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Münster-OB erklärt Niedrig-Inzidenz bei Lanz: "Man wollte mir das Wort 'Krise' verbieten"

Markus Lewe (CDU) ist Oberbürgermeister der Stadt Münster. Bei "Markus Lanz" erklärte der Kommunalpolitiker, wie seine Stadt bislang vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen ist. (Bild: ZDF)
Markus Lewe (CDU) ist Oberbürgermeister der Stadt Münster. Bei "Markus Lanz" erklärte der Kommunalpolitiker, wie seine Stadt bislang vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen ist. (Bild: ZDF)

Deutschland ist in den letzten Monaten die Pandemie-Kontrolle entglitten. Ganz Deutschland? Nein: Neben Rostock blieb auch im westfälischen Münster die Zahl der Neuinfektionen auf niedrigem Niveau. Oberbürgermeister Markus Lewe nannte bei "Markus Lanz" die Gründe für den Erfolg und geißelte einen folgenschweren "Fauxpas" der Bundesregierung.

Quälend langsam sinkt die Zahl der Corona-Neuinfizierten in Deutschland. Bundesweit liegt der Inzidenzwert nun bei etwa 75. In Münster ist man da schon länger ein gutes Stück weiter, dort liegt die so wichtige Marke bei etwa 24, wie der Oberbürgermeister der westfälischen Studenten- und Fahrradmetropole am Dienstagabend bei "Markus Lanz" bestätigte. Mit Stolz, aber auch mit Zurückhaltung: "Ich sehe diese Zahlen mit einer gewissen Demut", erklärte der CDU-Politiker Markus Lewe im Gespräch mit dem ZDF-Talker. "Das kann sich sehr schnell wieder ändern. Die größten Feinde sind Leichtsinn und die neuen Virusmutationen."

Womit man schon mitten drin war in der Beantwortung der Frage, was in Münster besser gelaufen ist als in vielen anderen Städten und Gemeinden im Land. Einerseits sei da die vorbildliche Haltung der Bürgerschaft zu loben, holte Lewe aus. Die Menschen in der Stadt hätten auch schon in der Flüchtlingskrise die Prinzipien "Achtsamkeit" und "aufeinander zugehen" mit Leben gefüllt. Auf der anderen Seiten habe man im Rathaus von Anfang an Weitsicht walten lassen: Man habe versucht, "immer wieder vor den Ereignissen herzulaufen, immer wieder zu gucken: Was könnte uns erwarten?"

Markus Lanz (links) begrüßte am Dienstag in seiner ZDF-Talkshow den CDU-Politiker Markus Lewe(zweiter von links), dem Epidemiologen Professor Timo Ulrichs und die Kinder- und Jugendmedizinerin Dr. Tanja Brunnert. (Bild: ZDF)
Markus Lanz (links) begrüßte am Dienstag in seiner ZDF-Talkshow den CDU-Politiker Markus Lewe(zweiter von links), dem Epidemiologen Professor Timo Ulrichs und die Kinder- und Jugendmedizinerin Dr. Tanja Brunnert. (Bild: ZDF)

"... dann verlieren die Menschen das Vertrauen"

Schon am 22. Februar 2020 habe man deshalb in der Stadt entschieden, einen Krisenstab einzurichten. Markus Lanz merkte auf: Zu dem Zeitpunkt habe Bundesgesundheitsminister Jens Spahn noch in Interviews "keine Panik" angemahnt, das kriege man alles wieder in den Griff. Lewe bestätigte: "Ich sollte das Wort 'Krise' nicht in den Mund nehmen, das wäre völlig übertrieben und würde die Leute verunsichern." Lanz hellhörig: "Wer hat das gesagt?" Lewe lachend: "Das spielt keine Geige!" Er habe sich jedenfalls nicht verunsichern lassen: "Selbst wenn es übertrieben ist, haben wir eine gute Übung. Doch dann haben sich die Ereignisse überschlagen."

Auf die Frage, welche konkreten Maßnahmen in Münster erlassen wurden, antwortete der seit 2009 amtierende OB: "Informieren, kommunizieren, aber auch ehrlich zu sagen, was wir nicht wissen, das gehörte auch dazu." Eine Maskenpflicht wurde in Münster eingeführt als zweite deutsche Stadt nach Jena - diese sei auch konsequent durch die Ordnungsdienste kontrolliert worden. Längst sei Maskentragen in Münster akzeptiert als "bürgerschaftliche Verantwortung".

In dem Zusammenhang kritisierte Lewe die Bundesregierung dafür, das Maskentragen anfänglich als "unnötig" bezeichnet zu haben, nur weil es zum damaligen Zeitpunkt nicht genügend Mund-Nase-Bedeckungen für alle gab. "Man kann sich einmal so einen Fauxpas leisten", mahnte der Kommunalpolitiker gnadenlose Ehrlichkeit in der Pandemie an. "Aber wenn sich das wiederholt und wenn man nicht offen und ehrlich auch mit unangenehmen Botschaften umgeht, verlieren die Menschen das Vertrauen."

"Wir haben als Politiker gut reden"

Auch was die Impfkampagne angeht, sind die Münsteraner im landesweiten Vergleich schon gut vorangekommen. Alle Alten- und Pflegeheime seien schon durchgeimpft (Lewe: "Ein derbes Stück Erleichterung!"). Der Oberbürgermeister wünscht sich, dass bald schon Lehrer und Erzieher folgen können. Denn: "Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist Perspektivlosigkeit." Speziell bei den Jüngsten: "Wir brauchen einen nationalen Plan, wie wir gerade die sozial benachteiligten Kinder und Jugendlichen wieder auf den Weg bringen." Lewe selbstkritisch: "Wir haben als Politiker gut reden, wir haben alle unsere eigenen schönen Wohnungen, unsere Gärten. Wir müssen intensiv die mit den Blick nehmen, die auf 60, 70 Quadratmetern mit fünf Kindern leben."

Markus Lanz war da voller Zustimmung und brachte das Dilemma der harten Lockdown-Maßnahmen auf einen einprägsamen Merksatz: "Der Holzhammer ist dann notwendig, wenn wir zuvor bestimmte Hausaufgaben nicht machen."