söder nicht Kanzlerkandidat wird

Blau blüht der ... der Atemschutz in Bayern: Ministerpräsident Markus Söder (Bild: Peter Kneffel/dpa)
Blau blüht der ... der Atemschutz in Bayern: Ministerpräsident Markus Söder (Bild: Peter Kneffel/dpa)

Bayerns Ministerpräsident möchte gern nach Berlin. Aber dabei steht er sich selbst im Weg.

Ein Kommentar von Jan Rübel

In bayerischen Zeitungen heißt er manchmal nur noch: der „K-Kandidat“. Bei Markus Söders sorgsam orchestrierten Inszenierungen schwingt in letzter Zeit immer mit, dass er mehr will. Kanzler, zum Beispiel.

Bayerns Ministerpräsident von der CSU hat sich längst in Stellung gebracht. Noch kritisiert er die offiziellen Bewerber um den CDU-Parteivorsitz und damit um die Kanzlerkandidatur nur indirekt, indem er gönnerhaft Handlungsempfehlungen ausspricht. Noch traut sich Söder nicht aus der Deckung. Denn je länger die CDU mit ihren eher unglücklich herumtanzenden Kandidaten Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen hadert, desto stärker wachsen Söders eigene Chancen.

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Doch der Franke wird nicht Kanzlerkandidat werden. Denn sein eigenes Verhalten steht ihm im Weg.

Gerade glänzt Söder als oberster Krisenmanager, als Mustergesundheitsgeneral gegenüber den anderen Ländern. Auch schafft er es meisterhaft, sein eigenes Bundesland als etwas Besonderes zu inszenieren. Das ist natürlich Schmarrn. Aber von diesem Budenzauber profitiert der „Freistaat“ seit Jahrzehnten. Söder selbst ist die Inkarnation dieses Marketings: Politik ist Showbusiness.

Erste Kratzer an der Krone

Doch gerade erhält sein Covidsuperman-Ansehen erste Risse. Bei den Massentests von Urlaubsheimkehrern kommt es zu Versäumnissen und Pannen, viele Infizierte werden nicht ausfindig gemacht und reisen daher munter durch die Republik. Das ist schlimm. Aber noch schlimmer ist die Presse: „Desaster“, heißt es, „Selbstüberschätzung“ und „bis auf die Knochen blamiert“. Und alle zeigen mit dem Finger auf Söder. Dies ist übertrieben und lässt dennoch viel blicken.

Zum einen ist die Pannenserie zwar ärgerlich, aber nicht alleinige Verantwortung des Ministerpräsidenten. Auch ist man in Bayern mit diesen Tests vorgeprescht, andere Länder machen diese gar nicht erst und können dann nicht für etwaige Fehler gescholten werden. Doch zum anderen scheint, als hätten eine Menge Leute nur darauf gewartet, um dem Söder Markus ein kräftiges Bätsch zuzurufen.

Unvergessen ist, dass er seit Ausbruch der Pandemie die Rolle des besorgten und umsorgenden Lehrmeisters einnimmt, der andere Kollegen, die nicht minder hart arbeiten, bevormundet.

Unvergessen ist, dass der heutige selbst ernannte Umweltschützer und Bienenfreund vor nicht langer Zeit nur Industrie und Massenlandwirtschaft im Kopf hatte.

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Unvergessen sind die vielen und sich widersprechenden Rollen, die er bisher spielte: hier der harte Kritiker von Einwanderung (kassiert), dort der fromme Kruzifix-Aufhänger (kassiert) und heute nichts von beidem.

Bei Söder kennt sich nur Söder aus. Wie bei einer Pralinenschachtel: Man weiß nie, was man kriegt.

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Eine Reihe betrüblicher Ereignisse

Ein kleiner Skandal wie jetzt die misslungenen Tests reicht aus, Söder ins Straucheln zu bringen. In seiner politischen Karriere schimmerte stets schillernder durch, was bei vielen Politikern normal ist: Der rote Faden seines Tuns ist das eigene Fortkommen. Inhalte, Programm, von Herz und Leidenschaft ganz zu schweigen, oder Ideologie? Fehlanzeige.

Angela Merkel ist auch so. Aber sie inszeniert sich nicht prahlerisch. Söder indes macht aus seiner Politik einen sich stetig verändernden Opernball.

Und bei Söder bewahrheitet sich eine Binsenweisheit: Wenn es gut läuft, läuft es für ihn gut. Und wenn es schlecht läuft, wird es für Söder katastrophal. Dann fällt sogleich ein grelles Licht auf seinen Ehrgeiz. Das schreckt ab. Daher die aktuelle, eigentlich ungerechte Häme wegen der Tests.

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Söder wird rechtzeitig gestoppt werden. Genauer: Er wird sich selbst stoppen und seine Träume in eine andere Richtung lenken. Vielleicht wird eine Stelle bei den Vereinten Nationen frei? Oder der Vorsitz beim intergalaktischen Rat? Außerdem ist immer nach der Wahl vor der Wahl – und die CDU vermittelt gerade kaum den Eindruck, an der Spitze eine Glanzperformance hinzulegen. In vier Jahren kann der Franke ja mal schauen, was geht, in Berlin.

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