Liebesentzug für den 1. FC Köln

Die FC-Fans haben die Kölner Profis nach der spielerischen Bankrotterklärung mit einem Liebesentzug bestraft.

Beim Auslaufen einen Tag nach der völlig verdienten 0:2 (0:1)-Niederlage im Aufsteiger-Duell bei Union Berlin war am Geißbockheim kein einziger Anhänger zu sehen, was das triste Bild an diesem verregneten Montagmorgen vervollständigte. (Das Spiel zum Nachlesen im Ticker)

Horst Heldt schaute dagegen ganz genau hin, obwohl er an seinem 50. Geburtstag sicher gerne irgendwo im Warmen gefeiert hätte. So aber sah der neue Manager, wie Trainer Markus Gisdol auf dem Platz die Zügel sichtbar anzog. Er ließ statt eines lockeren Auslaufens Elf gegen Elf auf kleine Tore spielen und spornte seine Profis immer wieder an.

Nach dem dritten Spiel ohne Sieg unter seiner Regie will Gisdol endlich mehr Biss und Konsequenz ins fast leblose Kölner Spiel bringen, um den immer wahrscheinlicher werdenden siebten Abstieg der Klubgeschichte doch noch zu verhindern. Dafür nahm er sich Union als Vorbild.

"Von ihnen können wir uns eine Scheibe abschneiden", sagte der 50-Jährige, der den Spielstil der Eisernen so beschrieb: "Nicht schön. Hart. Zupackend. Nicht Foul spielen. Konsequent nach vorne. Nachgehen. Auf Sendung sein. Diese Dinge hat Union total verinnerlicht, das ist ein Orientierungspunkt für uns."

Köln mit Fehlern, die "zum Verlieren einladen"

In den beiden Statistiken, die für den Abstiegskampf besonders relevant sind, lag der FC deutlich hinter Union zurück: Zweikampfquote (44:56 Prozent) und Laufleistung (113,51:117,31 km).

Dazu kommen die teils haarsträubenden Fehler in der Vorwärtsbewegung und das lasche Verteidigen bei Standards. "Einladen zum Verlieren" - so nannte Heldt die Fehler, die den beiden Toren von Unions Doppelpacker Sebastian Andersson (33./50.) vorausgegangen waren.

"Meine Erwartung ist, dass wir überzeugender agieren und uns nicht so leicht ergeben", sagte Heldt.

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Doch ob in der Mannschaft alle so selbstkritisch mit der Leistung umgehen, scheint fraglich. Es werde "aus dem Ergebnis mehr gemacht, als es ist", sagte zum Beispiel Mittelfeldspieler Dominick Drexler: "Ich habe keine tote Mannschaft auf dem Platz gesehen."

Die neutralen Beobachter dagegen schon, und auch die mitgereisten Fans stellten in der miserablen zweiten Halbzeit komplett die Unterstützung ein. Zeitweise drehten sie den Spielern sogar demonstrativ den Rücken zu oder feierten sich mit einer Polonaise selbst. Er habe "absolutes Verständnis" für das Verhalten der Anhänger, sagte Heldt, der die Spieler verstärkt in die Pflicht nahm: "Wir werden konsequent handeln, denn wir können auf keinen warten. Jeder muss bereit sein, alles zu tun. Wenn wir das Gefühl nicht haben, dann versuchen wir die zu finden, die uns das Gefühl geben."

Wahrscheinlich werden Gisdol und Heldt nicht nur verbal ein Zeichen setzen müssen. Wahrscheinlich werden sie im anstehenden Transferfenster auch den ein oder anderen neuen Spieler verpflichten müssen. Doch zuallererst muss das Team die Gunst der eigenen Fans zurückgewinnen, "das Zeichen muss von uns kommen", sagte Heldt. Auch in dieser Beziehung ist Union Berlin ein Vorbild.