"Lieber 34. als gar nicht anzutreten": Alonsos Nicht-Qualifikation zum Indy 500

Alonso unterlag im Kampf um den letzten Indy-500-Startplatz in letzter Sekunde

Erst war am Sonntag in Indianapolis stundenlanges Warten angesagt. Doch nachdem sich der zwischenzeitlich starke Regen verzogen hatte, ging es am zweiten Qualifying-Tag für die 500 Meilen von Indianapolis 2019 dramatisch zu.

Die Pole-Position für Simon Pagenaud im Top-9-Shootout rückte dabei sogar in den Hintergrund. Denn unmittelbar zuvor war es im sechsköpfigen Shootout um die letzte Startreihe zum Fernduell David gegen Goliath gekommen.

Kyle Kaiser aus dem unterfinanzierten und arg gebeutelten Team Juncos Racing hat es nach Crash tatsächlich noch geschafft, den zweimaligen Formel-1-Weltmeister und Indianapolis-Rückkehrer Fernando Alonso nach dessen Crash in letzter Sekunde noch aus dem 33-köpfigen Starterfeld zu verdrängen.

Den Ausschlag über Qualifikation und Nicht-Qualifkation im Duell Kaiser vs. Alonso gaben am Ende lediglich 0,019 Meilen pro Stunde Schnitt über vier zusammenhängende Runden. In Sekunden ausgedrückt: 0,013 Sekunden nach vier Runden! .

Sowohl für Kaiser als auch für Alonso war es der zweite Indy-500-Anlauf. Doch Kaiser, der 2018 erstmals am Rennen teilnahm, ist derjenige, der auch 2019 mitfährt. Hingegen muss Alonso, der 2017 bei seinem Indy-500-Debüt überzeugte und sogar führte, diesmal zuschauen. Für Alonso steht mit der dramatischen Nicht-Qualifikation fest, dass er seinen Traum vom Gewinn der "Triple Crown" um mindestens ein Jahr verschieben muss. Dies trägt er aber ebenso wie die knappe Niederlage mit Fassung.

"Ich bin lieber hier, auch wenn ich jetzt 34. bin, als gar nicht erst anzutreten. Im vergangenen Jahr saß ich nämlich zu Hause", erinnert Alonso an den Mai 2018, in dem er sich auf seinen Einsteig in die Langstrecken-WM (WEC) konzentrierte. In dieser wird Alonso aber nach den diesjährigen 24 Stunden von Le Mans (15./16. Juni) vorerst nicht länger fahren. Wie es für ihn weitergeht, lässt er noch offen, kündigt aber an, weiter Rennen fahren zu wollen - unter anderem das Indy 500.

"Ich würde liebend gerne in Zukunft wiederkommen, um die 'Triple Crown' erneut in Angriff zu nehmen. Das ist weiterhin ein Ziel von mir. Ich bin schon in unterschiedlichsten Rennserien angetreten. Und vielleicht fahre ich nächstes Jahr wieder etwas, was außerhalb meiner Wohlfühlzone liegt", so Alonso, ohne weitere Details zu nennen.

Kooperation McLaren/Carlin nicht von Erfolg gekrönt

Anders als bei seinem Indy-500-Debüt 2017 arbeiteten Alonso und McLaren diesmal nicht mit dem Topteam Andretti Autosport zusammen. Stattdessen probierte man es auf (weitestgehend) eigene Faust. Das Einsatzauto wurde direkt bei McLaren in Woking (Großbritannien) aufgebaut. Eine Kooperation, die jedoch nicht soweit ging wie einst jene mit Andretti, hat man mit dem Carlin-Team geschlossen.

Bezeichnend: Neben Alonso waren es ausgerechnet zwei Carlin-Piloten, die im Last-Row-Shootout ebenfalls gescheitert sind: zum einen der kürzlich als neuer Red-Bull-Nachwuchspilot präsentierte IndyCar-Rookie Patricio O'Ward, zum anderen der seit Anfang 2016 auf Vollzeitbasis (seit 2018 mit Carlin) in der IndyCar-Serie aktive Ex-Formel-1-Pilot Max Chilton. Am Wochenende aber hat einzig Carlins Teilzeitstarter Charlie Kimball mit Startplatz 20 die erfolgreiche Qualifikation geschafft.

Startplatz für Alonso nachträglich erkaufen? McLaren schließt es aus

Theoretisch hätte McLaren noch die Möglichkeit, Alonso nachträglich einen Startplatz für das Rennen am 26. Mai zu erkaufen. Denn beim Indy 500 qualifizieren sich traditionell nicht die Fahrer, sondern die Autos. Doch sowohl McLaren-Boss Zak Brown als auch McLaren-Sportdirektor Gil de Ferran geben direkt nach der Enttäuschung um das knappe Verpassen des 33. Startplatzes zu Protokoll, was man von der Kauf-Variante hält.

"Diese Frage kann ich beantworten, ja. Wir werden das nicht tun", stellt de Ferran klar. Brown sieht es genauso und blickt nach vorn. "Wir werden als Kämpfer zurückkehren. Wir werden uns nicht einkaufen, denn wir wollen es uns verdienen", so der McLaren-Boss auf Nachfrage von 'AP'.

Alonso selbst hatte schon am Samstag nach seiner da noch vorübergehenden Nicht-Qualifikation gesagt, dass es, sollte es auch am Sonntag nicht klappen, verdient wäre. Damit spielte der Spanier auf das in der gesamten Trainingswoche vermisste Tempo seines McLaren-Chevrolet an. "Wir waren ja nicht nur heute nicht schnell genug, sondern das triff auf uns bei diesem ganzen Event zu", unterstreicht Alonso nach der Enttäuschung vom Sonntag nachdrücklich.

Und Brown unterstreicht abermals: "Einkaufen kann sich jeder. Wir wollen den Einzug durch Leistung schaffen." Auch Juncos-Teamboss Ricardo Juncos, dessen Fahrer Kyle Kaiser derjenige war, der Alonso in letzter Sekunde noch vom entscheidenden 33. Startplatz verdrängt hat, hält nichts von der Idee, etwa mit McLaren-Geldern seine Budget-Sorgen zu lindern, dafür aber Alonso statt Kaiser fahren zu lassen. Juncos' Antwort auf entsprechende Nachfrage von 'Motorsport.com': "Wir fahren nächstes Wochenende - fertig."

Alonso muss sich bis mindestens Mai 2020 damit trösten, dass er zwei der drei Haken hinter dem Gewinn der "Triple Crown" sicher hat: den Sieg beim Formel-1-Grand-Prix von Monaco (2006 und 2007) und den Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans (2018). Zudem war der Spanier im Januar 2019 bei den 24 Stunden von Daytona siegreich. Und er steht kurz vor dem Gewinn des WEC-Titels 2018/19, was sein dritter WM-Titel nach seinen beiden Formel-1-Titeln (2005 und 2006) wäre.

"Das alles kann man nur erreichen, wenn man es überhaupt probiert", weiß Alonso und stellt damit auch ohne konkreten Termin erneut in den Raum, in Zukunft zum Indy 500 zurückkehren zu wollen, um dann einen neuen Angriff auf den ersehnten Gewinn der "Triple Crown" zu starten.

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