Von der Leyen nennt Wölfe "echte Gefahr" in Europa
Vor einer "echten Gefahr" durch Wölfe hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag in Brüssel gewarnt. Sie rief die Behörden in den Mitgliedsstaaten auf, Nutztiere und Menschen zu schützen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kündigte bereits an, sie wolle den Abschuss von Wölfen nach Rissen etwa von Schafen erleichtern. Betroffene Bauern wollen am Mittwoch in Brüssel für eine stärkere Regulierung des Wolfsbestandes demonstrieren.
"Die Konzentration von Wolfsrudeln in einigen europäischen Regionen ist zu einer echten Gefahr für Nutztiere und potenziell auch für den Menschen geworden", erklärte von der Leyen. "Ich fordere die lokalen und nationalen Behörden nachdrücklich auf, Maßnahmen zu ergreifen, wo immer es erforderlich ist", betonte sie.
Umweltministerin Lemke will Ende September konkrete Vorschläge für den Umgang mit Wölfen in Deutschland vorlegen. "Mein Ziel ist klar: Abschüsse von Wölfen nach Rissen müssen schneller und unbürokratischer möglich sein", sagte sie der "Welt" vom Montag.
"Wenn Dutzende Schafe gerissen werden und verendet auf der Weide liegen, dann ist das eine Tragödie für jeden Weidetierhalter und eine ganz große Belastung für die Betroffenen", sagte Lemke. Diese Weidetierhalter bräuchten daher "mehr Unterstützung und Sicherheit".
Von der Leyen zeigte sich bereit, gegebenenfalls den Status des Wolfsschutzes in der EU zu ändern und den Rechtsrahmen zu aktualisieren. Dafür sollen Gemeinden, Wissenschaftler und andere bis zum 22. September aktuelle Daten über die Wolfspopulationen und mögliche Gefahren nach Brüssel melden.
Nach der Naturschutz-Richtlinie der EU - der sogenannten Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) - von 1992 genießen Wölfe als einheimische Art in Europa einen besonderen Schutz. Nach Anhang IV der Richtlinie ist Deutschland verpflichtet, Wölfen langfristig einen lebensfähigen Bestand zu garantieren. Bei Risiken kann es aber Ausnahmen geben.
Auch unter der aktuellen EU-Regelung könnten einzelne Wölfe oder ganze Rudel abgeschossen werden, wenn mehrfach Weidetierhalter betroffen seien, erklärte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums am Montag. Der Weg dahin sei bisher aber zu bürokratisch.
Landwirte in Deutschland und anderen europäischen Ländern klagen über zunehmende Gefahren durch Wolfsrudel. Der Deutsche Bauernverband (DBV) will am Mittwochnachmittag in Brüssel für ein härteres Vorgehen der Politik demonstrieren. In der belgischen Hauptstadt kommen die deutschen Ministerpräsidenten dann zu einer Konferenz zusammen.
Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil hat sich bereits dafür ausgesprochen, "bei besonderen Nutzungskonflikten" schneller gegen Wölfe eingreifen zu können. "Unser Ziel ist es, in Brüssel darauf hinzuweisen, dass die europäischen Regeln nicht so starr sein dürfen, dass sie die dringend notwendigen regionalen Lösungen blockieren", sagte er der "Welt".
Die FDP machte ihrerseits eigene Vorschläge zum Umgang mit Wölfen in Deutschland. Der Wolf habe sich in Deutschland etabliert und breite sich stetig weiter aus, heißt es in einem Positionspapier der FDP-Bundestagsfraktion. "Wie jede Wildtierart muss auch der Wolf in Deutschland im Bestand reguliert werden", erklärte der jagdpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Karlheinz Busen. Im Papier wird beispielsweise vorgeschlagen, den Umgang mit dem Wolf nicht mehr im Bundesnaturschutzrecht zu regeln, sondern das Tier auf Ebene der Bundesländer in das Jagdrecht aufzunehmen.
Die Spielräume der europäischen Gesetzgebung müssten "vollständig genutzt werden, um den Wolfsbestand in Deutschland auf ein ökologisch, ökonomisch und sozial verträgliches Maß zu reduzieren", heißt es in dem Zehnpunkte-Katalog weiter. Das Bundesnaturschutzgesetz müsse so ausgestaltet werden, dass "Genehmigungen zur Entnahme schnellstmöglich rechtssicher erteilt werden".
jhm/ilo