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So könnte das neue Kabinett Merkel IV aussehen

Die Parteichefs der möglichen Jamaika-Koalition haben viel Arbeit vor sich. (Bilder: Reuters, EFE)
Die Parteichefs der möglichen Jamaika-Koalition haben viel Arbeit vor sich. (Bilder: Reuters, EFE)

Die vierte Kanzlerschaft Angela Merkels steht bevor. Doch wer wird unter ihr Bundesminister? Das sind die möglichen Pfeiler der Jamaika-Koalition.

Eine Analyse von Jan Rübel

Schwierige Verhandlungen warten auf jene vier Parteien, die eigentlich nicht viel gemein haben. Doch das Ergebnis der Bundestagswahl vom vergangenen Sonntag zwingt CDU, CSU, FDP und Grüne an den Kabinettstisch. Ein Scheitern würde katastrophale Neuwahlen bedeuten – oder ein derart großmütiges Unionsangebot an die SPD, welches die Sozialdemokraten nicht ablehnen könnten. Allen Beteiligten ist klar: dann lieber Jamaika.

Dass sich die vier Parteien auf gemeinsame Inhalte verständigen, wird die schwierigste Aufgabe sein. Leichter dagegen gestaltet sich der Zuschnitt des Kabinetts. Hier das realistischste Szenario.

Kanzlerin: Angela Merkel, CDU

Arg gebeutelt rettet sich Merkel in ihre vierte Amtszeit. Ihre Wahlkampffehler scheint sie nicht aufarbeiten zu wollen, es bleibt aber mit Blick auf die Landtagswahl in Niedersachsen Mitte Oktober auch kaum Zeit dafür. Die Unionsreihen müssen bis dahin geschlossen bleiben. Dann wird sich zeigen, ob Merkel ein Spagat gelingt: Einerseits muss sie Ruhe und Stabilität ausstrahlen, übers In- und Ausland. Andererseits sollte sie irgendwann schon ein Programmchen ihrer Regierungsziele entwerfen. Sonst stünde sie schneller auf Abruf da, als ihr lieb wäre; für jeden Politiker gibt es einen Zeitpunkt, ab dem er nur noch verlieren kann und mögliche Nachfolger sich aufdrängen – wie bei Fußballtrainern. Doch Merkel sollte nicht unterschätzt werden: Auch in ihre erste Amtszeit stolperte sie gerupft und geschwächt. Und etablierte sich blitzschnell.

Bundesfinanzminister: Wolfgang Kubicki, FDP

Die FDP ist die zweitstärkste Partei unter den vieren (die CSU mal außen vor gelassen). Und sie reklamiert für sich Zahlenkompetenz. Das Finanzministerium hat in den vergangenen Jahren eine enorme Aufwertung erfahren, ist mittlerweile eine Art Nebenaußenministerium. Doch wer soll es machen? Parteichef und FDP-Posterboy Christian Lindner hätte den ersten Zugriff.

Doch einiges spricht dagegen: Zum einen ist er nicht gerade vom Fach, er studierte Politik, Philosophie und Staatsrecht. Und obwohl er seine Magisterarbeit zum Thema “Steuerwettbewerb und Finanzausgleich. Kann die Finanzverfassung reformiert werden?” verfasste – bleibt diese eine Magisterarbeit, keine tief gehende wissenschaftliche Erfahrung. Außerdem braucht der junge Lindner ein Amt mit hohem Profilierungspotenzial. Als oberster Kassenwart aber ist man auch schnell ein Buhmann, ein Knauserich. Daher wird es Kubicki machen. Der Volkswirt und Volljurist hat auch Erfahrungen in der Steuerberatung gesammelt; er gilt als ausreichend harter Hund für dieses Amt.

Özdemir, Herrmann und Kubicki bei Maybrit Illner.
Özdemir, Herrmann und Kubicki bei Maybrit Illner.

Bundesaußenminister: Cem Özdemir, Grüne

Seit langem orientiert sich der eigentliche Innenpolitiker hin zur internationalen Politik. Nötige Ruhe und Beharrlichkeit bringt er für diesen Posten mit. Auch wird er als einer der beiden grünen Spitzenkandidaten auf dieses Ressort drängen. Ein echter Coup wäre übrigens, wenn er stattdessen dieses Amt übernähme: das des Bundesministers für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – bisher ein Frauenressort. Aber warum eigentlich? Özdemir hätte ein genügend offenes Ohr für die Nöte der Menschen. Eigentlich ist der Sozialpädagoge eine Idealbesetzung für diesen Job.

Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Verbraucherschutz: Christian Lindner, FDP

Eine Art Superministerium wird sich der FDP-Parteichef schnitzen: Für Wirtschaft sieht er sich als Liberaler eh berufen. Die Aufgabe für die Energiewende ist mühsam, kann ihm aber Lorbeeren als Mann der Zukunft einbringen. Und da Verbraucherschutz in den vergangenen Bundesregierungen oft stiefmütterlich behandelt wurde und nicht zum ersten Mal von einem Ressort zum anderen wanderte, wird diese Zuständigkeit vom Justizressort abgekoppelt und Lindner zugeschlagen. Es wird sein Paradethema. Wenige, aber wirkungsvolle Kampagnen als Verbraucher-, und damit als Wählerschützer, wird er angehen.

