Leben wie in den 50ern - Junge Frauen feiern den Trend „Tradwife“: Warum der zur Armutsfalle werden kann
Seit einiger Zeit stellen sich „traditionelle Ehefrauen“ auf Instagram und TikTok dar. Sie zelebrieren ihr Leben mit Haushalt und Kindern, wollen nicht berufstätig sein. Wie gefährlich diese Abhängigkeit von Männern ist, zeigt eine TV-Reportage über Alleinerziehende.
Schauen Sie sich mal ein paar dieser Influencerinnen an, die sich gerade trendgerecht als „Tradwives“ (kurz für „Traditional Wives“)stilisieren. Der Haushalt ist perfekt. Jedes Kissen sitzt millimetergenau. Die Kochtöpfe ergeben ein ästhetisches Ensemble, als würde gleich ein Fototeam eines Interieur-Design-Magazins um die Ecke kommen.
Die Frauen? Gesichter faltenfrei wie die Röcke, das Kleid farblich passend zum Vorhang. Und wenn der Mann abends von der Arbeit nach Hause kommt: dann steht das Essen so hergerichtet da, dass man es direkt wieder als „Foodporn“ posten kann.
Bei Ihnen sieht das anders aus? Schlecht, dann sind Sie vielleicht einer der 2,6 Millionen alleinerziehenden Menschen in Deutschland. Und nicht einer dieser Menschen, die die 50er-Jahre covern und Feminität statt Feminismus propagieren. Witzig, dass auch die AfD in ihrem Parteiprogramm die „traditionelle Frau“ feiert, Abtreibungen ablehnt und die Mutterschaft als Ideal stilisiert.
Abhängigkeit – erst vom Mann und dann vom Staat
Wir sehen in der TV-Reportage „Armutsrisiko alleinerziehender Mütter“ im ZDF, wie die Leben mancher Frauen weniger glamourös sind als auf Social-Media-Plattformen. Also da ist nichts, um davon etwas bei Instagram oder TikTok zu posten.
Im Gegenteil: Mehr als 40 Prozent der Alleinerziehenden hierzulande leben unterhalb der Armutsschwelle. Ein Dasein als „Tradwife“ haben sie sich nicht ausgesucht. Sie hatten einfach nur Pech und meistens die falschen Männer.
Deswegen ist der Trend der traditionellen Ehefrauen, die eine Berufstätigkeit ablehnen, auch so gefährlich. Im schlimmsten Fall driften sie in die Abhängigkeit – erst vom Mann und dann möglicherweise auch vom Staat.
Wo kann eine Alleinerziehende sparen – im Zweifel bei sich selbst
Der Staat zahlt im Notfall ja auch. Es gibt neben dem Kindergeld auch Unterhaltsvorschuss und Sonderleistungen. Wie bei Cindy aus Oldenburg, die drei Kinder hat, aber keinen Unterhalt vom Ex-Mann.
„Ich bin 24/7 komplett allein für alles zuständig“, sagt sie. Das Geld ist knapp. Wo kann man einsparen? „Ich spare am meisten bei mir. Es ist mir egal, was die Leute über meine Kleidung denken.“
Cindy postet nicht auf TikTok, sondern steht um 5 Uhr auf, um die Kinder zu versorgen und zur Schule zu bringen. Das Auto ist kaputt. Geld für ein neues hat sie nicht.
Stress mit Kind, Beruf und Ehe – der Mann weg, das Geld auch
Renata aus München hat Wirtschaftswissenschaften studiert, immer gearbeitet, auch als der Sohn noch im Baby-Alter war. Dann erlitt ihr Junge zwei Schlaganfälle, ist seither körperlich eingeschränkt und besucht eine Sonderschule.
Und ihr Mann? Dem wurde der Stress mit krankem Kind, dem Beruf und der Ehe zu viel. Von heute auf morgen hat er seine Familie verlassen. Den Unterhalt von 650 Euro musste Renata einklagen. Sie selbst verdient 1900 Euro netto in Teilzeit. Das Gehalt geht schon fast für die Miete weg. In ihrem Job hat sie zwar mit Millionenbeträgen zu tun, privat muss sie auf den Cent genau rechnen.
Die Politik plant nicht, mehr für Alleinerziehende zu tun
Die Politik hat laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung nicht vor, Alleinerziehende steuerlich zu entlasten und weitere Hilfen anzubieten.
Die „Tradwives“ plagen solche pekuniären Niederungen vermutlich nicht. Für ihr Lebensmodell suchen sie sich einen gut verdienenden oder gar reichen Mann. Der muss dann nur dauerhaft bleiben in dieser wiederauferstandenen perfekten 50er-Jahre Idylle der jungen Frauen.