Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
Kiew (dpa) - Russland stellt seine Gaslieferungen nach Polen sowie Bulgarien ein und verschƤrft die Spannungen mit dem Westen damit weiter. Warschau erklƤrte, man sei auf den Gasstopp vorbereitet. Derweil heiĆt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium, dass die Versorgung in Deutschland weiterhin gewƤhrleistet sei.
Auch die Kriegshandlungen gehen weiter: Die Ukraine beklagte in der Nacht weitere Tote und Verletzte nach neuen russischen Angriffen. Kiew sieht sich zudem auf einen mƶglichen Angriff russischer Truppen aus dem moldauischen Transnistrien vorbereitet.
Kein russisches Gas mehr für Polen
Polens Klimaministerin Anna Moskwa erklƤrte, ab Mittwochmorgen, 8.00 Uhr, werde kein russische Gas mehr durch die Jamal-Pipeline nach Polen flieĆen. Die Auswirkungen des Lieferstopps seien gering. Seit den ersten Tagen des Ukraine-Krieges habe Warschau erklƤrt, dass es für eine vollstƤndige UnabhƤngigkeit von russischen Rohstoffen bereit sei.
Der BevollmƤchtigte der polnischen Regierung für strategische Energieinfrastruktur, Piotr Naimski, versicherte, dass nach Deutschland weiter Gas über Nord Stream 1 flieĆe. Die Versorgungssicherheit in Deutschland sei derzeit weiter gewƤhrleistet, sagte eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstagabend nach der Nachricht aus Polen. Ā«Wir beobachten die Lage genau.Ā»
Polen und Bulgarien bekommen kein russisches Gas mehr. Derweil bereitet sich die Ukraine auf eine neue Front vor ā die Nachrichten aus Transnistrien klingen besorgniserregend. https://t.co/Zuo0EYaYkr
ā Handelsblatt (@handelsblatt) April 27, 2022
Bulgarien: Begrenzung des Gasverbrauchs nicht nƶtig
Auch Bulgarien habe Schritte zur alternativen Gasversorgung unternommen, teilte das Energieministerium in Sofia mit. Vorerst sei keine Begrenzung des Gasverbrauchs notwendig. Man habe seine Verpflichtungen Ā«vollkommen erfülltĀ» und alle Zahlungen für russisches Gas Ā«rechtzeitig und striktĀ» getƤtigt, die der laufende Vertrag erfordert, heiĆt es in der Mitteilung weiter.
Ein örtliches Onlineportal hatte berichtet, dass die Gaszahlung für Mai auf die bisher übliche Weise erfolgt sei, und nicht wie von Gazprom gefordert, über zwei neu eröffnete Konten bei der Gazprom-Bank - in Dollar und in Rubel. Auch Polen will Erdgas nicht wie von Russland gefordert über diese Kontenlösung in Rubel bezahlen. Ende März hatte Kremlchef Wladimir Putin gefordert, dass mit Wirkung zum 1. April westliche Staaten Konten bei der Gazprom-Bank eröffnen müssten, um russische Gaslieferungen zu bezahlen. Andernfalls würden diese für die «unfreundlichen» Länder eingestellt.
Russia will shut off gas deliveries to Bulgaria starting Wednesday, Bulgarian energy ministry says https://t.co/ag6iA4wXjA
ā Jacqueline Phillips (@jphilli88) April 27, 2022
Ukraine meldet weitere Tote und Verletzte
Die Ukraine beklagte nach neuen russischen Angriffen weitere Tote und Verletzte in mehreren Regionen des Landes. Im Gebiet Donezk im Osten seien bei drei separaten ZwischenfƤllen drei Zivilisten getƶtet worden, teilte der Gouverneur der Region, Pawel Kyrylenko, auf Telegram mit. In der GroĆstadt Charkiw im Osten des Landes seien infolge von Beschuss drei weitere Menschen getƶtet und sieben verletzt worden, teilte der Gouverneur der Region, Oleh Synjehubow, auf Telegram mit.
Ukraines PrƤsidentenberater: Krieg kann bis Ende des Jahres dauern
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine kann sich nach Einschätzung des ukrainischen Präsidentenberaters Olexij Arestowytsch noch über viele Monate hinziehen. Sollten etwa aktive Kampfhandlungen im Donbass nach der jetzigen Offensive eingestellt werden und dazu übergegangen werden, Positionen einzunehmen, bedeute dies noch lange kein Ende des Krieges, sagte Arestowytsch in einem YouTube-Interview, wie die ukrainische Agentur Unian berichtete. Die von der Ukraine neu erhaltenen Waffen könnten Ende Mai, Anfang Juni «ernsthafte Auswirkungen» auf das Kampfgeschehen haben. Der Krieg selbst könnte bis Ende des Jahres dauern.
Ukraine: Auf mƶglichen Angriff aus Transnistrien vorbereitet
Die ukrainischen StreitkrƤfte sind auf einen mƶglichen Angriff russischer Truppen aus der moldauischen Separatistenregion Transnistrien vorbereitet. Das sagte der ukrainische PrƤsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Man kenne die StƤrke dieser Truppen und die ukrainischen StreitkrƤfte hƤtten keine Angst vor ihnen. In Transnistrien ist ein Kontingent russischer Soldaten stationiert.
Weitere Eskalation Ukraine: Neben den Provokationen in Transnistrien, die eine neue Front erƶffnen kƶnnten, wurden heute Nacht abermals Angriffe auf Depots in Russland gemeldet (Kursk, Belogrod). (1/3) https://t.co/gf1d5NNIvd
ā tomasz konicz (@tkonicz) April 27, 2022
Selenskyj: Moskaus Ziele gehen weit über Ukraine hinaus
Moskaus Ziele gehen laut Selenskyj weit über die Ukraine hinaus. «Das ultimative Ziel der russischen Führung ist nicht nur die Eroberung der Ukraine, sondern die Zerschlagung des gesamten Zentrums und des Ostens Europas», sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft, die in der Nacht zu Mittwoch auf Telegram veröffentlicht wurde. Auch ein «globaler Schlag gegen die Demokratie» gehöre zu dem Ziel.
Union fordert Entlastungspaket für die Wirtschaft
Die Union forderte die Bundesregierung angesichts der Belastungen auch durch den Ukraine-Krieg zu einem umfassenden Entlastungspaket für die Wirtschaft auf. In einem Bundestagsantrag spricht sich die CDU/CSU-Fraktion unter anderem für ein «Belastungsmoratorium», steuerliche Entlastungen sowie flexiblere arbeitsrechtliche Regeln aus. Die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft müsse gestärkt werden. Der Antrag soll am Donnerstag im Bundestag beraten werden.
Das wird heute wichtig
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine mit seinen Konsequenzen steht im Mittelpunkt der Bundestagssitzung. AuĆenministerin Annalena Baerbock (Grüne) stellt sich den Fragen der Abgeordneten. Dabei dürfte es erneut um die Frage gehen, ob und welche schweren Waffen Deutschland der Ukraine zur Verfügung stellt. Das Bundeskabinett will zudem wegen der stark gestiegenen Energiepreise ein milliardenschweres Entlastungspaket beschlieĆen.
Der bulgarische Energieminister Aleksandar Nikolow will sich am Mittwoch zum Lieferstopp von Erdgas aus Russland ƤuĆern.