Bundesinnenminister: Joachim Herrmann, CSU

Der Christsoziale wird schon seit längerem für dieses Amt gehandelt. Die gerupfte CSU braucht auch endlich ein wichtiges Amt, sonst kann sie nicht mehr den Anschein aufrechterhalten, sie sei nicht nur eine Regionalpartei. Herrmann wäre auch qualifiziert: Den Sheriff kann er mimen, er verfügt über Organisationserfahrung und vermag mit seiner ruhigen Art durchaus auch mit Andersdenkenden auskommen. Außerdem kann er woanders kaum hin; sein Bundestagsmandat verfehlte er.

Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Anton Hofreiter, Grüne

Der Grüne ist seit längerem Antipode zum amtierenden Verkehrsminister, sammelte Erfahrungen im Verkehrsausschuss und brennt darauf, durchaus vorhandene Ideen für diese beiden Zukunftsbereiche anzugehen.

Kanzleramtsminister Altmeier könnte den Job wechseln. Bild: REUTERS/Fabrizio Bensch
Kanzleramtsminister Altmeier könnte den Job wechseln. Bild: REUTERS/Fabrizio Bensch

Bundesminister für Arbeit und Soziales: Peter Altmaier, CDU

Die Allzweckwaffe der Kanzlerin könnte mal wieder wechseln. Mit dem Rückzug Schäubles aus dem Kabinett braucht die CDU wichtige und prestigeträchtige Ressorts. Altmaier würde das soziale Gewissen der CDU werden und eine wichtige Flanke in der Auseinandersetzung mit der AfD zu schließen versuchen. Außerdem sieht man am Aufstieg von Andrea Nahles, was aus diesem Ressort gemacht werden kann: Vielleicht ist Altmaier ein Kandidat für die Nachfolge Merkels.

Kanzleramtsminister: Thomas de Maizière, CDU

Im Innenressort galt er als glücklos. Eigentlich riskiert de Maizère aus dem Kabinett zu fliegen. Doch Merkel braucht den gelernten Technokraten, um das schwieriger gewordene Regierungsgeschäft zu managen.

Bundesministerin für Verteidigung: Ursula von der Leyen, CDU

Eigentlich würde sie gern weg, aber wohin? Von der Leyen würde die meisten anderen Ressorts als Abstieg deuten. Und dreierlei deutet darauf hin, dass sie bleiben wird: Ihr Ruf ist schlechter als ihre Ressortleistung. Sie hat dort noch einiges umzusetzen und würde eine wichtige Mission abschließen. Und Merkel braucht Ruhe.

Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Katrin Göring-Eckardt, Grüne

In die Exekutive will sie. Göring-Eckardt könnte sich viele Ämter vorstellen, als eine grüne Spitzenkandidatin hat sie Gewicht bei den Koalitionsverhandlungen. Mit diesem Ressort hätte sie Gestaltungschancen und würde als Sprachrohr fungieren.

Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft: Christian Schmidt, CSU

Der Christsoziale bleibt wohl im Amt. Zwar glanzlos und unauffällig, aber andere drängen sich nicht auf. Merkel hat kein Interesse an einer echten Reform der Landwirtschaft. Schmidt könnte indes Druck von den Grünen bekommen. Er wäre der erste Wackelkandidat im neuen Kabinett.

Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Gerd Müller, CSU

Er mag seinen Job und bekundete nachhaltig sein Interesse das Amt weiterzuführen. Vielleicht erhält er auch ein größeres Budget – und die CSU hat ihren dritten Minister durchgedrückt.

Katja Suding könnte ins Kabinett einziehen. Bild: EFE/David Hecker
Katja Suding könnte ins Kabinett einziehen. Bild: EFE/David Hecker

Bundesministerin für Bildung und Forschung: Katja Suding, FDP

Amtsinhaberin Johanna Wanka könnte überraschend aufhören. Zwar gilt sie als versiert und vom Fach. Viel bewirkte sie aber nicht, eine Hausmacht in der CDU hat sie auch nicht. Die FDP dagegen könnte versuchen frischen Wind ins Ressort zu bringen und ihre Hoffnungsträgerin Suding damit beauftragen – nach dem Motto: Bisher geschah nichts, jetzt kommen wir.

Bundesminister für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: David McAllister, CDU

Europa schmeckt zwar dem Christdemokraten aus Niedersachsen, dort arbeitet er nach seiner traumatischen Niederlage als Ministerpräsident im Europäischen Parlament. Aber zum einen braucht Merkel ein Gegengewicht zum aufstrebenden Jens Spahn. Und zum anderen hätte McAllister nichts gegen mehr Scheinwerferlicht einzuwenden. Im neuen Amt könnte er sich positionieren als Nachwuchshoffnung der CDU.

Bundesminister für Gesundheit: Hermann Gröhe, CDU

Lautlos verrichtet der Amtsinhaber seinen Job, auch dank einer gut gefüllten Kasse. Würde gern weiter nach oben dringen, aber dafür müsste er sich mehr profilieren. Wird also weiterhin fleißig dieses schwierige Feld beackern.

Bundesministerin für Justiz: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, parteilos

Lange wird nach einem parteineutralen Kandidaten gesucht, um die Koalitionsarithmetik zu erhalten. Doch es findet sich niemand. Finanz- und Verfassungsrechtler Paul Kirchhof winkt ab, Verfassungsrichter Andreas Voßkuhle fühlt sich in seiner Aufgabe zu wohl. Bleibt nur die ehemalige langjährige Justizministerin, sie wird vor allem für das Koalitionsklima gebraucht: Der FDP ist Leutheusser-Schnarrenberger lieb, weil sie eine Liberale ist. Die Grünen können mit ihr leben, weil ihr Bürgerrechte nicht schnurz sind. Und die CSU schätzt an ihr zumindest, dass sie in Bayern lebt. Um der Konstellation willen tritt sie aus der FDP aus.

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