Locked-in-Patient war zwölf Jahre in seinem Körper gefangen

Teenager hörte Mutter sagen: „Ich hoffe, dass Du stirbst“

Martin Pistorius während seiner Locked-In-Zeit (Bild: Martin Pistorius/NPR.org)
Martin Pistorius während seiner Locked-In-Zeit (Bild: Martin Pistorius/NPR.org)

Hinter Martin Pistorius liegt ein schier unvorstellbares Martyrium. Der Südafrikaner war als Junge schwer erkrankt und schließlich in seinem Körper gefangen. Zwölf Jahre lang konnte er keinen Muskel rühren oder sprechen. Der Patient bekam jedoch alles mit, was um ihn herum vorging – selbst, als ihm seine Mutter den Tod wünschte. Schließlich kämpfte sich Pistorius zurück ins Leben.

Elf Jahre lang war Martin Pistorius ein ganz normaler Junge. Er wuchs mit zwei Geschwistern in Südafrika auf und beschäftigte sich am liebsten mit elektronischen Tüfteleien. Dann aber wurde der Zwölfjährige Ende der Achtziger plötzlich von einer mysteriösen Krankheit heimgesucht. Die Ärzte hatten keine Ahnung, worum es sich handelte, tippten aber auf Kryptokokken-Meningitis, eine durch Pilze ausgelöste Hirnhautentzündung, wie die US-Sendeanstalt NPR berichtete. Der Zustand des Jungen verschlechterte sich unaufhaltsam. Schließlich konnte er keinen Muskel mehr bewegen, nicht länger Blickkontakt aufnehmen oder sprechen.

Die Ärzte sagten den Eltern Rodney und Joan Pistorius, ihr Kind vegetiere nur noch vor sich hin und werde bald sterben. Das traf jedoch nicht ein. „Martin hat einfach weitergemacht“, sagte seine Mutter. Der kleine Patient befand sich zu Beginn offenbar in einem Wachkoma. Nach zwei oder drei Jahren erlangte er jedoch sein Bewusstsein zurück. „Ich habe alles wahrgenommen, wie jeder andere normale Mensch“, erinnerte sich der heute 39-Jährige. Seiner Umwelt blieb der enorme Fortschritt aber verborgen, denn Martin konnte sich weiterhin nicht bewegen oder kommunizieren.

Pistorius lebt mit Ehefrau Joana in Großbritannien (Bild: Martin Pistorius/NPR.org)
Pistorius lebt mit Ehefrau Joana in Großbritannien (Bild: Martin Pistorius/NPR.org)


Dem Jungen wurde klar, dass er für den Rest seines Lebens zu totaler Isolation verdammt war. Seine düsteren Gedanken erhielten neue Nahrung, als seine Mutter zu ihm sagte „Ich hoffe, dass Du stirbst“. Mit der Zeit konnte er den Ausspruch aber nachvollziehen. „Jedes Mal, wenn sie mich angeschaut hat, konnte sie nur die grausame Parodie des einst gesunden Kindes sehen, dass sie so geliebt hat.“

Mit der Zeit begann der Jugendliche jedoch, seine geistigen Fähigkeiten zu trainieren – etwa, indem er am Stand der Sonne die Uhrzeit abzulesen versuchte. Irgendwann verbesserte sich auch sein physischer Zustand. Heute nimmt der 39-Jährige wieder ganz normal am Leben teil. Er kann zwar nicht sprechen, kommuniziert jedoch mithilfe eines Computers. Pistorius ist verheiratet und lebt in Großbritannien. Sein Schicksal hat er im Buch „Ghost Boy“ festgehalten.