Kommerz-Cup Nations League - Wenn Deutschland diesen Wettbewerb nicht ernst nimmt, können wir uns die WM abschminken
Die Nations League ist aus deutscher Sicht bislang ein unnötiger Wettbewerb. Das DFB-Team startet aber in eine neue Ära und kann jeden Erfolg dringend benötigen. Wenn Julian Nagelsmann die WM-Ansage ernst meint, muss auch ein Sieg in der Nations League das Ziel sein.
Die neue Ausgabe der Nations League ist gestartet. Wen interessiert's? Den deutschen Fußball-Fan in den vergangenen Jahren zumindest nicht.
Die Nations League, eine weitere Ausgeburt der Über-Kommerzialisierung, ein zusätzlicher Wettbewerb, um die Kuh namens Fußball weiter zu melken. Brauchen wir das wirklich?
Und dann auch noch diese sportliche Misere. 2018 startete das europäische Turnier zum ersten Mal, seitdem steckt die deutsche Fußballnationalmannschaft in einer fundamentalen Krise. Bei drei Auflagen erreichte die DFB-Elf nie die Endrunde.
Nations League kleinreden
Kein Wunder also, dass die Nations League klein gemacht wird, findet auch Neu-Kapitän Joshua Kimmich. „Die Nations League redet man sich im Nachhinein unwichtig, wenn man nicht erfolgreich ist. Wenn wir die Spanier fragen, wie sie die Nations League finden – ich glaube, die fanden es ganz cool, die zu gewinnen“, sagte er auf der Pressekonferenz in Herzogenaurach.
Spanien holte sich 2022/23 den Triumph, ein Jahr später wurden sie in Deutschland Europameister. Frankreich gewann 2020/21 die Nations League und stand im Jahr darauf im WM-Finale in Katar. Portugal triumphierte 2018/19 als amtierender Europameister. Nur die besten Teams gewinnen auch die Nations League.
Und Deutschland gehört schon lange nicht mehr zu den besten Teams der Welt. Seit dem WM-Titel 2014 wartet das Land auf einen großen Titel. „Wir haben keinen mehr dabei im Kader, der Weltmeister geworden ist“, stellte auch Kimmich nach den Rücktritten von Toni Kroos, Thomas Müller und Manuel Neuer fest.
Die Generation Kimmich
Immerhin: „Wir haben noch ein paar Confed-Cup-Sieger dabei. Aber es kann keiner sagen, dass er schon einmal einen Titel für Deutschland gewonnen hat“, sagte Kimmich. „Jeder, der im Kader ist, sollte dieses Ziel im Hinterkopf haben.“
Achja, der Confed-Cup-Sieg 2017 in St. Petersburg. Ein Großteil der Weltmeister war damals nicht berufen worden, es war der Startpunkt der neuen Generation im DFB-Team. Kimmich, Goretzka, Werner, Süle, Brandt, angeführt vom damaligen Kapitän Julian Draxler. Dass Deutschland dieses Turnier mit einer B-Mannschaft gewann, war ein symbolischer Sieg. Fußball-Deutschland war auch für die Zukunft gewappnet. Wie naiv...
Ein paar verpatzte Turniere später blickt man ganz anders auf diese Generation. Kimmich ist das Gesicht dieser Generation und als neuer Kapitän zwangsläufig verantwortlich für Erfolg oder Misserfolg der Mannschaft. Eine große Bürde, derer sich der 29-Jährige bewusst ist.
Generation hat nichts zu verschenken
Er will Deutschland wieder zu Titeln führen: „Vor allem meine Generation hat nichts mehr zu verschenken. Wir wollen jeden Titel, jede Chance nutzen. Und da wollen wir bei der Nations League anfangen!“
Auch Pascal Groß, der im ersten Spiel gegen Ungarn die Mittelfeld-Rolle von Kroos übernimmt, betonte am Freitag: „Wir nehmen die Nations League sehr ernst!“ Pascal Groß, der Kroos im Mittelfeld ersetzen soll und eine neue Führungsrolle inne hat, sagte, da muss man auch einen Anspruch haben. „Wir vertreten auch unser Land, was eine Ehre ist“
Die Nations League ist eine große Chance für das DFB-Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann. Natürlich schielen alle Beteiligten bereits auf die WM 2026 in Nordamerika. Doch für sportlichen Erfolg braucht er vorher sportlichen Erfolg. Das mag komisch klingen, ist aber relativ simpel.
Nagelsmann: „Schwung mitnehmen“
Spielt Deutschland eine positive Nations League, entsteht etwas im Team. Die neue Ära der Mannschaft steht ohne die arrivierten Spieler auf einem wackeligen Gerüst, es braucht jedes Erfolgserlebnis, um Selbstvertrauen, ein Selbstverständnis, um Sicherheit aufzubauen.
Nagelsmann wandelt auf einem schmalen Grat. Einerseits muss er nach dem Verlust wichtiger Leistungsträger einige Baustellen schließen und junge Spieler integrieren. Auf der anderen Seite muss er schnellstmöglich den Erfolg des vergangenen Heim-Turniers fortführen.
„Das erste Spiel nach der EM ist auch von der Art und Weise wichtig", sagte Nagelsmann daher am Freitagnachmittag, „um den Schwung mitzunehmen“, so der Bundestrainer. "Wir haben ganz bewusst nichts Neues gemacht bei diesem Lehrgang. Wir haben sehr wenig Zeit zu trainieren und wollen die Dinge, die wir gemacht haben, verfestigen. Wir wollen den Enthusiasmus der EM wieder sehen.“
Das Land hat nach der EM, bei der die DFB-Elf überwiegend mitreißenden und elektrisierenden Fußball gespielt hat, wieder Lust auf Länderspiele. Dieses Gefühl muss das Team nun konservieren.