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Kommentar: Warum sich Donald Trump vor Kamala Harris fürchtet

Die Ex-Generalstaatsanwältin wird Vizepräsidentschaftskandidatin der US-Demokraten. Damit wird Kamala Harris die wahre Rivalin von Donald Trump. Seine ersten Reaktionen zeugen schon von Panik.

Sie wird Vizepräsidentschaftskandidatin der Demokraten in den USA: Kamala Harris (Bild: REUTERS/Rebecca Cook)
Sie wird Vizepräsidentschaftskandidatin der Demokraten an der Seite von Joe Biden in den USA: Kamala Harris (Bild: REUTERS/Rebecca Cook)

Ein Kommentar von Jan Rübel

Das Weiße Haus hatte endlose Wochen Zeit, sich auf diesen Tag vorzubereiten: auf die Bekanntgabe, dass Kamala Harris an der Seite von Joe Biden für die Demokraten kandidieren wird – für das Amt der Vizepräsidentin. Denn Bidens Entscheidung für Harris ist folgerichtig wie erwartbar, die 55-Jährige ist mit Abstand die beste Wahl. Und dennoch fielen die Konter vom “Team Trump“ vorerst mau aus. Es ist, als ob eine Panik sie lähmt.

Was erfährt ein amerikanischer Wähler, wenn er sich über Harris ausschließlich durch Trump informieren lässt? Als wäre der US-Präsident immer noch Host seiner Fernseh-Castingshow “The Apprentice“ und nicht Hüter des Weißen Hauses, äußerte er sich wie Dieter Bohlen: Er sei "überrascht" über Bidens Entscheidung, monierte “The Don“, schließlich habe Harris im Vorwahlrennen der Demokraten "sehr, sehr schlecht" abgeschnitten. Das ist an Kritik sehr, sehr wenig. Denn Harris steht erst am Anfang ihrer Karriere als Wahlkämpferin, seit 2017 ist sie Senatorin. Dass sie mit vielen anderen Demokraten bei den Vorwahlen zur Präsidentschaftskandidatur ihren Hut in den Ring warf: Es war einen Versuch wert, steigerte ihre Bekanntheit und zahlt sich heute aus.

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Verdruckstes Mosern aus dem Weißen Haus

Trump warf Harris auch vor, im Vorwahlkampf "sehr fies" und "respektlos" mit Biden umgegangen zu sein. Oh, armer armer Biden! Harris hielt ihm vor, sich vor 50 Jahren nicht vorbehaltlos gegen eine rassistische Politik gestellt zu haben – damals lehnten politische Freunde Bidens das Projekt ab, schwarze Schüler in Bussen zu Schulen transportieren zu lassen, in die mehrheitlich weiße Schüler gingen. Dies zu kritisieren, ist weder fies noch respektlos, sondern mehr als eine Notiz wert.

Ansonsten bezeichnete Trump sie als Lügnerin, ohne zu erzählen, warum eigentlich und wobei sie gelogen habe. Bei jemandem, der keinen Tag ohne einen ganzen Sack an Lügen zu Ende bringt, klingt dies als Vorwurf natürlich: mau.

Und letztlich beschrieb Trump sie als “linksradikal“, das ist in seinen Augen ungefähr “christdemokratisch“. Treffend fasst er ihre inhaltlichen Positionen zusammen: Harris wolle Steuern erhöhen und die Ausgaben für das Militär kürzen. Sie trete außerdem gegen das sogenannte Fracking zur Förderung von Öl und Gas sowie für ein "verstaatlichtes" Gesundheitswesen ein. All dies ist nur zu hoffen, wobei der letzte Punkt mit Verstaatlichung reine Paranoia bleibt.

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Nach der Schockstarre kommt die Hyperventilation

Trumps ohnmächtige Worte dokumentieren seine Angst. Denn nur drei Dinge haben er und Harris gemeinsam: Beide sind schlagfertig, charismatisch und können gut reden. Alles andere aber trennt sie voneinander: Harris ist schlau und er weniger. Harris eint und er spaltet. Harris sucht Lösungen und er Konflikte. Harris ist selbstbewusst und er nicht.

Und weil Trump nur den starken Kerl markiert, kennt er im Umgang mit Frauen nur den Übergriff aus erhöhter Position des Feiglings. Allein deshalb fürchtet er sich vor Harris. In den kommenden Wochen, wenn Trump sich vom ersten Schock erholt haben wird, wird er zum heftigeren Gegenschlag ausholen: Dann wird er sich auf seine Kernkompetenzen besinnen und die Giftschleuder anwerfen: Gegen Harris als Frau, gegen Harris als Schwarze, gegen Harris für die Frechheit ihn nicht anzuhimmeln.

Biden ist der offizielle Kandidat gegen Trump. Er würde Präsident werden. Aber Biden wäre bei Amtsantritt 78 Jahre alt. Sollte er gewinnen, wäre Harris mehr als seine potenzielle Nachfolgerin: Als Justizministerin und Generalstaatsanwältin in Kalifornien hat die Beamtin genügend Erfahrungen gesammelt, um neben Biden sogleich mit dem Regieren zu beginnen.

Es wäre Harris, die den Saustall ausmisten würde, den Trump bis heute anrichtet.

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