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Lewandowskis große Chance auf den Müller-Rekord

Robert Lewandowski kann in der Champions League einen Uralt-Rekord von Gerd Müller knacken. Auch eine Bayern-Bestmarke von Jürgen Klinsmann hat er vor Augen.

Immer weniger Menschen haben ihn noch spielen sehen, aber fast alle kennen seinen Namen: Gerd Müller, der "Bomber der Nation", der vielleicht beste Torjäger der Welt, jedenfalls der beste deutsche.

1978 hat er im Trikot der Bayern sein letztes Tor in diesem Land geschossen, ging nach Amerika und beendete 1983 seine Karriere in dem Bewusstsein, dass seine Rekorde wohl für die Ewigkeit sein dürften.

Statistiker ermittelten in 1222 Spielen im Seniorenbereich sagenhafte 1497 Tore, inklusive Testspiele. Er schoss die meisten Bundesligatore (365), die meisten Europacuptore eines Deutschen (66), die meisten DFB-Pokal-Tore (78), die meisten Länderspieltore (68), gewann am häufigsten die Torjägerkanone (sieben Mal) und hielt auch diverse Saisonrekorde - allen voran die 40 Bundesligatreffer in der Spielzeit 1971/72.

Den Länderspielrekord ist er mittlerweile los, doch hat Miroslav Klose für seine 71 Tore mehr als doppelt so viele Spiele gebraucht. All die anderen Bestmarken schienen auf Jahrzehnte hin in Sicherheit, bis ein gewisser Robert Lewandowski auftauchte.

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Zwölf Müller-Tore zählen nicht

Der Pole kam Müller in der abgelaufenen Saison schon ziemlich nahe - was den 40-Tore-Rekord anging. Er kam auf 34 und wer weiß, wie viele es geworden wären, hätte er ausgerechnet in Bayerns Super-Rückrunde nicht drei Partien verpasst? Dennoch ist für "Lewy" noch nicht alles verloren.

Da er diese Saison zudem sechs DFB-Pokal-Tore und 13 in der in Lissabon fortgesetzten Champions League erzielt hat (gesamt: 53), kann er Gerd Müller nun den deutschen Rekord nach Pflichtspieltoren für seinen Verein in einer Saison abjagen.

Der Bomber kam 1972/73 nämlich auf 55 Treffer: 36 in der Bundesliga, sieben im DFB-Pokal und zwölf im Europacup der Landesmeister. Die zwölf Tore im damals wegen der Olympia-Pause als Überbrückungsrunde eingeführten "Ligapokal" zählen Statistiker zumeist nicht als Pflichtspieltore.

Bayern spielte damals gegen Zweitligisten, außerdem war die Teilnahme freiwillig. Um mehr Freizeit zu haben, verloren die Stars um Kaiser Franz sogar absichtlich gegen Bayern Hof mit 4:5 und schieden aus. Dieses Farce-Turnier darf niemand ernsthaft mitzählen.

Lewandowski braucht noch zwei Tore

Lewandowski muss also in der Champions League, die für die Bayern maximal noch drei Spiele bereithält, ab Freitag noch zweimal treffen, um gleichzuziehen. (Champions League: FC Barcelona - FC Bayern, Fr. ab 21 Uhr im Liveticker)

Dann hätte er zudem den Vereinsrekord von Jürgen Klinsmann eingestellt, der 1995/96 für Bayern 15 Europapokal-Tore im UEFA-Pokal erzielte, der später zur Europa League wurde.

Wie war das damals bei Gerd Müller? Im Sommer 1972 war er auf dem Karrierehöhepunkt angelangt. Nach 40 Bundesligatoren, die zur Meisterschaft wesentlich beitrugen, schoss er Deutschland in Brüssel zum EM-Titel (vier von fünf Toren) und wurde mit dem Goldenen Schuh für Europas besten Torjäger belohnt.

Viele prophezeiten, dass es nun bergab gehen müsse, doch davon war keine Spur. Obwohl sein Urlaub in Italien verregnet und deshalb unerwartet kurz war (Abbruch nach vier Tagen), startete Müller gut erholt in die neue Saison.

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Doppelpack trotz gebrochener Rippe

Nach 150 Sekunden hatte er in Oberhausen bereits den Ball ins Netz befördert, das erste von 36 Bundesligatoren. Im Europacup-Heimspiel gegen Galatasaray Istanbul (6:0) traf er trotz gebrochener Rippe doppelt und Trainer Udo Lattek schwärmte: "Ein Müller, der mit Schmerzen zwei Tore macht, ist mir auf alle Fälle lieber als ein gesunder Spieler, der keine Tore schießt."

Natürlich profitierte Müller auch von der Klasse der Mitspieler, die Bayern 72/73 waren nicht weniger dominant als die Guardiola-Bayern oder die aktuelle Elf.

Die Meisterschaft fuhren sie früh wie nie ein - am 30. Spieltag, als Müller beim 6:0 gegen Kaiserslautern fünf Tore schoss und seinen eigenen Bundesliga-Rekord einstellte, den Namensvetter Dieter aus Köln 1977 mit sechs Toren in einem Spiel brach.

Erster Spieler mit 200 Bundesliga-Toren

Die Mehrzahl seiner 55 Tore fiel in die Hinrunde (30), aber auch von 25 Rückrundentoren konnten alle anderen deutschen Profikicker nur träumen. Als Müller im Oktober 1972 als erster Bundesligaspieler die 200-Tore-Marke passierte, prophezeite der kicker: "Wahrscheinlich wird Gerd Müller eher sein 300. Tor geschossen haben als ein Verfolger sein 200. Tor."

Die Prognose traf zu. Daran konnte auch Lewandowski nichts ändern. Als Müller im Juni 1976 die 300-Tore-Marke nahm, war er noch gar nicht geboren. Nun kann der am 21. August 32 Jahre alt werdende Pole immerhin einen Müller-Rekord brechen. Dazu müsste er allerdings beweisen, dass er auch gegen große Mannschaften treffen kann - so wie einst Gerd Müller.

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