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Die Methode Kovac: Darauf legt er bei Bayern besonderen Wert

Niko Kovac drückt dem FC Bayern schon seinen Stempel auf

16 Tage nachdem Niko Kovac zum ersten Mal das Training beim Rekordmeister geleitet hat, lassen sich immer mehr Erkenntnisse darüber ableiten, was der Kroate beim FC Bayern vorhat und mit welchen Methoden er es erreichen möchte.

SPORT1 erklärt das Kovac-Training.

Kleidung

Kovac mag es klassisch. Wie sein Bruder Robert leitet er die Einheiten im schwarzen Fußball-Schuh "Copa Mundial" von Adidas.

Beide tragen bei heißen Temperaturen zudem eine weiße Kappe. Zum Repertoire von Cheftrainer Niko gehören zudem eine Trillerpfeife und ausgedruckte Trainings-Notizen. Macht insgesamt einen seriösen Eindruck.

Trainingsdauer

Wie schon in Frankfurt lässt Kovac pro Einheit bis zu zwei Stunden am Stück trainieren. Aus gutem Grund.

"Wir machen nichts anderes als wir im Spiel auch brauchen. Denn haben wir ein Bundesligaspiel, haben wir zwanzig Minuten Aufwärmen, 90 Minuten Spiel plus Pause. So kommen wir auf 125 Minuten. Wenn man zusammenaddiert, wie wir trainieren, ist das ähnlich. Von daher ist das schon wichtig", erklärt Kovac.

Verglichen mit dem Training seiner Vorgänger Jupp Heynckes und Carlo Ancelotti hat Kovac die Zügel sichtbar angezogen. Vor allem unter dem italienischen Coach waren Trainingsumfang und -intensität in der Saisonvorbereitung deutlich geringer.

Das wenig intensive Programm hatte damals sogar einige Spieler dazu animiert, Extra-Schichten einzulegen. So stellte Arjen Robben aus eigener Tasche einen Privatcoach ein, doch der Niederländer wurde von Ancelotti ausgebremst.

Nicht ganz vergleichbar war die Vorbereitungszeit unter Heynckes, da dieser als Ancelotti-Nachfolger erst im Oktober an der Säbener Straße angefangen hatte und damit nicht die Saisonvorbereitung zu verantworten hatte.

Neu-Trainer Kovac macht aber klar: "Wir haben unsere Kontrollmechanismen und passen auf, dass wir nicht overloaden."

Seine Stars danken es Kovac mit derzeit sehr guten Trainingsleistungen. Auf Trainingsplätzen, die übrigens dauerhaft gewässert werden. Darauf legt Kovac besonders Wert.

Trainingsinhalte

Fast schon Routine sind zwei, drei Runden Warmlaufen um den Platz herum. Anschließend dehnen sich die Spieler – teilweise in Eigenregie. Dann stehen oftmals Sprint- und Koordinationsübungen an. So auch zu sehen bei der Einheit am Donnerstag.

Schon hier unterscheidet sich Kovac deutlich von seinen Vorgängern. Unter Ancelotti machten sich die Bayern-Profis in den ersten 20 Minuten einer Trainingseinheit spielerisch warm, Laufeinheiten gab es so gut wie gar nicht.

Nach dem Aufwärmprogramm arbeitete Kovac am Verschieben und Anlaufverhalten des Teams. Mal ließ er im 3-4-3-System anlaufen, mal im 4-3-3. Auffällig dabei: Die Flügelspieler Franck Ribéry und Arjen Robben liefen den Torwart an. Sandro Wagner setzte den Innenverteidiger unter Druck, erzwang so den Pass auf den Flügel.

Beim ersten Testspiel am Samstag gegen Paris St. Germain (ab 15.30 Uhr LIVE im TV auf SPORT1) will Kovac nicht experimentieren: "Für den Moment werden wir es beim 4-3-3 belassen. Das System, dass die Bayern eh immer spielen. Wir wollen aber zusehen, dass wir im 4-3-3 gewisse Änderungen haben können. Im 3-5-2 oder 3-4-3 - abhängig vom Gegner und vom Resultat."

