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Late Night Berlin: Müde Gags vor Mitternacht

Klaas Heufer-Umlauf im schicken Studio von Late Night Berlin. Foto: Screenshot Pro7
Klaas Heufer-Umlauf im schicken Studio von Late Night Berlin. Foto: Screenshot Pro7

Nein, das war noch nichts. Die erste Folge von „Late Night Berlin”, der neuen Pro7-Show mit Klaas Heufer-Umlauf, war kein Kracher, sondern eine quälend lange Stunde mit Witzen aus dem vergangenen Jahrtausend. Leider.

Leider, weil Klaas Heufer-Umlauf ein sympathischer Moderator ist. Er mag Menschen, hat eine klare Haltung – etwa gegen rechtsradikale Spinner – und scheut sich nicht, seine Meinung zu artikulieren. Bei der ersten Ausgabe seiner Show zeigte er sich dagegen erstaunlich unentschlossen.

Es begann damit, dass er zunächst die Erwartungen dämpfte („Wahrscheinlich bin ich schneller weg, als die neue Freundin von Gerhard Schröder.”), um sich dann mit Late-Night-Gott Harald Schmidt zu vergleichen. Wie seinerzeit Schmidt habe auch er einen Bandleader. Das stimmt. Mehr Gemeinsamkeiten zwischen Dirty Harry und dem sichtlich aufgeregten Heufer-Umlauf gab es jedoch nicht.

Während bei Schmidt nahezu jede Pointe passte, versuchte es sein Nachfolger beispielsweise damit: „Donald Trump und Kim Jong-un treffen sich oder wie ich als Frisör sage: Bad Hair Day.” Frisurenwitze? Im Ernst? Und das war noch nicht einmal der Tiefpunkt. Über die neue Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), die bislang Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Neukölln war, kalauerte Klaas: „Mit ihren Erfahrungen definiert Giffey Familie neu: Vater, Mutter, Tochter und Hurensohn.”

Wer das lustig findet, der kritzelt auch Pimmelsprüche auf Schultoiletten. Noch einer gefällig? „Am Mittwoch wird Merkel als Kanzlerin vereidigt: 16 Jahre Merkel – das sind 32 DM.” Gerne wäre man dabei gewesen, als die Gag-Schreiber solche Granaten ausgebuddelt haben.

Neuigkeit des Abends: Anne Will weint beim „Bergdoktor”

Immerhin mittellustig war das zweiteilige Filmchen „Im Laberinth (sic!) der Macht”: Zuschauer und Promis spielten die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD nach. Heinz Strunk als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier oder Juso-Chef Kevin Kühnert als Juso-Chef Kevin Kühnert – das hatte Charme.

Völlig vergeigt war dagegen der Gesprächsversuch mit ARD-Talkmasterin Anne Will. Heufer-Umlaufs Fragen erinnerten an die eines Schülerzeitungsredakteurs: „Was wolltest du mal werden?” (Schreinerin) „Ist deine Achtung vor Politikern gestiegen oder gesunken?” (Gestiegen) „Liegst du manchmal mit Jogginghose auf der Couch?” (Ja) Außerdem gestand Anne Will, dass sie beim „Bergdoktor” manchmal weint. Noch harmloser geht es kaum. Dazu passte, dass Hip-Hop-Künstler Casper seinen Schwiegermutter-kompatiblen Sprechgesang präsentieren durfte.

Jan Böhmermann stiehlt Klaas die Show

Zu allem Überfluss sorgte ausgerechnet Jan Böhmermann für den Lacher des Abends. Im letzten Werbeblock tauchte plötzlich der ZDF-Spaßmacher auf und sagte: „Warum ich nie in einer Late-Night-Show im Privatfernsehen auftreten würde?” Seine Antwort: „Wegen der nervigen Werbung”. Als Moderator habe man keinen Einfluss darauf, wer wofür werbe, so Böhmermann. „Wenn Klaas das will – von mir aus”. Gleichzeitig wurden Schilder einer Autovermietung eingeblendet. Das war jene Art von Subversivität, die man bei Heufer-Umlauf vermisst hatte.

Fazit: Schwacher Start, aber kein Grund, schon nach der ersten Folge den Stecker zu ziehen. Mit etwas mehr Punk und weniger Pennäler-Humor könnte sich „Late Night Berlin” zu einer kleinen, feinen TV-Perle am Montagabend entwickeln.