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Lindner rügt Stillstand: «Absitzen bis 2021 reicht nicht»

Agriffslustig: FDP-Chef Christian Lindner während des Dreikönigstreffens im Stuttgarter Opernhaus.
Agriffslustig: FDP-Chef Christian Lindner während des Dreikönigstreffens im Stuttgarter Opernhaus.

Die Dinge «groß denken» - das ist das Motto des FDP-Chefs für die 20er Jahre. Die große Koalition verliere sich dagegen im Klein-Klein. Lindner macht deshalb an Dreikönig in Stuttgart ein Angebot.

Stuttgart (dpa) - FDP-Chef Christian Lindner hat vor politischem Stillstand in Deutschland gewarnt und eine Mitarbeit der Liberalen bei nötigen Weichenstellungen angeboten.

«Wir sind bereit zur Übernahme von Verantwortung, wenn die politischen Inhalte stimmen», sagte er am Montag beim traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart. Er warf Union und SPD vor, die eigentlichen Probleme des Landes nicht anzupacken. «Deutschland braucht bei diesem Wechsel der Jahrzehnte eine Regierung, die durchstartet. Bloßes Absitzen bis 2021 reicht nicht mehr.»

Der Vorsitzende der Freien Demokraten sagte voraus: «Wir haben eine Sozialdemokratie, die in den nächsten Monaten aus Profilierung versuchen wird, die Union zu erpressen, um Zugeständnisse zu machen oder einen Exit aus dieser Regierungskoalition zu finden.» Konkret warnte er CDU und CSU, sie sollten sich nicht von der SPD «zu irgendeiner törichten Schuldenpolitik erpressen lassen». Lindner betonte: «Es gibt im Parlament Alternativen.»

Zwar seien die Menschen an Stabilität interessiert und hielten am regulären Wahltermin 2021 fest. Angesichts der Lage der SPD und angesichts des Umstands, dass inzwischen auch die Unionsparteien von diesem Erosionsprozess angesteckt würden, könne man aber nur sagen: «Es ist alles besser als dieser Status quo, auch eine zeitweilige Minderheitsregierung oder auch Neuwahlen in diesem Land, denn wir haben keine Zeit zu verlieren.»

Auf der Bühne der Stuttgarter Oper warb Lindner um enttäuschte Anhänger von SPD und Union wie Facharbeiter und Bauern, die sich politisch heimatlos fühlten. «Und wenn diese Menschen eine politische Heimat suchen, dann laden wir sie ein. Möge in den Medien geschrieben werden, jetzt sei die FDP die neue Arbeiter- und Bauernpartei.»

Er habe sich nicht träumen lassen, einmal Vorsitzender einer solchen Partei zu werden, meinte Lindner ironisch. «Es stimmt auch nicht. Wir sind keine Arbeiter- und Bauernpartei, so wenig wie eine Apotheker- und Unternehmerpartei.» Es sei ein Irrtum zu glauben, dass alle Facharbeiter linke Politik und alle Bauern rechte Politik wollten. Lindner kündigte einen Aktionstag am 30. April an, also vor dem Tag der Arbeit, an dem die Liberalen vor die Werkstore gehen und mit den Arbeitnehmern darüber reden wollten, was ihnen wichtig sei.

Wichtig für die FDP ist in diesen Zeiten auch die Verteidigung des liberalen Rechtsstaats, wie Generalsekretärin Linda Teuteberg betonte. Dessen Gewaltmonopol gelte es angesichts von Morddrohungen und Anschlägen gegen Politiker, der Bedrohung von Journalisten sowie von Hass und Hetze im Internet zu verteidigen. «Niemand hat das Recht, mit der Begründung einer tatsächlich oder vermeintlich höheren Moral das Recht in die eigenen Hände zu nehmen.»

Teuteberg und Lindner sprachen vor einer Leinwand, die einen Blick ins Weltall zeigte und auf der der Slogan «Bleiben wir frei. Denken wir groß.» prangte. Eben dieses Denken im großen Maßstab lässt die GroKo aus Union und SPD aus FDP-Sicht aber vermissen.

Kleinmut und Ängstlichkeit hätten Deutschland im vergangenen Jahrzehnt gebremst, so Lindner. Aber: «Wir haben alle Chancen, es in den 20er Jahren besser zu machen.» Allen würden dazu jetzt neue Weichenstellungen abverlangt. Doch wie sehe der politische Aufschlag aus? «In den Bäckereien gibt's jetzt Olaf to go.» Genüsslich zerpflückte der FDP-Chef die neue Bonpflicht, für die Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verantwortlich zeichnet. Seine Beobachtung sei: «Die Leute nehmen den Bon oft noch nicht mal mit, vielleicht weil sie den Kaffee nicht umtauschen wollen.»