Lutz Goebel - „Deutscher Staat ist ein Sanierungsfall“: Experte fordert radikale Reformen in Deutschland
Lutz Goebel fordert im Interview mit dem „Handelsblatt“ ein entschlossenes Vorgehen beim Bürokratieabbau. Er sieht den deutschen Staat als „Sanierungsfall“ und betont die Notwendigkeit, etablierte Strukturen zu hinterfragen.
Lutz Goebel, Chef des Nationalen Normenkontrollrats (NKR), fordert von der kommenden Regierung ein entschlossenes Vorgehen beim Bürokratieabbau. Im Interview mit dem „Handelsblatt“ sagte Goebel: „Der Staat muss kleiner werden.“ Er kritisierte, dass die Ministerien immer größer würden und zu viele Abteilungen hätten, was sich Deutschland eigentlich nicht leisten könne.
Goebel betonte, dass es in Großunternehmen üblich sei, dass ein neuer CEO regelmäßig mit einem „eisernen Besen“ durchgehe, was beim Staat jedoch schon lange nicht mehr geschehen sei.
Der NKR überprüft als unabhängiges Beratergremium der Bundesregierung die Kosten neuer Gesetze und sucht nach praxistauglicheren Alternativen sowie einer guten digitalen Umsetzung. Goebel will den Ansatz von Elon Musk, der unter US-Präsident Donald Trump den amerikanischen Staatsapparat entschlacken soll, „sehr aufmerksam“ beobachten. Goebel betonte mit Blick auf die kommende US-Regierung unter Trump, dass man „am Ende“ sehen werde, „was er wirklich durchsetzen kann“. Goebels Auffassung nach „ist aber auch der deutsche Staat ein Sanierungsfall“.
Elon Musks Fähigkeit könne im Kampf gegen Bürokratie hilfreich sein
Er sagte dem „Handelsblatt“: „Musk hat die Vollmacht, brachial vorzugehen.“ Ob ein solcher Ansatz in Deutschland funktionieren könne, sei ungewiss. Aber: Musks Fähigkeit, „etablierte Strukturen zu hinterfragen und Neues zu wagen“, könne auch im Kampf gegen Bürokratie hilfreich sein.
Goebel äußerte sich auch zur aktuellen politischen Lage in Deutschland und betonte, dass nach dem Zerbrechen der Ampelkoalition viele Themen liegen geblieben seien, die nach der Regierungsbildung dringend angegangen werden müssten. Er bedauerte, dass die Wachstumsinitiative der Bundesregierung nicht mehr komme und hob hervor, dass der NKR Vorschläge gemacht habe, um 25 Prozent der Bürokratiekosten in vier Jahren zu reduzieren.
Goebel lobt Habeck-Reform
Positiv hob Goebel die Praxischecks des Wirtschaftsministeriums unter Robert Habeck hervor und lobte den Vorschlag einer Reform des Vergaberechts, die eine jährliche Entlastung von 1,3 Milliarden Euro für Wirtschaft und Verwaltung gebracht hätte. Gleichzeitig betonte er, dass Bürokratie in den Umfragen für Familienunternehmen immer noch das größte Investitionshemmnis sei.
Goebel sprach sich dafür aus, dass der Bürokratieabbau wieder im Kanzleramt angesiedelt werden sollte, und betonte, dass die CDU dem Bürokratieabbau hohe Priorität einräume. Er kritisierte Vorhaben von Arbeitsminister Hubertus Heil, insbesondere die Homeoffice-Pflicht und die Ausgestaltung der Zeiterfassung, und stellte infrage, ob das Arbeitsministerium den Facharbeitermangel erkannt habe.
Abschließend forderte Goebel, dass die Kommunen früher in den Gesetzgebungsprozess einbezogen werden sollten, um den Aufwand möglichst gering zu halten. Er betonte die Notwendigkeit eines grundlegenden Mentalitätswechsels in der Verwaltung und sprach sich für pauschalierte Stichprobentests anstelle von 100-Prozent-Prüfungen aus. „Die Ministerien und Riesenapparate tun sich noch schwer mit Veränderungen“, sagte Goebel dem „Handelsblatt“.