Konjunktur in Deutschland - Vier Grafiken zeigen, wie es um unsere Wirtschaft steht - zwei machen Hoffnung
Deindustrialisierung, Rezessionsängste, Haushaltszoff - um die deutsche Wirtschaft und ihre Aussichten war es schonmal besser bestellt. Allerdings zeigen einige Konjunkturbarometer, dass nur Schwarzmalerei nicht angebracht ist.
Zwölf Goldmedaillen, und noch unter den Top Ten – trotzdem unken nach den Olympischen Spielen viele, man müsse den Spitzensport in Deutschland stärker fördern. Ginge es bei den Spielen aber um wirtschaftliche Leistungen, wäre das Ergebnis der Republik derzeit aber deutlich schlechter als das der Spitzensportler.
Denn zur Mitte des dritten Quartals bleibt die Stimmung schlecht. Davon zeugen beispielsweise die Konjunkturindikatoren des ifo-Instituts. So stürzte beispielsweise der Geschäftsklima-Index der Automobilindustrie im Juli von ohnehin schwachen minus 9,5 Punkten auf minus 18,3 Zähler ab. „Die Autoindustrie schlittert damit weiter in die Krise“, kommentierte dazu Anita Wölfl vom ifo-Zentrum für Industrieökonomik und neue Technologien.
Ebenso beklagten im Juli Industrieunternehmen im Juli einen steigenden Auftragsmangel. Nach 38,4 Prozent der Firmen gaben mit 39,4 Prozent nun noch mehr Unternehmen an, einfach nicht genügend Geschäft zu haben. Und erst am Dienstag stürzten die ZEW-Konjunkturerwartungen empfindlich um 22,6 auf nur noch 19,2 Punkte ab. Deutschlands Firmen blicken demnach mit Sorge in die Zukunft.
Auch abseits dieser spezifischeren Indikatoren gibt die deutsche Wirtschaft derzeit kein gutes Bild ab – mit Ausnahme zweier Indikatoren.
BIP: Die Wirtschaftsleistung dümpelt weiter vor sich hin
Der wichtigste Indikator der Wirtschaftsleistung, das Bruttoinlandsprodukt, schrumpfte im zweiten Quartal um saison- und kalenderbereinigte 0,1 Prozent zum Vorquartal. Damit droht erneut eine Rezession im technischen Sinne. Nach gängiger Definition befindet sich eine Volkswirtschaft in der Rezession, wenn das BIP zwei Quartale in Folge schrumpft.
Tatsächlich war dies zuletzt zu Beginn der Corona-Pandemie der Fall. Allerdings dümpelt Deutschlands Konjunktur seitdem dahin: In fünf Quartale seit der Corona-Rezession ging das BIP zurück, die Wachstumsraten der positiven Quartale seit Beginn 2020 beträgt gerade mal 0,65 Prozent, sofern man die krasse Erholung im dritten Quartal 2020 ausklammert.
Arbeitslosenquote: Sie steigt - langsam, aber stetig
Auch am Arbeitsmarkt bleibt die Lage weiterhin wenig hoffnungsvoll. Zuletzt lag die Arbeitslosenquote im Mai 2022 unter fünf Prozent – seitdem steigt die Quote langsam, aber sicher. Mit derzeit 6,0 verharrt die Quote auf leicht erhöhtem Niveau.
Gleichzeitig, zeigen Indikatoren der Bundesagentur für Arbeit, zögern Unternehmen immer mehr bei den Neueinstellungen. Zwar gibt es, je nach Branche, immer noch massive Fachkräftemangel. Nichtsdestotrotz geizen viele Firmen bei den Lohn- und Personalkosten, und stellen folglich weniger ein.
Teilweise, vor allem in der Automobilindustrie, wollen sich Konzerne vor allem übers Personal „gesundschrumpfen“. Das zeigen etwa die unlängst verkündeten, großanlegten Stellenabbauprogramme bei Volkswagen, Mercedes, oder dem Zulieferer ZF.
Import-Export: Überraschend auf stabilem Niveau
Was indes weniger schlecht läuft, als man vermuten mag, ist Deutschlands Außenhandel. Das Außenhandelsplus hält sich seit November stabil über 20 Milliarden Euro.
Angesichts der Sorgen vor einer Deindustrialisierung macht dieser Punkt Hoffnung. Zwar haben auch sinkende Importe ihren Anteil am soliden Außenhandelsüberschuss. Da gleichzeitig aber auch die Industrieproduktion rückläufig ist, folgert der Volkswirt Robin Winkler von der Deutschen Bank, dass sich die Wertschöpfung in der Industrie weg von „volumenbasierten und energieintensiven Aktivitäten hin zu hochtechnologischen und margenstarken Aktivitäten bewegt“.
Einfacher ausgedrückt: Die exportorientierte Industrie setzt stärker auf Klasse, statt auf Masse, und trägt somit weiter viel zum Volkseinkommen bei. Laut Winkler sehe man hier eher eine „industrielle Evolution“ statt einer wahren Deindustrialisierung.
Inflation: Verbraucher können aufatmen
Zuletzt hat auch der Preisdruck in diesem Jahr stark nachgelassen. Im Juli stieg die Inflation zwar minimale 0,1 Prozentpunkte zum Mai und betrug damit 2,3 Prozent zum Vorjahr. Aber: Das ist weit weniger als noch vor einem Jahr, als die Raten noch jenseits der 6-Prozent-Marke rangierten.
Besonders erfreulich für Verbraucher: Insbesondere bei den Lebensmitteln lässt der Preisauftrieb spürbar nach. Mit 1,3 Prozent Plus liegt die Teuerung wieder unter der Gesamtrate. Abgesehen von vereinzelten leichten Anstiegen – unter anderem wegen diverser Sondereffekte – sinkt die Rate nun seit Februar 2023 merklich.
Das dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) darin bestärken, die Zinsen weiterhin Schritt für Schritt abzusenken. Vor allem Deutschland als größter Volkswirtschaft im Euroraum dürfte das helfen. Niedrigere Zinsen – und damit billigere Finanzierungen – treiben die Konjunktur üblicherweise an und ermöglichen auch Verbrauchern wieder mehr Spielraum, beispielsweise beim Hauskauf.