Kunden müssen es ausbaden: Solar-Boss haut mit Millionensumme ab
Eine Solarfirma aus dem bayrischen Oberschleißheim versprach ihren Kunden die Installation von Photovoltaik-Anlagen in kürzester Zeit. Der Boss der Firma scheint untergetaucht zu sein – und hat offenbar eine Millionensumme mitgenommen.
Hohe Stromkosten und sinkende Preise für Photovoltaik-Anlagen machen das Geschäft sowohl für Eigenheimbesitzer als auch für Solaranbieter und -installateure äußerst lukrativ. Die Nachfrage ist hoch, und das Geschäft gilt als gewinnträchtig. Leider zieht dieser Boom auch Betrüger an, wie ein aktueller Fall aus dem bayrischen Oberschleißheim zeigt.
Laut einem Bericht des Münchner Merkur warb die Firma "Go Solar GmbH" aus Oberschleißheim mit verlockenden Versprechen wie "Teure Strompreise waren gestern" und der Zusicherung, dass die bestellten Photovoltaik-Anlagen "in wenigen Wochen auf dem Dach" installiert sein würden. Anfangs schien alles reibungslos zu laufen, doch nun ist der Geschäftsführer der Firma offenbar abgetaucht – zusammen mit einer Millionensumme, die auch die Anzahlungen vieler Kunden umfasst.
Der Boss ist mittlerweile untergetaucht
Hinter der "Go Solar GmbH" steckt ein Mann, der dem Merkur-Bericht zufolge aus Nigeria stammt. Laut North Data, einer Online-Plattform, die Unternehmenskennzahlen und weitere finanzielle Analysen bereithält, steht der "Go Solar"-Geschäftsführer im Zentrum eines Geflechts weiterer Unternehmen mit ähnlich lautenden Namen. Laut den Daten von North Data soll die Person schon seit 2016 als Geschäftsführer mehrerer in Deutschland registrierter Unternehmen tätig gewesen sein, die Unternehmen boten "Dienstleistungen im gebäudenahen Bereich".
Obwohl das Geschäft eine Zeit lang gut lief, soll der Geschäftsführer am 18. Juli alle Kontakte zu Geschäftspartnern, Lieferanten und Kunden gekappt haben. Er soll das Geschäftskonto leer geräumt haben, auf das er laut Merkur als einziger Mitarbeiter Zugriff hatte. Es geht um einen Millionenbetrag. Auch die Unternehmenswebseite ist nicht mehr erreichbar. Ein Mann, der als Handelsvertreter für Go Solar tätig war, sagte gegenüber Merkur: "Das riecht nach Betrug". Inzwischen wurde auch die Kriminalpolizei eingeschaltet, diese ermittelt unter dem Aktenzeichen BY 8664-505775-24/1. Laut Merkur sind bereits diverse Strafanzeigen eingegangen.
Im Büro in Oberschleißheim arbeiten noch zwei Mitarbeiter, ein Handelsvertreter und ein Monteur, die jedoch von dem spurlosen Verschwinden des Geschäftsführers ebenso überrascht wurden. In der Unternehmenszentrale rufen pausenlos besorgte Kunden an, wollen wissen, warum vereinbarte Termine nicht eingehalten wurden. Die beiden verbliebenen Mitarbeiter wollten die Kunden eigentlich selbst kontaktieren, das sei allerdings nicht möglich gewesen: "Das Marketing lief über eine externe Firma. Die sitzt in Dubai, wurde nicht mehr bezahlt und rückt die Kundendaten nicht heraus."
Nicht nur die Marketingfirma in Dubai soll offene Forderungen haben: Laut Merkur muss Go Solar auch Strom, Vertrieb und das Partnerunternehmen Viessmann noch bezahlen. Auch die Anzahlungen zahlreicher Kunden sind weg, Go Solar verlangte rund 40 Prozent im Voraus, einige Kunden sollen sogar bereits den Komplettpreis von rund 17.000 Euro für eine "Photovoltaik All-In-One-Anlage" vorab gezahlt haben. "Es tut mir leid für die Kunden", so der Handelsvertreter, "aber das Geld ist wohl weg."
Einer der geneppten Kunden hat einen Kredit in Höhe von 18.000 Euro aufgenommen, habe die Solaranlage komplett vorab gezahlt und steht nun mit seiner Familie "vor den Scherben", wie der Familienvater gegenüber Merkur erklärt. "Es ist ein Potpourri an Straftaten, von Urkundenfälschung über Unterschlagung bis Betrug – und dieser wurde sehr professionell eingefädelt", so der enttäuschte Kunde weiter.
Partner und Kunden sind schockiert
Besonders brisant ist, dass der bekannte Wärmepumpen- und Solaranlagenhersteller Viessmann als Kooperationspartner von Go Solar fungierte. Der bekannte Markenname dürfte für einige Kunden vertrauenerweckend gewirkt haben, wie ein enttäuschter Go-Solar-Kunde im Viessmann-Forum berichtet.
Auch bei Viessmann zeigt man sich überrascht über das Verschwinden des Go-Solar-Geschäftsführers. Eine Unternehmenssprecherin äußerte gegenüber dem Münchner Merkur, dass man es bedauere, dass der Markenname offenbar für kriminelle Zwecke missbraucht wurde. Die Rückmeldungen von Verbrauchern deuteten darauf hin, dass trotz Vorauszahlungen Leistungen nur teilweise oder gar nicht erbracht wurden.
Viessmann betonte, dass es dem Unternehmen ein Anliegen sei, sicherzustellen, dass die Betreiber ihrer Lösungen fair behandelt und vor kriminellen Machenschaften geschützt werden. Das Unternehmen plant, seine offenen Forderungen gegenüber Go Solar rechtlich geltend zu machen und die nicht gezahlten Rechnungen einzuklagen, die einen erheblichen finanziellen Umfang haben. Betroffenen Kunden rät Viessmann, die örtlichen Behörden zu kontaktieren und Anzeige zu erstatten.
EFAHRER.com empfiehlt allen Interessierten, sich beim Kauf einer Solaranlage auf etablierte Anbieter zu verlassen, die schon lange am Markt tätig sind und viele positive Kundenerfahrungen vorweisen können. In einem großen Photovoltaik-Anbieter-Test hat EFAHRER.com elf solcher Anbieter geprüft.
Dr. Christina Bönning-Huber, juristische Ansprechpartnerin beim Solarenergie Förderverein Deutschland (SFV), rät zudem, bei der Anzahlung vorsichtig zu sein und einen gewissen Anteil des Gesamtpreises nicht zu überschreiten. Sie erklärt im Interview mit dem SFV: "Faustformel: Man sollte immer noch so viel Geld von der Vertragssumme einbehalten, dass man notfalls den Vertrag von einem anderen Unternehmen erfüllen lassen kann. Wer also einen Vertrag für eine Photovoltaikanlage geschlossen hat, sollte nach der Lieferung der Module möglichst nicht mehr als 50 Prozent der Gesamtkosten als Vorkasse zahlen. Selbst wenn das ganze Material geliefert wurde, sollte man bis zur Fertigstellung der Komplettanlage möglichst noch 30 Prozent einbehalten."
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