Kommentar: Wenn Logos Rassismus in sich tragen

Schachteln der Reismarke "Uncle Ben's" im Regal eines Supermarkts - das Unternehmen will nun das Logo ändern. (Bild: REUTERS/Brendan McDermid)
Schachteln der Reismarke "Uncle Ben's" im Regal eines Supermarkts - das Unternehmen will nun das Logo ändern. (Bild: REUTERS/Brendan McDermid)

Einige Marken überdenken ihre Logos: Ihre Ursprünge erzählen Rassismus. Warum also daran festhalten?

Ein Kommentar von Jan Rübel

Jeder Deckel sitzt mal schief. In den USA wie in Deutschland lassen sich unangenehme Wahrheiten über viele Jahrzehnte hinweg vertuschen. Manchmal werden es Jahrhunderte. Aber alles hat ein Ende, auch ein Deckel: Und daher ist es keine Überraschung, dass nun Firmenlogos wie „Uncle Ben’s“ und „Aunt Jemima“ sich verändern sollen – sie zeigen beide einmal einen schwarzen Mann und einmal eine schwarze Frau. Denn sie entstanden, als die Diskriminierung und Ausbeutung von nichtweißen Menschen nicht nur Alltag war, sondern Grundlage unseres Wohlstands, der deswegen bis heute andauert.

Wir in den weißen Mehrheitsgesellschaften beackern und pflegen unser Erbe aus den kolonialen Zeiten. Daher diskriminieren wir auch noch heute Leute, die nicht zum weißen Mainstream sortiert werden.

Diese Ungerechtigkeit ist gegenwärtig. Der Zorn darüber auch. Und bricht sich diese Verbitterung darüber bahn – in den Unruhen in den USA wegen den jüngsten Morden von Polizisten an Zivilisten und in Deutschland in den Demos zu „Black Lives Matter“; zwischen Flensburg und München muss man keine afrikanischen Großeltern haben, um diskriminiert zu werden, es funktioniert mit einer Menge Menschen ganz gut, Hauptsache „Ausländer“ – was immer das heißen mag.

Wie hieß das nochmal?

Problematisch an „Uncle Ben’s“ und „Aunt Jemima“ ist, dass sie eindeutige Schubladen transportieren: Ben ist ein Diener und Jemima eine Dienerin, bestenfalls Köchin, jedenfalls sind sie in der sozialen Hierarchie unten. Wegen ihrer Hautfarbe. Sie dienen. Sie bedienen Leute mit weißer Hautfarbe, weil es ihre Eltern und Großeltern waren, die Schiffe nach Afrika schickten, um dortige Systeme zu zerstören und Menschen zu versklaven.

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Nun werden sich rasch einige aufregen. Sie sehen eine Gedankenpolizei am Werk, politisch hyperkorrekt, die so viel verbietet. Wir kennen diesen Quatsch von der Debatte über Schokoküsse, die früher anders hießen, einen abwertenden Namen trugen – als es um eine Änderung ging, sahen sich die Verfechter der Beibehaltung in einem Kulturkampf, in ihrer Freiheit beschränkt; und nun, Jahre später, wissen Kinder und Jugendliche gar nicht mehr, wie das Zeug früher hieß.

Wir brauchen einen Bewusstseinswandel. Dieser würde klar machen, woher wir kommen. Und warum es als angeblich nötig halluziniert wird, sich in einer Mehrheitsgruppe abzuschotten und gegen Ausgeschlossene zu treten, obwohl sie Nachbarn sind. In der Folge gehen dann zum Beispiel Kinder nicht in bestimmte Schulen, weil dort zu viele Wasweißiche sind. Im Einzelfall ist es erbärmlich. In der Gesamtschau bildet es eine Struktur. Und zu dieser Struktur gehören Logos wie „Uncle Ben’s“, „Aunt Jemima“ oder die Zahnpasta „Darlie“.

Die Gegenprobe demaskiert

Letztere hieß mal „Darkie“ und hat als Logo ein Gesicht im Stile des „Blackfacing“ – denn die Kinder und Kindeskinder der Sklavenhalter redeten sich ein, die Ausgebeuteten auch noch verhöhnen zu können und sich über angebliche Nachteiligkeiten lustig zu machen; das Motiv ist klar: Um die Hierarchie und Ausbeutung zu rechtfertigen, muss ein Makel erfunden werden. Sich das noch auf eine Zahnpastatube zu malen ist da konsequent.

Einige werden sagen: Das zeigt doch nur ein Gesicht. Die sehen doch nett aus, der Onkel Ben und die Tante Jemima, man solle doch bittschön Fünfe gerade sein lassen. Solch ein Blick ist bestenfalls naiv. Denn die Gegenprobe legt offen: Wo ist der Schokokuss, der als „Nazikuss“ verkauft wird? Wird irgendwo eine Zahnpasta gehandelt, die mit Namen und Logo Menschen verspottet, nur weil sie weiß sind? Und gibt es ein Kartoffelpüree, das als Logo einen untertänigen weißen Diener zeigt, der sich glücklich mit seiner untergeordneten Rolle zeigt? Wenn es um unsereins geht, denken wir uns lieber etwas aus wie den kernigen Muskelprotz „Meister Proper“ oder beim Fastfood „KFC“ das Logo eines weißen Mannes, der auch lacht wie „Uncle Ben“, aber eben der Firmengründer und kein Diener ist.

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All diese Debatten sind notwendig, sie schärfen unseren Blick. Ein bisschen weh tun müssen sie auch. Immerhin ist die Erkenntnis nicht sexy, dass wir eine Menge Privilegien nur deshalb alltäglich genießen, weil sie geraubt sind.

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