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Kommt die 2G-Regel? So funktioniert das Hamburger Modell

Bald ohne Abstand? Bei der Saisoneröffnung der Hamburger Elbphilharmonie galten noch die 3G- und damit auch die Distanzregeln. (Bild: Franziska Krug/Getty Images)
Bald ohne Abstand? Bei der Saisoneröffnung der Hamburger Elbphilharmonie galten noch die 3G- und damit auch die Distanzregeln. (Bild: Franziska Krug/Getty Images)

Hamburg hat als nächsten Schritt der Corona-Regeln das 2G-Modell eingeführt, andere Bundesländer wollen folgen. Doch das Modell hat Tücken, noch wird es eher verhalten angenommen.

Bisher galten in den vergangenen Monaten in den meisten Bundesländern die sogenannten 3G-Regeln. Die Gs standen für: Genesen, Geimpft oder Getestet. Mit dem entsprechenden Nachweis ermöglichten sie Zugang zu Konzerten, Kinos, Schwimmbädern oder Hotels und Restaurants. Doch mit dem Anstieg der Zahlen und dem gleichzeitig abflauenden Impfwillen der Deutschen scheinen sie manchen Politikern nicht mehr ausreichend zu sein. Als erstes Bundesland reagierte Hamburg. Die 1,8 Millionen Einwohner Stadt hat über die ganze Pandemie relativ strenge Einschränkungen beschlossen. Durch die frühen Sommerferien wird sie wieder zum Versuchsobjekt für diesen Herbst. Auch aktuell liegt der Inzidenzwert an der Elbe mit am höchsten deutschlandweit, nur Nordrhein-Westfalen hat inzwischen deutlich mehr neue Fälle pro 100.000 Einwohner.

2G-Modell bringt ein Stück Normalität zurück

Ein wichtiger Schritt, um zögerliche Ungeimpfte zu überzeugen und gleichzeitig einen nächsten Lockdown zu vermeiden soll nun die Einführung des sogenannten 2G-Optionsmodells sein. Das lässt Veranstaltern und Unternehmern die Möglichkeit, nur noch Genesene und Geimpfte einzulassen. Ein Test reicht dann nicht mehr für die Teilnahme an beispielsweise Konzerten oder Restaurantbesuchen aus. Dafür dürfen die Veranstalter aber dann nahezu zum Prä-Corona-Zustand zurück kehren. Das heißt zum Beispiel keine Beschränkung der Besucherzahl mehr in Innenräumen, kein Abstand zwischen Sitzen oder Tischen. Nur die Maskenpflicht in Innenräumen bliebe vorerst. Wer weiter auf die 3G-Regeln setzt, muss die bisherigen Einschränkungen beibehalten.

Freiwilligkeit als Versuchsmodell

Es ist ein Testballon, denn durch die freiwillige Wahl lässt sich erkennen, inwieweit Kulturbranche und Gastronomie bereit wären, diesen nächsten Schritt mitzugehen. Doch das neue Modell birgt Schwächen. Denn zum einen bietet eine Impfung keinen kompletten Schutz vor einer Infektion und damit Weitergabe des Virus. Und zum anderen gibt es zahlreiche rechtliche Hürden, die bisher noch ungeklärt sind. So handelt es sich bei der 2G-Regel um eine klare Ungleichbehandlung, deren Verhältnismäßigkeit erst noch von Gerichten geklärt werden muss. Die 2G-Option ist auch deshalb keine politisch verordnete, weil sie sich auf das Hausrecht des jeweiligen Unternehmers stützt. Dabei bleibt die Frage, wie Unternehmen mit Mitarbeitenden umgehen sollen, die eine Impfung verweigern oder sie aus berechtigten Gründen nicht erhalten können. Genauso gilt in Hamburg keine Ausnahme für Schwangere Besucherinnen und für Menschen, die sich aufgrund von Vorerkrankungen nicht impfen lassen können. Sollen sie also komplett vom kulturellen Leben ausgeschlossen werden?

Komplett volle Stadien wie hier am Millerntor wird es auch mit der 2G-Regel nicht geben, doch viele Sportvereine hoffen auf mehr Zuschauer durch das neue Modell. (Bild: REUTERS/Christian Charisius/Files)
Komplett volle Stadien wie hier am Millerntor wird es auch mit der 2G-Regel nicht geben, doch viele Sportvereine hoffen auf mehr Zuschauer durch das neue Modell. (Bild: REUTERS/Christian Charisius/Files)

Es sind vermutlich auch diese ungeklärten Fragen, die viele Unternehmer zunächst eher zögerlich reagieren lassen. In Hamburg zumindest haben noch nicht sehr viele Gastronomen auf 2G umgeschwenkt. Constanze Lay vom Barkombinat Hamburg, einem Zusammenschluss von Wirten, klagte im NDR, die Regelung sei "wirtschaftlich ein Zwang, sich für 2G zu entscheiden." Das gelte besonders für kleinere Lokale, die mit den Distanzregelungen kaum noch Gäste empfangen konnten. Der Branchenverband Dehoga würde bevorzugt ein landesweites 3G-Modell beibehalten. Wirte, die sich bislang in Hamburg doch für die Einführung der 2G-Regel entscheiden, werden teils übel angegangen und attackiert, wie Hamburger Medien berichteten.

Sportvereine freuen sich auf mehr Zuschauer

Anders sieht es beim Sport aus. Die meisten Vereine der Hansestadt begrüßten das Modell und werden versuchen, es umzusetzen. So sagte Oke Göttlich, Präsident des Zweitligisten FC St. Pauli im NDR: "Wir müssen uns grundsätzlich mit einem 2G-Modell beschäftigen, weil wir glauben, dass das die Chance erhöht, die Stadien wieder vollzubekommen." Allerdings gibt Göttlich zu bedenken, es müsse auch Wege für Leute geben, die aus verschiedenen Gründen nicht geimpft werden können. Eine Lösung hat der St. Pauli-Präsident auch parat: "Beispielsweise schafft man gesonderte Eingänge und Areale für alle, die nicht geimpft sind und nur PCR-getestet kommen." Ligakonkurrent HSV sondiert die Lage aus ähnlichen Gründen bisher noch, kann sich die Umsetzung aber durchaus vorstellen. Und auch die Bundesligabasketballer der Hamburg Towers und die Handballer des HSV Hamburg sehen das Modell grundsätzlich positiv und freuen sich, wieder vor mehr Zuschauern antreten zu können. Auch wenn auch hier noch viele Detailfragen offen bleiben. Andere Klubs wie der BVB haben schon zu Saisonbeginn nur einen kleinen Anteil Getesteter in die Stadien gelassen und die meisten Tickets nur an Geimpfte und Genesene abgegeben.

2G ist eine Frage der Zeit - und der Details

Trotz der Hindernisse ist zu vermuten, dass auch andere Bundesländer dem Hamburger Modell folgen werden. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lobte das Hamburger Modell und bezeichnete es als "gangbaren Weg." Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte schon vor zwei Wochen in einem Tagesthemen-Interview: "2G wird so oder so kommen. Söder betonte: "Wer auf Dauer wirklich Normalität wieder will, der muss sich impfen lassen." So ist die 2G-Regel wohl in erster Linie auch als politisches Druckmittel zu verstehen, die Anzahl der Impfungen weiter zu erhöhen. Bisher sind knapp 60 Prozent der Deutschen vollständig gegen Corona geimpft, das reicht noch nicht, für die viel beschworene Herdenimmunität.

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