Kriminellen Banden auf der Spur: Wie gestohlene Smartphones in China landen
Investigativjournalisten und die Polizei haben die Spuren gestohlener Smartphones verfolgt und konnten den Weg vieler hochwertiger Geräte bis in eine chinesische Millionenstadt genau verfolgen.
Der Diebstahl hochwertiger Smartphones hat in großen Städten Konjunktur. Doch anders als gedacht werden viele Geräte nicht auf dem nächsten Flohmarkt oder in dubiosen Shops angeboten, sondern treten den weiten Weg nach China an. Dort landen viele dann in der Huaqiang South Road der Millionenmetropole Shenzhen.
Daily Mail und die Metropolitan Police von London haben den Weg der in Großbritanniens Hauptstadt gestohlenen Smartphones nachvollziehen können und geben Einblick, wie die Diebesbanden vorgehen. Ihr Hauptaugenmerk liegt dabei auf überwiegend neuen iPhones von Apple.
Zahlen der Londoner Metropolitan Police zeigen, dass in den Jahren 2017 bis 2023 567.218 Smartphones als gestohlen gemeldet wurden. In Berlin waren es im Jahr 2023 rund 17.600 Handys, deutschlandweit zeigt eine Bitkom-Umfrage, dass rund 18 Prozent der Befragten schon mal ihr Smartphone gestohlen wurde.
Smartphone-Diebe: So gehen die Kriminellen vor
In der britischen Hauptstadt operieren Banden, die auf Motorrädern, E-Scootern oder E-Bikes unterwegs sind und arglosen Passanten ihre Smartphones auf dem Gehweg aus der Hand reißen. In beliebten und viel besuchten Gegenden wie der Oxford Street und der Bond Street sowie dem angrenzenden Mayfair werden besonders viele Diebstähle begangen.
Die Diebe sind meist komplett in Schwarz gekleidet und mit Masken oder Sturmhauben getarnt. Sie nähern sich den Passanten in hohem Tempo von hinten und können unerkannt entkommen. Besonders beliebte Opfer scheinen weibliche Touristen zu sein. Manche Kriminelle arbeiten mit Spähern, die nach potenziellen Opfern Ausschau halten. Besonders beliebt sind Menschen, die ihr Smartphone im Videomodus nutzen und es dabei von ihrem Körper weghalten. An einem einzigen Morgen schaffen manche Diebe es, bis zu 20 Smartphones zu stehlen.
Die Diebe geben die gestohlenen Geräte oftmals schnell an Komplizen weiter. So sind sie das Diebesgut los und können von der Polizei nicht des Raubes angezeigt werden. Denn: Der Komplize kann später im Falle einer Kontrolle einfach behaupten, er hätte das Smartphone gefunden.
Ab dem Moment des Diebstahls kommt es dann darauf an, wer schneller ist - der Besitzer oder der Kriminelle. Damit die Eigentümer das Gerät nicht sperren können, aktivieren die Diebe den Flugmodus. So ist kein Zugriff von außerhalb möglich und die Opfer können sensible Daten auf ihren Smartphones nicht mehr löschen. Das macht sie im Zweifelsfall später anfällig für Erpressung. Oder aber die sensiblen Daten werden weiterverkauft.
Vom Diebstahl in Europa auf den Weg in ferne Länder
Die Diebe, sogenannte "phone-snatcher", verkaufen ihre Beute an Zwischenhändler, Broker genannt, weiter. Für hochwertige Modelle wie das iPhone 16 Pro Max (Test) kann es dann schon mal bis zu 200 Pfund (etwa 240 Euro) geben. Ältere oder beschädigte Smartphones haben mehr oder weniger keinen Wert, da keine Nachfrage besteht.
Um zu verhindern, dass die Smartphones Signale aussenden und somit lokalisiert werden könnten, werden sie oftmals in eine Art faradayschen Käfig gesteckt. Hat ein Broker eine ausreichende Menge gestohlener Smartphones beisammen, werden sie per Schiff nach Shenzhen in China geschickt.
Die Londoner Polizei konnte die Route durch den Suezkanal, an Indien vorbei und durch die Straße von Malakka nachvollziehen. Dabei verfolgten sie mehr als 4.000 iPhones, von denen bei 70 Prozent entweder eine Aktivierung oder Bildschirmsperre eingeschaltet werden konnte. 84 Prozent der gestohlenen Geräte hatte sich wieder mit dem Apple-Netzwerk verbunden.
Von den gestohlenen Smartphones wurden 28 Prozent in Algerien geortet, sieben Prozent in Hongkong, weniger als sechs Prozent in den USA und drei Prozent in Pakistan. Auch in Ländern wie Brasilien, Nigeria und Russland tauchten Geräte auf. In China wurden 20 Prozent geortet.
Endstation China: Was passiert mit den gestohlenen Smartphones?
Ein Großteil der weltweit gestohlenen Smartphones landet letztendlich in Shenzhen im Süden Chinas. Dort, in der Huaqiang South Road, wo sich Warenhaus an Warenhaus reiht, beenden die gestohlenen Geräte ihre Reise fürs Erste. Die Telefone werden dann entweder auf die Werkseinstellungen zurückgesetzt und weiterverkauft oder aber auseinandergenommen, um entweder zu neuen Smartphones zusammengesetzt oder aber ausgeschlachtet zu werden.
Eine andere Art, um mit den gestohlenen Smartphones Geld zu machen, ist es, die ehemaligen Besitzer über ausgeklügelte Phishing-Techniken zu überzeugen, ihre Login-Daten auf täuschend echt aussehenden Seiten einzugeben und so Kontrolle über die Geräte zu erlangen. So können sie Geld von den Konten ihrer Opfer abbuchen oder die Social-Media-Accounts hacken.
Zudem sind die Diebesbanden in der Lage, eine Gesetzeslücke auszunutzen, die die erneute Nutzung von in Großbritannien gestohlenen Mobiltelefonen in Ländern der EU, Australien, Neuseeland und den USA verhindert. In vielen Teilen der Welt, darunter auch China und Russland, werden diese "schwarzen Listen" jedoch nicht verwendet, was sie zum idealen Ziel für gestohlene Mobiltelefone macht.
Klappt weder der Wiederverkauf noch das Phishing, werden die Geräte auseinandergenommen. Immerhin befinden sich etwa 0,034 Gramm Gold, 0,34 Gramm Silber, 0,015 Gramm Palladium und etwas Platin sowie 25 Gramm Aluminium und 15 Gramm Kupfer in den Smartphones. Wertvolle Rohstoffe, die im fernen China wiederverwertet werden.
Zur vollständigen Bestenliste aller Smartphones
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