Komplett abgefackelt: Mütterkrieg in Suburbia

Reese Witherspoon und Kerry Washington liefern sich in "Little Fires Everywhere" ein brenzliges Duell zwei Mütter, deren Leben zwangsläufig in Rauch aufgeht.

Es ist ein Inferno, das gleich in der ersten Szene der neuen Amazon-Serie "Little Fires Everywhere" wütet und vom stattlichen Anwesen der Richardsons nur die Grundmauern stehen lässt. Überall im Haus, so erklärt die Polizei der Familie, seien kleine Feuer gelegt worden. Die Brandstiftung hat freilich schon früher begonnen, als in der dunklen Winternacht des flammenden Prologs.

"The Spark" heißt die erste Folge der Miniserie, die vom US-Streaminganbieter Hulu produziert wurde und die ab 22. Mai auf Amazon Prime zu sehen ist. Und die Funken fliegen gleich bedrohlich, als sich die beiden Protagonistinnen zum ersten Mal begegnen - vier Monate vor dem großen Feuer.

Elena Richardson (Reese Witherspoon, die auch als Produzentin beteiligt ist) lebt in einem Vorort von Cleveland: Shaker Heights war die erste Planstadt Amerikas und damit so etwas wie die Blaupause für all die Suburbs, die später entstanden und in die sich die reiche weiße Mittel- und Oberschicht verschanzte. Die perfekte Mutter mit ihrer perfekten Familie entdeckt mitten in ihrer perfekten Welt ein abgeranztes Auto: Darin nächtigt Mia Warren (Kerry Washington) mit ihrer 15-jährigen Tochter Pearl (Lexi Underwood).

Rauch und Asche

Natürlich hilft Elena, die sich selbst als ausgesprochen großherzigen, guten Menschen sieht, der Neuen, auch wenn Mia Künstlerin ohne Wurzeln und dazu noch Afro-Amerikanerin ist. In acht fesselnden Serienstunden arbeiten sich die beiden enigmatischen Frauen aneinander ab und müssen dabei schwierige Fragen verhandeln - nach ihrer Herkunft, nach Rasse und Klassenzugehörigkeit, vor allem aber nach ihrem Muttersein.

Es sind vor allem die Kinder, die die Handlung vorantreiben. Mias Tochter sehnt sich danach, das Nomadenleben aufzugeben. Elenas vier Sprösslinge wehren sich offen und versteckt gegen ihr Leben in völliger Erstarrung.

Erzählt im visuellen Stil und mit dem bedächtigen Tempo der großen Melodramen, wie sie Hollywood früher gemacht hat, zieht "Little Fires Everywhere" die Spannung weniger aus den Geheimnissen, die die beiden Protagonistinnen zu wahren versuchen, sondern vielmehr aus den Entwicklungen, die die fein gezeichneten Figuren durchmachen. Ihre Fassaden bröckeln langsam, es sind sehr feine Risse, die sich nach und nach auftun. Man weiß ja vom Anfang, was am Ende bleiben wird - Rauch und Asche. Aber zu sehen, wie sich die kleinen Feuer langsam ausbreiten, das ist kaum auszuhalten.

"Little Fires Everywhere" basiert auf dem gleichnamigen, auch von der Kritik gefeierten, Bestseller von Celeste Ng (deutscher Titel: "Kleine Feuer überall"). Die Hälfte der acht Episoden wurden von der kürzlich verstorbenen Indie-Regisseurin Lynn Shelton inszeniert.