“Made in Germany“: Wie sich das Qualitätsmerkmal verändert hat

Produkte aus Deutschland gelten als der Inbegriff von hoher Qualität. Doch “Made in Germany“ ist heute längst nicht mehr das, was es mal war. Was nicht zuletzt daran liegt, dass immer weniger Marken das Label auch wirklich verdienen. Denn was früher hierzulande produziert wurde, befindet sich heute häufig in der Hand internationaler Konzerne. “Made in Germany“ – ein Pseudo-Siegel von gestern?

Das "Made in Germany"-Schild preist auf der IFA in Berlin Produkte aus Deutschland an. (Bild: Getty Images)
Das "Made in Germany"-Schild preist auf der IFA in Berlin Produkte aus Deutschland an. (Bild: Getty Images)

Wer das Siegel “Made in Germany“ auf seine Produkte klebt, steigt in der Achtung der Verbraucher um ein Vielfaches. Denn von allen “Made in“- Labels, ist keines so fest in den Köpfen der Menschen verankert, wie das Deutsche – und zwar weltweit. Auf dem “Made-in-Country-Index“ von 2018 steht Deutschland unangefochten an der Spitze, dicht gefolgt von der Schweiz. Das Marktforschungsunternehmen Data Research befragte dafür 43.000 Verbraucher in 52 Ländern nach ihren Präferenzen für die Herkunft von Produkten.

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“Made in Germany“ steht für Qualität, verspricht lange Lebensdauer und befriedigt die höchsten Ansprüche, die man an ein Produkt haben kann. War das schon immer so?

“Made in Germany“ hieß früher Ramsch

Die Menschen aus dem späten 19. Jahrhundert würden die heutige Bedeutung für einen schlechten Scherz halten. Denn damals stand das Label für das exakte Gegenteil: Billiger Ramsch aus dem Ausland.

Schon mal darüber nachgedacht, warum es eigentlich nicht “In Deutschland produziert“ heißt oder einfach die deutsche Fahne auf das Produkt geklebt wird? Die englische Bezeichnung “Made in Germany“ haben wir doch tatsächlich, Ironie der Geschichte, den Briten zu verdanken. Denn am 23. August 1887 beschloss die britische Regierung ein neues Handelsmarkengesetz. Deutsche Produkte mussten fortan den speziellen Schriftzug tragen, damit man sie von den hochwertigeren britischen Erzeugnissen unterscheiden konnte. Auslöser für das neue Gesetz war eine Flut an billigen Messern und anderen Schneidewerkzeugen aus Deutschland, die die britischen Märkte damals überschwemmten und die Preise ruinierten.

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Der Plan der Briten ging leider nach hinten los. Denn die deutsche Wirtschaft besserte bei der Qualität enorm nach und wuchs explosionsartig zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Verbraucher kauften national wie international immer mehr deutsche Produkte, denn die waren die besten. Aus “Achtung, billiger deutscher Ramsch“ wurde “Greif zu, denn deutsche ist die höchste Qualität.“ Da stellt sich einem die Frage: Was braucht ein Produkt eigentlich, um “Made in Germany“ tragen zu dürfen?

Die Gummibären werden bei der deutschen Traditionsmarke Haribo noch zu 100 Prozent im Heimatland hergestellt. (Symbolbild: Getty Images)
Die Gummibären werden bei der deutschen Traditionsmarke Haribo noch zu 100 Prozent im Heimatland hergestellt. (Symbolbild: Getty Images)

“Made in Germany“: Voraussetzungen sind heute anders

Die Bedeutung von damals hat sich gewandelt. Heute darf “Made in Germany“ auf alle Produkte angebracht werden, deren wesentliche Bestandteile und bestimmenden Eigenschaften auf einer deutschen Leistung beruhen. Heißt im Klartext: Selbst wenn nur ein einziger Bestandteil des Produktes aus Deutschland stammt, darf es das begehrte Label tragen. Auch wenn verschiedene Bauteile aus der ganzen Welt stammen, es aber in Deutschland zusammengebaut wird, ist das Produkt “Made in Germany“.

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Welche Marken sind eigentlich noch echt “Made in Germany“?

Egal ob Nivea, Becks, Adidas oder Birkenstock, deutsche Marken sind heute in der ganzen Welt bekannt und beliebt. Dank der Globalisierung ist es aber auch so, dass viele großen Firmen nicht mehr ausschließlich in ihrem einstigen Heimatland produzieren. Eine Auswahl:

Knorr

Tütensuppen und Fertigsoßen von Knorr gab es schon vor der “Made in Germany“-Erfindung, nämlich seit 1838. Heute kommen die Mischungen nur noch aus zwei deutschen Werken, einem in Sachsen und einem in Baden-Württemberg. Denn seit 2000 gehört Knorr zum Lebensmittel-Giganten Unilever.

Miele Haushaltsgeräte zählen zu den teuersten am Markt – die Wertschöpfungskette ist zu 90 Prozent deutsch. (Bild: Getty Images)
Miele Haushaltsgeräte zählen zu den teuersten am Markt – die Wertschöpfungskette ist zu 90 Prozent deutsch. (Bild: Getty Images)

Bosch und Miele

Bosch steht für deutsche Tüftelkunst in Form von Haushaltsgeräten. Die Produkte werden weltweit in 41 Fabriken hergestellt, davon immerhin sieben in Deutschland. “Made in Germany“ wird bei Bosch deshalb nicht für einzelne Geräte verwendet, sondern im allgemeinen Sinn.

Anders beim Konkurrenten Miele. Die Haushaltsgeräte gehören zu den teuersten am Markt, und das nicht ohne Grund: Laut Unternehmensangaben sind rund 90 Prozent der Wertschöpfungskette in Deutschland beheimatet. Produziert wird zum Beispiel ausschließlich in Gütersloh.

Pelikan

Auch der bekannte Füllfeder-Vogel wurde schon vor dem “Made in Germany“-Erlass gegründet. Der Chemiker Carl Hornemann kochte 1838 in Hannover Tinte und rief schließlich die Firma Pelikan ins Leben. Die Firma ist heute in malaysischer Hand, doch noch immer wird in Peine in Niedersachsen produziert.

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Birkenstock steht für die deutsche version der Ökosandale. Eines von wenigen Unternehmen, die noch ausschließlich in Deutschland produzieren. (Bild: Getty Images)
Birkenstock steht für die deutsche Version der Ökosandale. Eines von wenigen Unternehmen, die noch ausschließlich in Deutschland produzieren. (Bild: Getty Images)

Birkenstock

Birkenstock ist der deutsche Inbegriff der Ökosandale. Obwohl nicht alle Teile der Sandale aus Deutschland stammen, wird bis heute ausschließlich im Heimatland an acht Standorten produziert.

Haribo

“Haribo macht Kinder froh - und Erwachsene ebenso.“ Ein extrem erfolgreicher Werbe-Jingle, den wohl jeder in Deutschland kennt. Und Haribo darf sich tatsächlich 100 Prozent “Made in Germany“ nennen: Alle Rohstoffe für die beliebten Gummibären kommen aus Deutschland, ebenso wie die Produktion.

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