"Ich konnte am Ende teilweise nicht mehr atmen"

Nach sechs Wochen unter der Maske wurde Max Mutzke bei Finale von "The Masked Singer" zum Sieger gekürt. Im Interview spricht er über eine unverhoffte zweite Chance, plötzlich entflammten Ehrgeiz und die Geheimhaltung in der Show.

Die ungewöhnliche Gesangsshow "The Masked Singer" war zweifelsohne das größte Fernsehevent des bisherigen Jahres. Über sechs Wochen hinweg mutmaßten die zahlreichen Fans, welche Prominenten sich wohl hinter den aufwendigen Kostümen von Kudu, Grashüpfer, Schmetterling und Co. verbergen. Im großen Finale der ProSieben-Show machte sich Sänger Max Mutzke in seiner Rolle als Astronaut zum Sieger. Bekannt wurde der gebürtige Schwarzwälder einst dank Stefan Raab, der Mutzke 2004 entdeckte und als Sieger der Castingshow "SSDSGPS" (Stefan sucht den Super-Grand-Prix-Star) zum Eurovision Song Contest nach Istanbul schickte. Für den heute 38-Jährigen war es der Beginn einer erfolgreichen Musikkarriere, im Laufe derer er sich von Pop über Jazz bis Soul in vielen verschiedenen Genres als musikalischer Querdenker erwies. Nun steht in seiner Vita auch der Sieg in der ersten Staffel von "The Masked Singer".

teleschau: Herzlichen Glückwunsch zum Sieg bei "The Masked Singer". Was bedeutet Ihnen dieser Triumph?

Max Mutzke: Für mich war das etwas ganz Besonderes. Ich mache schon mein ganzes Leben lang Musik, bin in einer Familie voller Musiker groß geworden und war schon immer viel auf Live-Konzerten. Musik ist das Hobby, das ich schon immer hatte. Irgendwann kam dann die Show bei Stefan Raab vor 15 Jahren. Dort war ich irgendein Typ aus dem Schwarzwald ohne Gefühl für Outfits oder sonst etwas. Der Aha-Effekt damals war natürlich enorm. Ich kann mich erinnern, dass die Menschen nach meiner ersten Performance so richtig durchgedreht sind, und das hat mir einen enormen Schub gegeben.

teleschau: Haben Sie etwas Ähnliches nun auch bei "The Masked Singer" erlebt?

Mutzke: Als ich das erste Mal auf die Bühne von "The Masked Singer" gegangen bin, war es das gleiche Gefühl wie vor 15 Jahren. Die Leute sind im Song aufgestanden und haben losgeschrien. Das war fast ein wenig so, als wäre man trocken und hat dann doch noch einmal etwas eingeworfen, wo man sich denkt: "Geil, so hat sich das angefühlt. Jetzt ist man wieder drauf." Dabei hatte ich mich eigentlich damit abgefunden, dass dieser Aha-Effekt dir nur einmal im Leben vergönnt ist und habe mich zu den ganz glücklichen Menschen gezählt, die das einmal erleben durften. Nun tat sich plötzlich die Chance auf, das Gleiche noch einmal erleben zu dürfen, aber mit einer ganz anderen Reife.

"Das war fast wie eine Therapie"

teleschau: Standen Sie als professioneller Sänger unter einem besonderen Druck, die Show gewinnen zu müssen?

Mutzke: Ehrlich gesagt bin ich anfangs mit einer ganz anderen Einstellung reingegangen. Man wird für die Show ja auch bezahlt, weil man sechs Wochen seiner Zeit komplett opfert. Zunächst habe ich mir ganz unromantisch gedacht: "Wenn ich in der ersten Folge rausfliege, habe ich den Rest des Monats frei, kann spontan Konzerte spielen und an der Baustelle zu Hause arbeiten." Erst als ich in dem Outfit drinsteckte und gemerkt habe, was das in mir auslöst, wollte ich weiterkommen und das Spiel holen.

teleschau: Wie hat sich dieser neuentdeckte Ehrgeiz dann geäußert?

Mutzke: Ich hatte das große Glück, nicht einmal zu wackeln, sondern durchzumarschieren. Sobald du gesungen hattest und wusstest, du bist kein Wackelkandidat, konnte man direkt mit dem Outfit Backstage gehen, sich ausziehen und nach Hause fahren. Das Erste, das ich nach meinen Auftritten immer gemacht habe, war meine "Musikzentrale" anzurufen, um die geplanten Nummern für die nächste Woche über den Haufen zu werfen. Stattdessen war mein Anspruch: "Wir müssen was Fetteres, Epochaleres, Spektakuläreres finden."

teleschau: Dank der Indizien hatten die Fans Sie relativ schnell als Favoriten für den Astronauten ausgemacht. Wie kamen diese Hinweise zustande?

