„Wir müssen aufräumen“ - Jetzt sucht Trump den Mann, der für ihn an Tag 1 den Traum vom Diktator erfüllt

Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung am Donnerstag in Henderson, Nevada<span class="copyright">Chip Somodevilla/Getty Images</span>
Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung am Donnerstag in Henderson, NevadaChip Somodevilla/Getty Images

Es ist passiert: Donald Trump kehrt zurück ins Weiße Haus. Am allerersten Tag seiner zweiten Amtszeit als US-Präsident werde er sich wie ein Diktator verhalten, kündigte Trump im Wahlkampf an. Doch dafür braucht er die Hilfe einer wichtigen Rolle innerhalb der US-Regierung - für die Trump bereits die optimale Besetzung sucht.

Wir schreiben den 20. Januar 2025, es ist ein kalter, windiger Tag in der Hauptstadt Washington, D.C. Der republikanische Kandidat Donald Trump konnte sich in der Präsidentschaftswahl im vorherigen November deutlich gegen seine Kontrahentin Kamala Harris von den Demokraten durchsetzen.

Jetzt wird Trump auf den Stufen des US-Kapitols offiziell in seine zweite Amtszeit eingeführt, im Rahmen der sogenannten „Inauguration“, der großen Krönungsmesse der US-Demokratie. Doch während Trump die letzten Worte seines Amtseides spricht - „so wahr mir Gott helfe “ - arbeitet sein Team im Hintergrund daran, die US-Demokratie in ihren Grundfesten zu verändern.

Sofort Diktator

Bei den Wahlen konnten sich die Republikaner womöglich auch eine Mehrheit in den beiden Kammern des US-Kongresses sichern, dem Senat und dem Repräsentatenhaus. Im Senat haben sie die mögliche Mehrheit schon gesichert, im Repräsentantenhaus steht das Endergebnis noch nicht fest. Im günstigsten Fall hätten die Republikaner die sogenannte „Trifecta“, sie könnten durchregieren. Eine perfekte Situation für Trump, hatte er doch im Wahlkampf angekündigt, er werde sich nicht wie ein Diktator verhalten - „außer an Tag Eins“.

Was das bedeutet, hatte der Republikaner im Wahlkampf mehrfach skizziert, seine Helfer hielten die Pläne auch im sogenannten „Project 2025“ schriftlich fest. Zuerst kommen die Massenentlassungen: Beamte, die sich Trump widersetzen könnten. Lästige Wissenschaftler, deren Studienergebnisse seiner Agenda widersprechen. Ganze Institutionen, etwa die Umweltbehörde EPA, die Behörde für Lebensmittelsicherheit FDA, die Steuerbehörde IRS oder die staatliche Antidiskriminierungsbehörde, sollen personell ausgeblutet werden.

„Die größte Abschiebe-Operation der US-Geschichte“

Dann kommen die Deportationen. Die Pläne hierfür gehen auf Trump-Berater Stephen Miller zurück, der erst im September „die größte inländische Abschiebe-Operation der US-Geschichte“ angekündigt hatte. Polizei und Nationalgarde sollen als große Abschiebe-Armee fungieren, die Millionen illegaler wie auch legaler Einwanderer aus den USA entfernt. Ökonomen warnen vor den Folgen für die US-Wirtschaft, weil Landwirtschaft, Industrie und Dienstleistungssektor auf die Arbeitskraft dieser Einwanderer angewiesen sind. Die US-Grenze soll sofort geschlossen werden.

Wenn diese ersten beiden großen Punkte abgehakt sind, will sich das Trump-Lager der klassischen republikanischen Wunschliste widmen: Steuersenkungen für Reiche und für Großunternehmen, Steuererhöhungen für die Mittelschicht. Weitere Beschränkungen des Abtreibungsrechts für Frauen, womöglich bis zu einem kompletten Verbot. Ende der staatlichen Hilfen für Kinderbetreuung. Auflösung des gesamten Bildungsministeriums und somit vieler Förderprogramme für Schulen. Eingriffe in die Bildungsfreiheit und Sanktionen für Schulen, die zu unliebsamen Themen lehren wie Rassismus und Geschlechtsidentitäten. Einschränkungen des Verbraucherschutzes und der Arbeitnehmerrechte. Ein Ende des großen US-Klimaprogramms IRA, das Vorgänger Joe Biden ins Leben gerufen hatte, zugunsten großer fossiler Öl- und Gaskonzerne.

