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Licht aus an Flughäfen und Einkaufsmeilen: Ist Strom sparen nach spanischem Vorbild etwas für Deutschland?

Die Friedrichstraße in Berlin ist, wie viele andere Einkaufsstraßen in Deutschland auch, selbst dann hell erleuchtet, wenn kaum mehr Fußgänger unterwegs sind. Das kostet viel Strom. - Copyright: fhm/Getty Images
Die Friedrichstraße in Berlin ist, wie viele andere Einkaufsstraßen in Deutschland auch, selbst dann hell erleuchtet, wenn kaum mehr Fußgänger unterwegs sind. Das kostet viel Strom. - Copyright: fhm/Getty Images

Lichter aus, Klimaanlagen runter – die spanische Regierung hat in der vergangenen Woche ein Paket mit verpflichtenden Vorgaben zum Energiesparen beschlossen. Damit will das Land den Gaskonsum um sieben bis acht Prozent reduzieren. Umgehend forderte die Deutsche Umwelthilfe und die Umweltorganisation Greenpeace, Deutschland solle nachziehen: „Die Bundesregierung muss jetzt unbedingt nachziehen und der Verschwendung von Energie hierzulande ein Ende bereiten“, sagte der Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe, Sascha Müller-Kraenner, dem RND. Doch was genau machen die Spanier und könnte der Sparansatz auch für Deutschland funktionieren?

Hier knipst die spanische Regierung das Licht aus

In zahlreichen Gebäuden darf im Winter nur noch auf maximal 19 Grad geheizt und im Sommer nicht unter 27 Grad gekühlt werden. Dabei hat es zum Beispiel in der andalusischen Stadt Sevilla aktuell 39 Grad. Die Maßnahmen gelten für Geschäfte, kulturelle Einrichtungen wie Kinos, Arbeitsstätten, Hotels und den Verkehrssektor, also auch für Flughäfen und Bahnhöfe. In Geschäften sollen Schaufenster nach Ladenschluss nicht mehr beleuchtet und das Licht in öffentlichen Gebäuden, Büros und Denkmälern nach 22 Uhr bei Nichtnutzung ausgeschaltet werden. Neben anderen Maßnahmen müssen Läden und Betriebe mit automatischen Systemen, die bis zum 30. September installiert sein müssen, ihre Türen geschlossen halten, um je nach Jahreszeit das Entweichen von Wärme oder kühler Luft zu vermeiden.

Was in Deutschland bereits getan wird

Manche Maßnahmen aus Spanien stehen auch in Deutschland schon auf der Agenda. Im sogenannten Energiesicherungspaket der Bundesregierung ist als Sparmaßnahme unter anderem festgehalten, dass „Flure, große Hallen, Foyers oder Technikräume, nicht mehr zu heizen (sind), außer, es gibt dafür sicherheitstechnische Anforderungen“. Auf sechs Monate ist die Anordnung der Bundesregierung zunächst vorgegeben.

Auch ein Heizungscheck wird für Eigentümer verpflichtend. Bis zum Ablauf der übernächsten Heizperiode (2023/24) sollen alle Erdgas-Heizungen in Deutschland überprüft werden. Im Jahr 2020 waren in Deutschland rund 6,8 Millionen Gasheizungen in Betrieb. Im vergangenen Jahr kamen noch einmal 653.000 Gasheizungen hinzu – also eine Mammutaufgabe für die Schornsteinfeger und Fachfirmen. Besitzern von privaten Pools ist es untersagt, diese mit Gas zu beheizen. Doch richtige Einschränkungen gibt es im Land sonst nicht. Da greift die spanische Regierung deutlich mehr ins Privatleben ihrer Bürger ein.

Umweltorganisationen wollen weg von Freiwilligkeit

Die Umweltorganisation Greenpeace rief deshalb Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf, „den Aspekt der Freiwilligkeit aus dem deutschen Energiesicherungspaket zu streichen und in die verpflichtende Umsetzung im öffentlichen und industriellen Bereich zu kommen“.

Doch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) gibt zu Protokoll, dass man die ehrgeizigen Pläne aus Spanien nicht als Vorbild nehmen will: „Wir können nicht Vorhaben anderer Länder eins zu eins auf uns umlegen“, sagt eine Ministeriumssprecherin. Denn die Notlagen in Spanien und Deutschland seien nicht vergleichbar: „In Spanien liegt das Problem vor allem beim Strom.“ In Deutschland sehe man hingegen „beim Gas eine größere Einsparnotwendigkeit“, sagt eine Ministeriumssprecherin. Das BMWK selbst spart durch Temperatursenkung beim Heizen, Ausschalten der Klimaanlage und Beleuchtung.

Zudem ist das BMWK auch mit den Kommunen im Gespräch. Eine Nachfrage von Business Insider ergab, dass der Deutscher Städte- und Gemeindebund (DStGB) als Vertreter der Kommunen nicht der Meinung ist, dass es noch mehr Regeln braucht. „Die Städte und Gemeinden richten sich bereits nach Vorgaben aus dem Klimaschutzgesetz, dem Energiesicherungspaket, sowie der Gebäudeeinsparverordnung und der Arbeitsstättenverordnung“, sagt Bernd Düsterdiek, Experte für Stadtentwicklungs- und Umweltfragen beim DStGB.

Jede Gemeinde wisse am besten, wo sie vor Ort mit den Sparmaßnahmen ansetzen könne. Die Beleuchtung von Wahrzeichen zum Beispiel wurde vielerorts schon abgeschaltet und in den Toiletten waschen sich die Behördenangestellten mit kaltem Wasser die Hände. Wesentlich mehr Reduktion würde allerdings eine Umrüstung der bundesweit etwa neun Millionen Straßenlaternen bringen, sagt Düsterdiek. „Damit können Kommunen 70 bis 80 Prozent ihres Stromverbrauchs reduzieren.“ Er fordert mehr Förderung vom Bund, bisher gibt die Regierung 20 bis 40 Prozent zur Beleuchtungssanierung.

Spahn schlägt Energiespargutscheine vor

Die Opposition ist nicht zufrieden mit den Plänen aus Habecks Haus. Jens Spahn, als stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender, unter anderem zuständig für Energie, sagt: „Selbst ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn hat die Ampel noch nicht mal ein klares Sparziel beschlossen. Immer neue Spar-Appelle des Bundeswirtschaftsministers sind kein Ersatz dafür.“ Der CDU-Politiker schlägt vor, Anreize zu setzen: „Mit Energiespargutscheinen ließe sich Gas sparen und Geld sparen verbinden. Beispielsweise, indem gegenüber dem Vorjahr eingesparte Kilowattstunden mit 20 Cent vergütet werden.“ Außerdem beklagt Spahn, dass das Gas-Auktionsmodell für die Industrie von der Bundesregierung auf Oktober vertagt wurde. Durch zögerliches Agieren hätten SPD, Grüne und FDP „seit März viel wertvolle Zeit verloren.“