Kommissar stirbt im Kugelhagel: Überzeugte der Bremer "Tatort"-Abgang?

Auch wenn wir das Ende von "Game of Thrones" noch nicht kennen, das Bremer "Tatort"-Finale ist nun amtlich: Kommissar Stedefreund, 18 Jahre lang an der Weser aktiv, stirbt effektvoll im Kugelhagel. War der Krimi "Wo ist nur mein Schatz geblieben" ein würdiger Abgang?

Nach 18 gemeinsamen Jahren, Sabine Postel spielte die Bremer Ermittlerin gar seit 1997, machte das Bremer Doppel Lürsen und Stedefreund am Ostermontag Schluss. "Wo ist nur mein Schatz geblieben?" war ihr letzter Fall - und es war ein Abgang mit Knalleffekt. Was bleibt vom Bremer Duo, und welche "Tatort"-Kommissare starben wie Stedefreund im Dienst?

Worum ging es?


Die Kommissare Inga Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) werden zur Leiche einer jungen Frau gerufen, die unter einer frisch gegossenen Straßendecke gefunden wurde. Verdächtigerweise war die Tote Mitarbeiterin einer Baufirma, die von einem jungen Ehepaar (Violetta Schurawlow, Kostja Ullmann) mit Mafia-Connections geleitet wird. Die beiden haben selbstredend Dreck am Stecken und werden bereits von zwei zwielichtigen BKA-Cops (Philipp Hochmair, Robert Hunger-Bühler) überwacht. Es sind alte Bekannte aus einer dramatischen Lebensepisode Stedfreunds, der 2013 nicht in Afghanistan weilte, sondern als verdeckter Ermittler Dienst schob - und dabei schwere traumatische Erfahrungen machte.

Worum ging es tatsächlich?


Nun ja, wohl vor allem um einen möglichst effektvollen Abgang. Postel und Mommsen freuten sich - laut Sabine Postel - über ein höheres Budget als sonst, da ihr letzter "Tatort" an einem Feiertag gesendet wurde. Ja, auch dazu gibt es bei der ARD offenbar Bestimmungen. Das Geld wurde in einen Auto-Stunt mit Überschlag, viel Kunstblut im Gesicht von Sabine Postel (das seltsamerweise direkt nach dem Unfall betonartig geronnen war) und einen SEK-Einsatz investiert. Der Plot von Stammautor- und Regisseur Florian Baxmeyer war eher ein bisschen bemüht auf Thriller und "dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit" gebürstet. Damit zeigte der letzte Bremer "Tatort" noch einmal alle Stärken und Schwächen des Krimis mit Lürsen und Stedefreund auf.

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Was bleibt vom Bremer Langzeit-Team?


"Bei uns war immer der Fall im Mittelpunkt. Unsere Plots waren auch schwer auszurechnen", sagt Sabine Postel im Interview mit der Agentur teleschau und einer sehr persönlichen Bilanz der letzten 18 Jahre. Tatsächlich war mit das Beste am "Tatort"-Standort Bremen, dass die dortigen Fälle schwer auszurechnen waren. Regelmäßig packte man kühne oder gar absurde Themen an, um sie entweder gnadenlos zu verbocken (der Künstliche Intelligenz-"Tatort: Echolot", 2016), sie überraschend unterhaltsam (der Vampirismus-"Tatort: Blut", 2018) oder - in seltenen Fällen - gar leise und ernsthaft (der Pflege-"Tatort: Im toten Winkel") zu erzählen. Die Ermittler hielten sich meist im Hintergrund, verhielten sich angenehm loyal zueinander. Kein Wunder, dass ihre Freundschaft im letzten Fall noch mal auf die Probe gestellt wurde. Ein bisschen Beziehung muss schließlich auch im kühlen Norden sein.

Mythos Minzpaste: Nur im Fernsehen reibt man sich am Leichentisch die Nase ein


Da war sie wieder, jene Krimiszene, die Michael Tsokos, Deutschlands bekanntesten Rechtsmediziner, regelmäßig zur Weißglut bringt: Kurz bevor der Bremer Leichenbeschauer den Kommissaren Lürsen und Stedefreund Theorien zur Leiche am (toten) Objekt unterbreitet, reiben sich die Ermittler eine Paste unter die Nase, um dem schlechten Geruch zu entkommen. In vielen Krimis tun dies auch die Pathologen selbst, was laut Tsokos absoluter Unfug ist: "Erstens können Sie den Geruch gar nicht übertünchen. Wenn es nach fauler Leiche riecht, riecht es nach fauler Leiche. Zudem brauchen Rechtsmediziner ihren Geruchssinn bei der Untersuchung. Man muss wissen: Riecht es aromatisch nach Alkohol, riecht es fruchtig wie ein entgleister Diabetes, oder ist da ein Aroma von Knoblauch, das auf Blausäure hinweist? Derlei Informationen sind wichtig." Interessant. Macht trotzdem nicht wirklich Lust auf den Job.

Welche "Tatort"-Kommissare starben im Dienst?


Versetzung, Berufswechsel oder Tod im Dienst? Welcher Abgänger-Kommissar würde sich nicht Letzteres wünschen. Einen Format-Exit mit Knalleffekt erlebten vor Stedefreund aber nur dreieinhalb Ermittler. Der Berliner Kommissar Felix Stark (Boris Aljinovic, 2014, nur vage Überlebenschancen nach Schussverletzung auf dem Not-OP-Tisch), der Hamburger Undercover-Ermittler Cenk Batu (Mehmet Kurtulus, 2012, Tod durch Scharfschützen, nachdem er dem Bundeskanzler (!) erpresserisch eine Pistole an den Kopf hielt). Davor gab es zwei länger zurückliegende Todesfälle eher unbekannter Polizisten: 1998 der Berliner Kommissar Michael Zorowski (Robinson Reichel, überfahren) und 1982 der Frankfurter Polizeihauptmeister Werner Rolfs (Klaus Löwitsch, Querschläger in der Tiefgarage).

Wie geht es beim Bremer "Tatort" weiter?


Lürsen und Stedefreund sind Geschichte. In 34 Fällen haben Sabine Postel und Oliver Mommsen gemeinsam ermittelt. Ihre Entscheidung, in Bremen aufzuhören, war eine freiwillige. Postel, die auch wegen der ARD-Serie "Die Kanzlei" viel Zeit vor der Kamera verbringt, wird am 10. Mai 65 Jahre alt. Seit über zehn Jahren habe sie wegen ihres engen Drehplans nicht mehr richtig Urlaub gemacht, sagt sie. Auch Oliver Mommsen, 50, will sich lieber neuen Rollen widmen. Wer dem Langzeit-Duo in Bremen nachfolgt, ist noch nicht entschieden. Der nächste "Tatort"-Dreh ist nach Angaben von Radio Bremen für Anfang 2020 geplant. Bis dahin sollte man neue Figuren - und Schauspieler - gefunden haben.

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