Von der Leyen bescheinigt Kiew bei Besuch "große Fortschritte" auf Weg in die EU
Bei einem Besuch in Kiew hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen der Ukraine "beeindruckende Reformen" bei ihrem Streben nach einer EU-Mitgliedschaft bescheinigt. "Sie haben große Fortschritte gemacht, viel größere, als man sie von einem Land, das sich im Krieg befindet, erwarten kann", sagte von der Leyen am Samstag vor den Parlamentsabgeordneten in Kiew. Der Besuch erfolgte vor der Vorstellung des diesjährigen EU-Erweiterungsberichts am Mittwoch.
Die Ukraine vollziehe "tiefgreifende Reformen", während sie "einen ausgewachsenen Krieg" führe, sagte von der Leyen. Das Ziel Kiews, den Prozess der EU-Beitrittsverhandlungen bereits in diesem Jahr zu eröffnen, sei "wirklich in Reichweite", betonte die Kommissionschefin. "Sie haben bereits deutlich über 90 Prozent des Wegs hinter sich."
Sie bezeichnete die Reformen der Ukraine als "beeindruckend" und verwies auf die Reform der Verfassungsjustiz, die Besetzung des Hohen Justizrates, ein Antikorruptionsprogramm, Fortschritte bei der Bekämpfung der Geldwäsche sowie wichtige Maßnahmen, um den Einfluss der Oligarchen einzudämmen. Zudem gebe es ein neues Mediengesetz und Fortschritte beim Schutz nationaler Minderheiten.
Für Mittwoch ist die Vorstellung des diesjährigen EU-Erweiterungsberichts geplant. Thema werden unter anderem die Fortschritte der Ukraine, Moldaus und Georgiens mit Blick auf einen möglichen Beitritt sein. In ihrem Bericht könnte die EU eine Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Ukraine empfehlen. Dies würde aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass das Land irgendwann Mitglied der EU wird.
Die Ukraine hatte wenige Tage nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar 2022 ihre Mitgliedschaft in der Europäischen Union beantragt. Nur wenige Monate später, im Juni 2022, erhielt sie den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Dieser Schritt hatte vor allem Symbolwirkung. Die wichtigere Hürde ist die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen.
Damit Beitrittsverhandlungen eröffnet werden können, muss die Ukraine nach dem Willen Brüssels sieben unterschiedliche Bedingungen erfüllen - unter anderem Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung und Justizreformen. Die Erweiterung wird zentrales Thema des EU-Gipfels am 14. und 15. Dezember in Brüssel sein.
In Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ging es zudem um "die finanzielle Unterstützung für den Aufbau der Ukraine als moderne und florierende Demokratie", wie von der Leyen vorab auf X (ehemals Twitter) erklärte.
Die EU berät derzeit über einen Unterstützungsplan für die Ukraine in Höhe von 50 Milliarden Euro. Dieser werde "den Wiederaufbau der Ukraine in den kommenden vier Jahren begleiten", sagte von der Leyen vor dem Parlament in Kiew. Der Plan wird von fast allen EU-Mitgliedstaaten unterstützt, nur Ungarn und die Slowakei lehnen neue Hilfen für die Ukraine ab.
Der Besuch der EU-Kommissionspräsidentin in Kiew war ihr sechster seit Beginn des russischen Angriffskriegs. Vor dem Hintergrund ukrainischer Befürchtungen, angesichts des Kriegs zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas aus dem Fokus zu geraten, bekräftigte von der Leyen, die EU werde "so lange an der Seite der Ukraine stehen, wie es nötig ist".
ck/dja