"Nicht der Lila-Laune-Bär": Weggefährten schildern in TV-Doku den wahren Jürgen Klopp

Kulttrainer, Medienphänomen, Menschenfänger: Jürgen Klopp steht nach seinem Premier-League-Triumph mit dem FC Liverpool im Zenit seines Schaffens. Eine Dokumentation versucht sich an einem Blick hinter die Erfolgsgeschichte - und zeigt dabei einen "Kloppo", wie ihn nur enge Weggefährten kennen.

Was wird am 25. Juni 2020 am späten Abend wohl im Wohnzimmer von Jürgen Klopp los gewesen sein? Brüllte der Liverpool-Trainer seine Freude ungeniert heraus? Oder genoss er seinen Triumph ruhig und gelassen von der Couch aus? "Intensiv" sei die Beobachtung des Spiels zwischen Chelsea und Manchester City gewesen, so viel verriet der emotional sichtlich angefasste Klopp im Interview mit Sky. Das späte Elfmetertor der Blues hatte nicht nur Liverpools letzten verbliebenen Verfolger in die Schranken verwiesen, sondern gleichzeitig auch den Meistertitel der Elf von der Anfield Road besiegelt. Anlässlich dieses historischen Erfolges - Klopp ist der erste deutsche Meistertrainer der Premier League - ist bei TVNOW ab sofort die Dokumentation "King Klopp - Meistermacher, Motivator, Mensch" verfügbar. Und die zeigt Facetten des Kult-Coaches, die der Öffentlichkeit sonst verborgen bleiben.

Mit dem ersten Meistertitel für die Reds seit 30 Jahren ist die Klopp-Mania in der nordwestenglischen Arbeiterstadt auf einem weiteren Höhepunkt angelangt. "Jürgen Klopp ist sicherlich mit kilometerweitem Abstand inzwischen der bekannteste Mensch in Liverpool. Vielleicht kommt da noch Paul McCartney in die Größenordnung", urteilt Christian Heidel, der einst bei Mainz 05 ein Erfolgsgespann mit dem Trainer bildete. Trotz dieser enormen Popularität habe sich Klopp aber kaum verändert, wie sein Ex-Teamkamerad Guido Schäfer, der mit Klopp die "rostigste Flügelzange" der zweiten Liga bildete, in dem Film versichert.

Was aber steckt hinter dem Phänomen Klopp, der sich an allen seiner Karrierestation als Liebling der Massen entpuppte? Schon im Schwarzwald, wo der 53-Jährige als Schüler beim SC Glatten die Fußballschuhe schnürte, sei er konzentriert auf den Sport gewesen, "kein Partylöwe", wie Klopps ehemaliger Schulkamerad Jens Haas aus dem Nähkästchen plaudert. Trotz begrenztem Talent am Ball, dafür aber mit einem unbändigen Ehrgeiz ausgestattet, schaffte es Jürgen Klopp zum Zweitligaprofi bei Mainz 05, wo er ab 2001 den Trainerposten übernahm.

Ex-Teamkollege über Klopp: "Er kann auch ungerecht sein."

Mit Manager Christian Heidel machte er den strauchelnden Karnevalsklub zum Dauergast in der Bundesliga. "Das ist eine Erfolgsgeschichte, wie es glaube ich in der Art im Trainerbereich noch keine gab. Er ist Menschenfänger par excellance", honoriert Heidel in der Doku die hohe soziale Kompetenz seines einstigen Kollegen.

Trotz seiner offenen Art und seines kumpelhaften Umgangs mit den Spielern kann Kloppo aber auch impulsiv werden, wie Ex-Teamkollege Guido Schäfer zu berichten weiß: "Er kann auch ungerecht sein. Dass er der Lila-Laune-Bär ist, der die Spieler ständig nur herzt, das ist nicht so." Dem pflichtet auch Christian Heidel bei: "Der sch... einen Spieler zusammen, dass du nicht mehr weißt, ob er Männlein oder Weiblein ist, und eine halbe Stunde später nimmt er den in den Arm und eine Stunde später geht der Spieler aus der Kabine und sagt: 'Ich liebe Jürgen Klopp.'"

Ein Interviewausschnitt mit dem Meistertrainer selbst erlaubt einen kleinen Einblick in seine Vergangenheit, einer Zeit vor dem grimassenziehenden Feierbiest Klopp. "Die meiste Zeit meines Lebens haben das nicht viele Leute von mir gedacht. Ich stand dann doch als Jugendlicher mit Schnurrbart und der Brille meines Vaters in der Disko in der Ecke", erinnert sich der 53-Jährige.

Hommage an den "besten Trainer der Welt"

Es bleibt eine der wenigen tiefgründigen Facetten eines Filmbeitrages, der sich ansonsten zur (verdienten) Jubelarie auf den momentan "besten Trainer der Welt" (Liverpool-Legende Steven Gerrard) aufschwingt. Für Nostalgie sorgen alte Aufnahmen von den Meisterfeierlichkeiten auf dem Dortmunder Borsigplatz oder vom langersehnten Champions-League-Titel mit Liverpool 2019 aber allemal.

Und eines ist klar: Mit dem Meistertitel in der Premier League hat sich Jürgen Klopp in der Stadt am Mersey River endgültig unsterblich gemacht. Davon zeugte auch der Menschenauflauf rund um die altehrwürdige Anfield Road nach dem Triumph. Rot-weißer Rauch und strahlende Fans, wohin man blickte - selbst Corona rückte dabei einmal kurz in den Hintergrund.