Kritik auch aus eigener Partei - „Was für eine Schande“: Entsetzen über Ukraine-Satz von SPD-General

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch<span class="copyright">picture alliance/dpa</span>
SPD-Generalsekretär Matthias Mierschpicture alliance/dpa

Der Konflikt über die Finanzierung weiterer Hilfen für die Ukraine spitzt sich zu. Olaf Scholz und Annalena Baerbock tragen den Streit öffentlich aus. Nun eckt SPD-Generalsekretär Matthias Miersch mit seinen Äußerungen an - und erntet scharfe Kritik aus der eigenen Partei.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hat die Bedingungen seiner Partei für neue  Ukraine-Hilfen bekräftigt. „Wir können der Ukraine nichts geben, was wir unseren Rentnern oder den Kommunen wegnehmen müssten. Es braucht also einen sogenannten Überschreitungsbeschluss des Bundestages, damit sich der Staat die zusätzlichen drei Milliarden Euro für die Ukraine leihen kann“, sagte Miersch im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). „Dabei bleiben wir, wir werden keine ungedeckten Schecks ausstellen. Insofern sind jetzt die anderen Parteien am Zuge, für den Überschreitungsbeschluss zu stimmen.“

Miersch: „Das wäre auch verantwortungslos der künftigen Regierung gegenüber“

Nach Darstellung der Grünen ist dafür kein Überschreitungsbeschluss notwendig. Dazu sagte Miersch in der „NOZ“: „Ohne Überschreitungsbeschluss müssten die drei Milliarden Euro für die Ukraine an anderer Stelle eingespart werden. Wir können den Haushalt nicht hoffnungslos überzeichnen, es gibt ja bereits ein Milliardendefizit. Das wäre auch verantwortungslos der  künftigen Regierung gegenüber.“

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Die Ukraine erhalte bereits umfangreiche Unterstützung, betonte der SPD-Generalsekretär. „Deutschland ist größter Unterstützer in Europa. Was die weiteren drei Milliarden angeht: Das liegt jetzt an den anderen Parteien.“

SPD-Außenpolitiker Michael Roth widersprach Miersch und schrieb bei X: „Keine Rentnerin und kein Rentner müssen Angst davor haben, dass wegen unserer Solidarität mit der Ukraine Renten gekürzt werden.“ Das seien Garantieleistungen. „Echte Gefahren für die Rente“ seien die Wirtschaftskrise und die niedrige Erwerbsquote, so Roth.

CDU-Politiker übt scharfe Kritik: „Was für eine Schande“

Der Europa-Abgeordnete Dennis Radtke (CDU) holte bei X zum Rundumschlag aus und attestierte der SPD, mit den Miersch-Aussagen jetzt „auf dem Niveau von AfD und BSW angekommen“ zu sein. Radtke schrieb weiter: „Rentner und Soziales gegen Ukraine Unterstützung auszuspielen ist falsch,dumm und brandgefährlich. Putin darf sich freuen,Weidel und Wagenknecht ebenfalls. Was für eine Schande.“

Agnieszka Brugger, stellvertretende Grünen-Vorsitzende, wurde mit einem Beitrag bei X deutlich: „So ein verlogener Pappkamerad von Miersch! Nichts ist so teuer für alle Menschen wie kein Frieden. Wenn Putin in der Ukraine gewinnt, werden auch die Kosten für uns alle in jeder Hinsicht extrem hoch.“

Scholz und Baerbock tragen Konflikt öffentlich aus

Kanzler Scholz hatte bekräftigt, dass er zusätzlichen Waffenlieferungen in die Ukraine im Wert von drei Milliarden Euro nur bei einem Aussetzen der Schuldenbremse zustimmen will. Den indirekten Vorwurf von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), dass er das Thema zu Wahlkampfzwecken missbrauche, wies Scholz in einer Pressekonferenz in Berlin zurück. „Wer da so sein Fähnchen in den Wind hängt, will ich mal undiskutiert lassen“, sagte er. Baerbock hatte „Politico“ gesagt, es schmerze sie, dass im Wahlkampf manchen der Gewinn von Stimmen für die Bundestagswahl im Zweifel wichtiger sei als Europas Verantwortung für Frieden.

Die Grünen sind wie FDP und Union der Meinung, dass eine Finanzierung der Ukraine-Hilfe über eine „außerplanmäßige Ausgabe“ möglich ist. Diese müsste vom zuständigen Verteidigungsminister Boris Pistorius ( SPD ) beantragt und von Finanzminister Jörg Kukies (SPD) genehmigt werden. Nach Artikel 112 des Grundgesetzes darf eine solche Zustimmung aber „nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden“. Ein Beispiel für eine solche Ausgabe waren 2013 Soforthilfen für Flutopfer nach schweren Überflutungen in Teilen Deutschlands.