Widerspenstiges Ministerium

Die Liste der Trump-Versprechen, die er selbst und seine Berater im Wahlkampf geäußert haben, ist also lang. Ob das Trump-Lager seine Versprechen auch halten können wird, hängt vor allem von einer Behörde ab: Dem US-Justizministerium (DOJ). Denn gerade bei den geplanten Abschiebungen würde sich die Trump-Präsidentschaft einer wahren Klagewelle entgegensehen, von Bürgerrechtsorganisationen, Bundesstaaten, Unternehmen.

Es ist Aufgabe des Justizministeriums, die US-Regierung in diesen Klagen zu verteidigen. Allerdings agiert das DOJ traditionell unabhängig vom Präsidenten, im Gegensatz zu anderen Ministerien kann er dem Justizministerium keine direkte Anweisung geben. Als Trump etwa 2017 als eine seiner ersten Amtshandlungen den sogenannten „Muslim Ban“ anordnete, eine Einreisesperre für Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern, weigerte sich die damalige Justizministerin Sally Yates, die Anordnung vor Gericht zu verteidigen.

Sie sei nicht überzeugt, dass der „Muslim Ban“ legal sei, sagte Yates damals, deshalb könne ihre Behörde die Einreisesperre nicht verteidigen. Trump feuerte sie sofort. Yates wurde von Trumps Vorgänger Barack Obama zur Justizministerin ernannt, bis zur Ernennung ihres Nachfolgers sollte sie eigentlich noch die Amtsgeschäfte führen. Wenn Trump also seine weitreichenden Versprechen umsetzen will, muss er das Justizministerium unter seine Kontrolle bekommen.

Trumps Interims-Trick

Erfahrungsgemäß dauert es jedoch zwei bis drei Wochen nach Amtsantritt, bis der US-Senat einen Ministerkandidaten bestätigt - bei knappen Mehrheiten im Senat kann es noch länger dauern. Das erschwert die Diktator-Pläne an Tag Eins. Es gibt jedoch einen Trick, den Trump schon in seiner ersten Amtszeit entdeckt hatte: Er kann auf einen Interims-Minister ernennen, der die Amtsgeschäfte auf unbestimmte Zeit führt. Dieser nämlich muss nicht vom Senat bestätigt werden. Im Jahr 2019 agierte zeitweise ein Viertel des Trump-Kabinetts auf Interims-Basis.

Es gibt jedoch Einschränkungen. Die Rechtslage schreibt vor, dass Trump seinen Interims-Minister nur aus einem begrenzten Kreis von Kandidaten auswählen darf: Entweder Personen, die in der US-Regierung arbeiten und bereits einmal vom Senat bestätigt worden waren. Oder hochrangige Mitarbeiter innerhalb des Justizministeriums, die eine gewisse Gehaltsstufe überschreiten. US-Medien bringen schon erste Kandidaten ins Spiel: Andrew Ferguson etwa von der Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde FTC. Der 38-Jährige war von Biden ernannt worden, gilt aber als treuer Republikaner mit besten Verbindungen zu einflussreichen Parteigrößen.

„Wir müssen wirklich aufräumen“

Auch der Name Curtis Gannon taucht immer wieder auf. Im Gegensatz zu Ferguson arbeitet Gannon bereits im Justizministerium, nämlich als sogenannter „stellvertretender Generalanwalt“. Als solcher hat der 51-Jährige bereits Erfahrung darin, den Staat gegen Klagen zu verteidigen. Gannon war es auch, der 2017 seine Unterschrift unter das Dokument setzte, in dem das Justizministerium den „Muslim Ban“ durchwinkte - eine Unterschrift, die seine Chefin Sally Yates verweigert hatte.

Es gibt noch weitere Kandidaten, darunter eine Reihe von republikanischen Bezirksstaatsanwälten in den Bundesstaaten, die einen unerwarteten Karrieresprung hinlegen könnten. Die Personalie könnte entscheidend sein für Trump, benötigt er schließlich noch aus einem weiteren Grund ein Justizministerium unter seiner Kontrolle: Der 78-Jährige will das Ministerium zu seinem persönlichen Kettenhund umbauen.

Mehrmals kündigte Trump im Wahlkampf die Aufnahme von Sonderermittlungen gegen die Familie von Joe Biden an - wozu Trump als Präsident eigentlich nicht die Befugnis hat. Die Ermittlungen gegen ihn selbst sollen hingegen nach seinem Willen fallengelassen werden. „Die wichtigste Person nach dem Präsidenten wird in dieser Legislaturperiode der Justizminister sein, denke ich“, sagte Trumps Vizepräsidentschaftskandidat JD Vance im Oktober bei einer Wahlkampfveranstaltung in Atlanta. „Wir müssen dort wirklich aufräumen.“