Konkurrenz für Snapdragon: MediaTek stellt neuen Top-Prozessor für Smartphones vor
Im Bereich der Smartphone-Prozessoren liefern sich die Hersteller Qualcomm und MediaTek ein knappes Rennen. Der neue MediaTek Dimensity 9400 ist die leitungsstarke Oberklasse-Konkurrenz für die Snapdragon-SoCs. Was ist neu?
Der taiwanische Hersteller MediaTek hat seine neuen Highend-SoCs (System on a Chip) vorgestellt: den Dimensity 9400. Rein nach Stückzahl ist MediaTek der größte Anbieter von Smartphone-Prozessoren. Platzhirsch im Oberklasse-Bereich ist Qualcomm mit dem Snapdragon 8 Gen 3. Mit der neuen Prozessor-Generation will MediaTek hier weiter Boden gewinnen.
MediaTeks neuer SoC besteht aus acht Prozessorkernen (CPU-Kernen), einer Grafikeinheit mit 12 GPU-Kernen sowie einer Neural Processing Unit (NPU) für Machine-Learning- beziehungsweise KI-Aufgaben.
Zum System on a Chip gehören weitere spezielle Hardware-Einheiten wie ein Bildprozessor (Image Signalling Processor, ISP) zur Optimierung von Fotos und Videos, die mit der Smartphone-Kamera aufgenommen werden, ein Modem für alle gängigen Mobilfunkstandards sowie ein Connectivity-Chip, der die aktuellen WiFi-7- und Bluetooth-Standards unterstützt.
MediaTek geht neue Wege: "All Big Cores"-Architektur
Auf den ersten Blick am spannendsten dürften die CPU-Kerne sein: MediaTek verwendet für die Dimensity-9400-Prozessoren keine ausgewiesenen "Effizienzkerne", wie sie bei fast allen anderen SoCs zu finden sind. Diese neue CPU-Architektur nennt MediaTek "All Big Cores" und hat sie zum ersten Mal beim Dimensity 9300 und 9300+ eingesetzt.
Etwas Hintergrund dazu: Spitzen-SoCs bieten derzeit drei verschiedene Leistungsklassen von CPU-Kernen. In der Regel findet man einen oder auch zwei so genannte "Prime Cores", die bei Bedarf sehr hoch getaktet werden und viel Performance liefern können. Dabei entwickeln sie aber einen großen Energiehunger, was nicht gut für die Smartphone-Akkulaufzeit ist.
Die sogenannten Performance-Cores sind ebenfalls sehr leistungsfähige Prozessorkerne, die aber im Vergleich zu den Prime Cores stärker auf eine Balance aus Leistung und Effizienz ausgelegt sind und nicht ganz so hoch getaktet werden. Ein typisches Beispiel ist der Cortex A720, den etwa Qualcomm im Snapdragon 8 Gen 3 gleich fünfmal als Performance-Kern einsetzt.
Um die kleinen und einfachen Alltagsaufgaben, wenn gerade keine leistungshungrige App genutzt wird oder wenn sich das Smartphone im Standby befindet, kümmern sich so genannte Efficiency Cores. Wie der Name sagt, arbeiten sie besonders energieeffizient.
Führen die "großen Kerne" zu kürzerer Akkulaufzeit?
In der Architektur des Dimensity 9400 wird MediaTek drei verschiedene CPU-Kerne einsetzen: ARMs aktuell leistungsfähigsten "Prime Core" X925, daneben drei Cortex X4 – die "Prime-Champions" aus dem letzten Jahr – sowie vier Cortex A720. Ein Design, das nur mit "großen Kernen" arbeitet, gibt erst einmal Anlass zur Sorge, dass es um die Akkulaufzeit der damit ausgestatteten Smartphones nicht so gut bestellt sein dürfte.
Allerdings haben wir gerade das brandneue Xiaomi 14T Pro (zum Test) mit dem Vorgängermodell Dimensity 9300+ im CHIP-Testlabor, das ebenfalls nur mit Prime- und Performance-Kernen arbeitet. In puncto Leistung kann der SoC durchaus mit Qualcomms aktuellem Top-Prozessor Snapdragon 8 Gen 3 mithalten – das ist keine Überraschung. Wir sehen aber auch bei unseren Akku-Messungen bislang keine nachteiligen Auswirkungen durch den Verzicht auf die Effizienzkerne.
