Werbung

Linksfraktion leitet Selbstauflösung zum 6. Dezember ein

Die Linksfraktion hat beschlossen, zum 6. Dezember ihre Selbstauflösung einzuleiten. Das teilte Fraktionschef Dietmar Bartsch nach der Entscheidung am Dienstag in Berlin mit. (TOBIAS SCHWARZ)
Die Linksfraktion hat beschlossen, zum 6. Dezember ihre Selbstauflösung einzuleiten. Das teilte Fraktionschef Dietmar Bartsch nach der Entscheidung am Dienstag in Berlin mit. (TOBIAS SCHWARZ)

Die Linksfraktion hat nach dem Parteiaustritt von Sahra Wagenknecht und deren Mitstreitern ihre Selbstauflösung beschlossen. Die Bundestagsfraktion entschied in ihrer Sitzung am Dienstag, die Auflösung der Fraktion zum 6. Dezember einzuleiten, wie Fraktionschef Dietmar Bartsch nach der Sitzung sagte. Es solle dann schnellstmöglich ein Antrag auf Erreichen eines Gruppenstatus der verbliebenen Linken-Abgeordneten im Bundestag gestellt werden, "um möglichst schnell wieder handlungsfähig zu werden".

Nach dem Parteiaustritt von Wagenknecht und neun weiteren Parlamentariern kommt die Linke nur noch auf 28 Abgeordnete im Bundestag. Zur Bildung einer Fraktion wären 37 Abgeordneten nötig. Bartsch bezeichnete die Auflösung der Fraktion als "gravierenden Einschnitt". Mit Blick auf die fraktionsinternen Konflikte der jüngsten Zeit fügte er aber hinzu: "Lieber einig mit 28 als zerstritten mit 38." Die Haushaltswoche des Bundestags wird die Linke noch als Fraktion bestreiten.

Bartsch sagte, die Linke müsse nach der Abspaltung des Wagenknecht-Lagers die "Chance für einen Neustart" nutzen. Es müsse "Schluss sein mit der wirklich unsäglichen Selbstbeschäftigung." Die Liquidation der Linksfraktion sei "keinesfalls das Ende der Linken", betonte der Noch-Fraktionschef.

In ihrem Beschluss bestimmte die Fraktion zugleich die sogenannten Liquidatoren für den Auflösungsprozess. Diese sind Thomas Westphal, der bisherige Leiter des Vorstandsbüros der Fraktionsvorsitzenden, sowie der stellvertretende Fraktionsgeschäftsführer Uwe Hobler. Die angestrebte Gruppe werde hoffentlich einige der Fraktionsmitarbeiter, die durch den Verlust des Fraktionsstatus ihre Arbeitsplätze verlieren, weiterbeschäftigen können, sagte Bartsch.

Ziel sei es, bei der Bundestagswahl 2025 wieder in Fraktionsstärke in den Bundestag einzuziehen. Dies sei allerdings eine "Herkulesaufgabe", räumte er ein. Nach der Bundestagswahl im September 2021 gelang der Linken nur dank dreier Direktmandate der Wiedereinzug als Fraktion; sie hatte nur 4,9 Prozent der Zweitstimmen errungen. Die drei direkt gewählten Abgeordneten würden in der angestrebten Bundestags-Gruppe eine große Rolle spielen, betonte Bartsch.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte mit Blick auf die angestrebte Gruppenbildung, er stehe für Gespräche zu Verfügung, wenn sie gewünscht würden. Er verwies zugleich darauf, dass der Umgang der anderen Parteien mit diesen Gruppen erst verhandelt werden müsse. Er sei aber "offen für diese Gespräche", betonte Mützenich.

Auch Wagenknecht und ihre neun Gefolgsleute in der bisherigen Linken-Fraktion streben die Bildung einer Gruppe im Bundestag an. Die Abgeordnete Sevim Dagdelen sagte der Nachrichtenagentur AFP mit Blick auf die für Januar angekündigte Parteineugründung: "Der heutige Tag schafft mit der Auflösung der Linksfraktion eine Perspektive für die Gründung einer Partei, die die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung in den Mittelpunkt stellt." Dagdelen betonte: "Mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht wollen wir in Zukunft auch als Gruppe im Bundestag Flagge zeigen."

Die neue Wagenknecht-Partei soll aus dem bereits gegründeten Verein BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) hervorgehen. Ziel ist nach Angaben Wagenknechts, bei der Europawahl 2024 anzutreten. Die Vereinsvorsitzende Amira Mohamed Ali bekräftigte am Dienstag, sie werde ebenso wie die anderen Wagenknecht-Mitstreiter ihr Bundestagsmandat nicht zurückgeben.

"Ich bin Abgeordnete des Deutschen Bundestags", sagte die frühere Linken-Fraktionschefin. "Ich stehe für gewisse Inhalte, für die stehe ich nach wie vor." Führende Linken-Politiker hatten Wagenknecht und ihre Gefolgsleute aufgefordert, ihre durch die Linke erworbenen Bundestagsmandate zurückzugeben.

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte in Berlin, dass sie die Auflösung der Linksfraktion "persönlich als tragisch" empfinde. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte: "Der politische Wettbewerb ist gut. Insofern bedaure ich, dass sich eine Fraktion in Auflösung befindet."

cha/bk