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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew (dpa) - In einer Videobotschaft an alle Ukrainer hat Staatschef Wolodymyr Selenskyj seine Landsleute zum Widerstand und zum Durchhalten aufgerufen.

Mit Blick auf die aktuellen Verhandlungen mit der russischen Seite ließ er durchblicken, dass jede Einigung mit dem Gegner dem ukrainischen Volk zur Abstimmung per Referendum vorgelegt werden müsse.

Selenskyj will über Absprachen mit Moskau abstimmen lassen

Selenskyj will über alle in Verhandlungen mit Russland erzielten Vereinbarungen landesweit per Volksabstimmung entscheiden lassen. Das kündigte der Staatschef am Montagabend im Fernsehen an. Die abschließende Form von Kompromissen mit Russland über Sicherheitsgarantien sowie über die besetzten Gebiete der Ukraine müsse in einem Referendum abgesegnet werden. Beide Kriegsparteien verhandeln derzeit miteinander. Konkrete Vereinbarungen gibt es aber bislang noch nicht.

Bei den Verhandlungen mit Moskau geht es zunächst um einen neutralen Status der Ukraine und internationale Sicherheitsgarantien für das Land. «Um einen Ausweg zu finden, muss man einen ersten Schritt machen», sagte Selenskyj. «Und wenn wir das geschafft haben, können wir reden.» Er wäre dann bei einem Treffen mit seinem Widersacher, Kremlchef Wladimir Putin, bereit zu Gesprächen über die besetzten Gebiete. Gemeint sind damit die Krim und die abtrünnigen, selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk. Moskau fordert unter anderem die Anerkennung der Krim als russisches Staatsgebiet.

Er erwarte zwar nicht, alle Fragen bei Gesprächen mit Putin zu lösen. «Aber es gibt eine Chance, einen Teil davon lösen, den Krieg zu beenden», sagte Selenskyj. Zugleich warnte er Putin vor einer Fortsetzung des Kriegs: «Indem er uns vernichtet, vernichtet Putin sich selbst.»

Russische Zeitung nennt hohe Opferzahl in Ukraine

Die kremlnahe russische Zeitung «Komsomolskaja Prawda» hat hohe Zahlen angeblich in der Ukraine getöteter Russen veröffentlicht - und später wieder gelöscht. In einem Online-Artikel vom Sonntag war unter Berufung auf das Verteidigungsministerium die Rede von 9861 russischen Soldaten, die seit Beginn des Kriegs gestorben sein sollen, wie aus einer archivierten Version des Textes hervorgeht. Das wären deutlich mehr als die 498 Toten, die Moskau bislang offiziell bestätigt hat. Einige Stunden später war die entsprechende Passage aus dem Artikel der «Komsomolskaja Prawda» allerdings wieder verschwunden.

Der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak kommentierte auf Twitter, dass «die russische Kunst des Lügens» nicht mehr helfe. «Ein Desaster für die Propaganda Russlands, in der echten Welt gibt es aber fast schon doppelt so viele tote Russen.» Nach ukrainischer Darstellung sind seit Kriegsbeginn bereits knapp 15.000 russische Soldaten getötet worden.

Selenskyj ruft zu Widerstand und Durchhalten auf

Angesichts der zunehmenden Gewalt gegen Zivilisten in der Ukraine hat Präsident Selenskyj seine Landsleute zum Widerstand gegen Russlands Truppen und zum Durchhalten aufgerufen. In einer am Montagabend verbreiteten Videobotschaft appellierte er an die Ukrainer, alles zu tun, um den Staat zu schützen. «Um unser Volk zu retten. Kämpft. Kämpft und helft!» Der in Kiew ausharrende Staatschef rief dazu auf, die «Eindringlinge» zu vertreiben. «Damit die Ukraine lebt, und wir alle gemeinsam mit ihr, frei und in Frieden.»

In seiner Ansprache an das «große Volk der großen Ukraine» bezeichnete Selenskyj die russischen Militärs als «Touristen mit Panzern» und «Sklaven ihrer Propaganda, die ihr Bewusstsein verändert hat».

Ukrainische Spionageabwehr stoppt möglichen Anschlag auf Selenskyj

Die ukrainische Spionageabwehr hat ein mögliches Attentat auf Präsident Selenskyj nach eigenen Angaben gestoppt. Eine Gruppe von russischen Saboteuren, angeführt von einem Geheimdienstler, sei in der Stadt Uschgorod im Dreiländereck zwischen der Ukraine, der Slowakei und Ungarn festgenommen worden, berichtete die Agentur Unian in der Nacht zum Dienstag.

Zum Auftrag der etwa 25 Männer gehörten neben dem Anschlag auf Selenskyj in Kiew auch die Ausführung einer Reihe von Sabotageakten im Regierungsviertel sowie in anderen Landesteilen der Ukraine.

Bürgermeister fordert Zivilisten zum Verlassen von Boryspil auf

Offenbar in Erwartung russischer Angriffe hat der Bürgermeister von Boryspil die Zivilbevölkerung zum Verlassen der Stadt aufgerufen. Sein Aufruf gelte auch für alle Zivilisten, die aus anderen Teilen der Ukraine in die südöstlich von Kiew gelegene Stadt geflüchtet seien, sagte Wolodymyr Borissenko in der Nacht zum Dienstag.

Der Appell zur Evakuierung erfolge aus rein militärtaktischen Gründen. «Die Erfahrung aus anderen Orten, um die gekämpft wird, hat gezeigt, dass die Arbeit der Streitkräfte einfacher ist, wenn weniger Zivilbevölkerung in der Stadt ist», sagte Borissenko.

UN-Vollversammlung will über neue Ukraine-Resolution beraten

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen soll am Mittwoch zu Beratungen über eine weitere Resolution im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zusammenkommen. Für die Beschlussvorlage mit dem Namen «humanitäre Folgen der Aggression gegen die Ukraine» wurde mit breiter Zustimmung in dem mit 193 Mitgliedern größten UN-Gremium gerechnet.