Bei der Grafik setzt der Dimensity 9400 auf ARMs Immortalis G925 mit 12 GPU-Kernen und Hardware-Raytracing. Das neue Design soll im Vergleich zum Dimensity 9300 gut 40 Prozent mehr Spitzenperformance liefern, das Raytracing 40 Prozent schneller berechnen und bei gleicher Performance über 40 Prozent weniger Energie benötigen.
Wir sind schon sehr gespannt, wie sich die kommenden Smartphones mit dem Dimensity 9400 in unseren Performance- und Akku-Tests schlagen werden. Das erste Smartphone mit dem Dimensity 9400 wird das ebenfalls auf dem Event in China vorstellte Oppo Find X8 sein. Im Flaggschiff-Segment kann MediaTek dieses Jahr erstmals auch Samsung als Kunden nennen, die Tablets Samsung Galaxy Tab S10 Ultra und Tab S10 Plus nutzen den Dimensity 9300+.
"Agentic AI-Engine": Neuer Standard für KI-Anwendungen?
Besonders stolz war MediaTek bei der Vorstellung des Dimensity 9400 auf die selbst entwickelte "NPU 890", die lokale KI-Anwendungen auf dem Smartphone besonders energieeffizient und dennoch mit üppiger Rechenleistung ausführen soll. Demnach werden Bilder mit Diffusions-Modellen doppelt so schnell generiert wie in der Vorgänger-Generation. Zudem sollen LLMs (Large Language Models) bis zu 80 Prozent schneller ausgeführt werden und der Energiebedarf bei vergleichbarer Leistung rund ein Drittel unter dem der NPU im Dimensity 9300 liegen.
Doch diese Leistungssteigerungen standen gar nicht so sehr im Vordergrund der Präsentation, sondern vielmehr die "Dimensity Agentic AI Engine" (DAE). Damit soll die KI auf dem Smartphone mehr oder weniger als autonomer Agent agieren, der erkennt, welche Aufgaben der Benutzer erledigt haben möchte (Intent Perception).
Komplexere Tasks zerlegt der Agent demnach selbstständig in kleinere Teile und nutzt zu deren Lösung unterschiedliche KI-Modelle auf dem Smartphone oder in der Cloud. Das Ganze soll dabei helfen, Agenten-Apps zu etablieren und zu standardisieren. Diese müssen dann im Zweifelsfall gar nicht mehr wissen, welche KI-Modelle hinter den standardisierten Schnittstellen liegen, da die DAE als Abstraktionsebene dazwischen liegt und sich um die Details kümmert.
Ob diese Engine bei künftigen KI-Anwendungen tatsächlich Vorteile bringen und sich auch bei den Entwicklern durchsetzen wird, lässt sich noch nicht absehen – dazu ist der KI-Bereich einfach zu dynamisch. Wir werden auf jeden Fall verfolgen, ob sich dieses Konzept durchsetzen kann.
MediaTek vs. Qualcomm: Spannender Chip-Herbst
Bereits Ende Oktober findet Qualcomms jährlicher "Snapdragon Summit" statt. Hier stellt MediaTeks größter Konkurrent im Smartphone-Markt den neuesten Snapdragon-Prozessor für Smartphones vor. Der Chip-Entwickler aus San Diego hat schon erklärt, dass die neuen Smartphone-SoCs mit den für den Notebook-Markt entwickelten "Oryon"-CPU-Kernen ausgerüstet werden, die deutlich leistungsfähiger sein sollen als die Standard-ARM-Cores.
Qualcomms Group General Manager für den Bereich Mobile und Compute hat CHIP exklusiv schon vorab verraten, dass der neue SoC ausschließlich mit den neuen Kernen bestückt sein wird. Entweder haben die Kalifornier im Bereich Effizienzkerne eine bisher unbekannte Entwicklung in petto, oder sie verzichten künftig explizit auf diese. Wir erwarten einen heißen Smartphone-Chip-Herbst – und werden Sie natürlich auf dem Laufenden halten.
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