Immer wieder trainierte Kovac am Donnerstag auch das Pressing-Verhalten. "Der Flugball ist ein Pressingzeichen", rief Kovac wiederholt. Soll heißen: Spielt der Gegner einen langen Ball, muss das Team sofort in Richtung des adressierten Spielers anlaufen und diesen unter Druck setzen.

Bei einer der gelungenen Aktionen rief Kovac: "Seht ihr, Männer? Machen wir Druck, passieren Fehler. Ohne Druck hat der Spieler drei, vier Aktionen."

Sprache

Kovac gibt klare, lautstarke Kommandos und unterbricht das Training sehr oft. Seine Co-Trainer Robert Kovac und Peter Hermann hingegen sind die stillen Beobachter. Kovac spricht alle Spieler bewusst mit "Männer" an, gibt Anweisungen auf deutsch und englisch.

Oftmals gibt Kovac das Kommando "Sandwich". Auf SPORT1-Nachfrage erklärt der Kroate:

"Damit meine ich das Doppeln. Wenn mich ein Ball passiert, gerade in der Defensive, muss ich zusehen, dass ich der nächsten, hinteren Linie auch helfe. Es bringt nichts, dann nur zuzuschauen. Die Angreifer müssen den Mittelfeldspielern helfen. Die Mittelfeldspielern den Abwehrspielern, um in Ballnähe Überzahl zu schaffen. Denn Überzahl bedeutet, dass ich dort agiler gegen den Ball arbeiten kann als im Eins gegen Eins."

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Standards

Auffällig ist auch, dass Kovac großen Wert auf das Einstudieren von Standardsituationen legt. Am Donnerstag ließ der frühere Nationalspieler vorrangig Eckbälle einüben.

"Ich habe es in Frankfurt auch schon viel trainieren lassen, weil Standardsituationen das Spiel in eine Richtung lenken können. Für mich war der Stellenwert von Standards schon immer hoch. Bei der WM hat man gesehen, dass sie an Bedeutung zunehmen werden."

Kader

Am Donnerstag ließ Kovac mit 22 Feldspielern plus Torwart trainieren. "22 Feldspieler sind schon das Maximum", findet der Trainer. "Vor allem, wenn man solche Hochkaräter hat. Sind alle fit, muss man sechs Spieler zu Hause lassen."

Beim Trainingslager am Tegernsee (2. bis 9. August) soll das Aufgebot daher nicht mehr als eben jene 22 Feldspieler plus Torhüter umfassen.

Co-Trainer

Früher als erwartet war am Donnerstag bereits Co-Trainer Peter Hermann vor Ort. Eigentlich sollte der langjährige Assistent erst am 25. Juli wieder einsteigen, um die aus dem Urlaub zurückkehrenden Nationalspieler in München zu trainieren.

"Er ist ein toller Mensch und Fachmann", lobt Kovac den Routinier. "Mit seiner ganzen Erfahrung, die er in der Bundesliga und bei Bayern gesammelt hat, wird er mir und Robert helfen."

Der Mitmach-Trainer

Nach dem Verschieben ließ Kovac seine Mannschaft das beliebte Kreisspiel spielen, auch Rondo genannt. Kovac mischte selbst mit und haute sich in der Gruppe um Ribéry, Javi Martinez, Rafinha, Renato Sanches, David Alaba, Sven Ulreich und Paul Will (U23) voll rein.

"Erstens bin ich durch und durch Fußballer. Und die Jungs sind umso motivierter, wenn der Trainer in der Mitte ist. Dann versuchen sie alles, damit ich nicht rauskomme", erklärt der 46-Jährige auf SPORT1-Nachfrage.

Auffällig: Er suchte den Kontakt zu den Spielern, blieb dabei aber authentisch. Rafinha griff er in den Nacken, mit Sanches klatschte er ab, Ribéry grätschte er ab.

"Einerseits bin ich zwar Trainer. Aber ich denke und versuche noch immer zu handeln wie ein Spieler. Mir ist die Nähe zur Mannschaft sehr wichtig."