Mutzke: Das passierte schon Wochen vor der Show in einem Hotelzimmer. Aus dem riesigen Haufen von 200 Mitarbeitern gab es nur acht Menschen, die wussten, wer wir wirklich sind. Einer dieser Personen hat man dann einfach drei Stunden über sein Leben erzählt. Das war lustigerweise fast wie eine Therapie. Aus diesem Gespräch wurden dann die Hinweise gewonnen.

"Ich war ein Astronaut in der Schwerelosigkeit"

teleschau: Was überwiegt nach dem Finale: Die Erleichterung, sich demaskieren zu dürfen, oder der Wehmut, dass die Show vorbei ist?

Mutzke: Ungefilterten Sauerstoff zu atmen, ist schon einmal der Wahnsinn. Diese sechs Wochen im Kostüm waren sehr anstrengend. Gerade das Finale war, was die Aufmerksamkeit betrifft, noch einmal eine ganz andere Liga. Wir waren am Finaltag und dem Tag zuvor sechs bis acht Stunden in diesem Kostüm. Ich konnte am Ende teilweise echt nicht mehr atmen. Ich bin heute nach drei Stunden aufgewacht und bin die ganze Zeit nur am Essen und am Trinken, obwohl ich gestern keinen Alkohol getrunken habe.

teleschau: Was war Ihnen bei den Darbietungen als Astronaut besonders wichtig?

Mutzke: Nach dem Sieg bin ich total dankbar, besonders dem Publikum, das von meinen Gesangsperformances so emotional gepackt wurde - obwohl ich so gut wie keine Performance hatte. Ich wollte bewusst keine Tänzer, sondern nur diesen Soldaten.

teleschau: Einen Soldaten?

Mutzke: Ich interpretiere den Astronauten als bestausgebildetsten Soldaten einer Nation und der soll abliefern wie der Marsianer. Das sind zwar Teamplayer, aber jeder muss in der Schwerelosigkeit die krasseste Leistung bringen. So habe ich versucht, meine Rolle zu interpretieren, und da brauchte ich keine Tänzer, die um mich herumspringen. Das hätte alles kaputt gemacht. Sobald ich mein Kostüm und meinen Helm anhatte, habe ich mich in Zeitlupe bewegt, egal ob auf der Bühne, im Backstage-Bereich oder auf dem Weg in die Garderobe. Ich habe auch keinen Platz gemacht für Leute, die durch mussten, denn ich war in dem Moment ein Astronaut in der Schwerelosigkeit.

"Wir durften kein Wort miteinander sprechen"

teleschau: Wie lief der Austausch zu den anderen Kandidaten?

Mutzke: Gar nicht, denn wir hatten überhaupt keinen Austausch, aber dennoch ein krasses Verhältnis. Im Kostüm sind wir uns immer Backstage über den Weg gelaufen. Aber wir durften kein Wort miteinander sprechen oder Haut zeigen, um Mutmaßungen zu verhindern. Wir waren komplett vermummt und haben die Garderobe auch sofort abgeschlossen. Es kam immer nur ein einziger Betreuer, der sich mit dir die Wochen alleine um die Ohren geschlagen hat. Somit hatte man gar keinen Kontakt zu den anderen Prominenten. Es gibt ja tatsächlich auch ein oder zwei Leute, von denen man die Telefonnummer hat, aber da gab es nie eine SMS mit der Bitte nach Hinweisen.

teleschau: Sie haben also auch erst im Finale die Identität der anderen Prominenten erfahren?

Mutzke: Natürlich. Ich hab mich an keinen Spekulationen beteiligt und keine einzige Performance angeschaut in den ganzen Wochen. Die einzige Darbietung, die ich mir aus rein wissenschaftlichen und dramaturgischen Gründen angesehen habe, war mein erster Auftritt in der Show. Die Kommentare darunter oder die Klickzahlen auf YouTube waren mir aber egal. Für meine Psyche war es wichtig, sich davon abkapseln zu können. Auch Backstage ließ ich nicht den Fernseher laufen, um die Sendung zu verfolgen. Das Verhältnis zu den Charakteren ist aber selbstverständlich groß, wenn man sich über sechs Wochen hinweg duelliert. Diese Momente spannen an. Das deutsche Publikum ist ja nicht in der Lage, den Charakter in all seinen Facetten zu erfassen und zu bewerten. Die haben dann doch letztlich die gesangliche Leistung bewertet - mit Ausnahme des Monsters, das die Herzen eroberte. Aber je länger die Show ging, desto wichtiger war die gesangliche Performance.