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Maischbergers Diskussion über Frauenquote zeigt, dass wir die immer noch brauchen

Diese beiden waren sich überhaupt nicht grün: der Unternehmensberater Reinhard Sprenger und die Grünenpolitikerin Katharina Schulze. Foto: WDR / Max Kohr
Diese beiden waren sich überhaupt nicht grün: der Unternehmensberater Reinhard Sprenger und die Grünenpolitikerin Katharina Schulze. Foto: WDR / Max Kohr

In der Talkrunde bei Sandra Maischberger ging es – passend zur Themenwoche Gerechtigkeit in der ARD – um die Gleichsstellung von Mann und Frau im Beruf. “Kaum Chefinnen, weniger Geld: Werden Frauen immer noch benachteiligt?” war ihr Thema. Schnell mutierte die Diskussionsrunde zu einem Kampf “Alle gegen Einen”. Dieser eine war Unternehmensberater Reinhard Sprenger, der mit seinen provokanten Thesen für Aufregung sorgte.

Maischbergers Sendung folgte im Anschluss an den Spielfilm “Keiner schiebt uns weg”. Er handelte von den Frauen des Fotolabors “Heinze”, die sich in den späten 1970er Jahren das gleiche Gehalt erkämpften wie die Männer in ihrer Abteilung. Doch damit bleiben sie die Ausnahme. Bis heute, 40 Jahre später, wird Frauen und Männern immer noch nicht das gleiche bezahlt, bei gleichwertiger Arbeit. Durchschnittlich 21 Prozent weniger Gehalt landet in den Geldbeuteln der Frau, in Dax-Unternehmen sitzen immer noch nur sieben Prozent Frauen und auch im Bundestag ist der Anteil der Frauen wieder stark zurückgegangen.

100 Jahre nach der Einführung des Wahlrechts für die Frau stehen uns immer noch Arbeitsschritte bevor, um zu einer völligen Gleichberechtigung beider Geschlechter zu gelangen. Doch wo kommen wir – historisch gesehen – eigentlich her? Maischberger beginnt ihre Runde mit einem Rückblick in die Vergangenheit. Da ist zum Beispiel der Spiegel-Journalist Hajo Schumacher, der sich erinnert, dass es in seinen Anfängen noch hieß: “Ein Mann fasst keine Tastatur an – er diktiert.” Und als er sich einige Zeit später für einen Betriebskindergarten stark machte, fragte sein Chefredakteur: „Wieso wollen Sie Ihr Kind mitbringen? Sie haben doch eine Frau!“

“Volkswirtschaft studieren? Damit kannst du gut dein Haushaltsbudget planen”

Und auch die ehemalige stellvertretende Gewerkschaftsvorsitzende Ursula Engelen-Kefer erzählt, dass sie ihrem Vater damals sagte, sie wolle Volkswirtschaft studieren. “Da meinte mein Vater: Wenn du das machst, kannst du sehr gut dein Haushaltsbudget planen.“ Unternehmensberater Reinhard Sprenger gibt zu: „Damals wurden Frauen benachteiligt. Heute ist es genau umgekehrt: In vielen Bewerbungsprozessen sind Männer nur noch Sättigungsbeilage!“ Firmen würden händeringend nach Frauen suchen.

Deswegen hält er eine Frauenquote auch für unsinnig. „Die Quote ist Frauendiskriminierung. Man sagt damit, dass Frauen es nicht allein schaffen würden und man ihnen helfen müsse.“ Die Frau würde nicht mehr als Individuum gesehen, sondern als Gruppenwesen. „Sie würde aufgrund eines Kriteriums gefördert, für das sie nichts kann: nämlich Frau zu sein. Für mich ist das Sexismus mit umgekehrten Vorzeichen.“ Die Grünen-Politikerin Katharina Schulze, die im bayerischen Landtag sitzt, sieht das ganz anders. Sie sagt: „Wenn wir bei den Grünen keine Quotierung hätten, dann wäre ich nicht mit 28 Jahren in den bayerischen Landtag gekommen.“

Zu Gast bei Sandra Maischberger waren Hajo Schumacher (Journalist), Judith Williams (Unternehmerin), Ursula Engelen-Kefer (ehem. Gewerkschafterin), Reinhard Sprenger (Unternehmensberater) und Katharina Schulze (B’90/Grüne, Fraktionsvors. Bayern) (Bild: WDR/Max Kohr)
Zu Gast bei Sandra Maischberger waren Hajo Schumacher (Journalist), Judith Williams (Unternehmerin), Ursula Engelen-Kefer (ehem. Gewerkschafterin), Reinhard Sprenger (Unternehmensberater) und Katharina Schulze (B’90/Grüne, Fraktionsvors. Bayern) (Bild: WDR/Max Kohr)

Natürlich wäre es ohne Quote schöner, erklärt sie, doch bis die Gesellschaft soweit sei, müsse man sich eben dieser “Krücke” bedienen, um Gleichberechtigung herzustellen. Sprenger hält ein Argument dagegen, von dem er anscheinend glaubt, es sei allgemein gültig. „Wohl kaum jemand würde sich von einer Ärztin operieren lassen, die ihren Job der Frauenförderung verdankt.“ Sehr wohl würde sie ihr Leben in deren Hände legen, gibt Schulze zurück, wenn diese durch die Quote endlich Chefärztin geworden sei. Und Journalist Hajo Schumacher erwidert, dass er auch nicht gern von einem Mann behandelt werden würde, der per Männerseilschaft an den Chefarztposten gekommen wäre.

Hier wie dort, solle die Qualifikation über die Arbeit im Vordergrund stehen. Doch: “Die Lebenslüge der Gleichstellungspolitik ist, dass es einen Unterschied gibt: Frauen können Kinder kriegen”, sagt Sprenger. Und nun? Bis zu sechs Wochen vor der Geburt gehen Frauen noch arbeiten und ab drei Monate danach könnten sie theoretisch schon wieder gehen, wenn beispielsweise der Mann in Elternzeit gehen würde.

Häufig entscheiden sich Paare doch auch dafür, dass die Frau Zuhause bleibt, nicht nur, weil der Mann keine Milch geben kann – da hat der Fortschritt uns die Milchpumpe beschert – sondern schlicht deshalb, weil der Mann mehr verdient und es sich eher auszahlt, dass er weiter auf Arbeit geht. Würde diese Lücke geschlossen, würde auch die Frau kaum mehr als sechs Monate ausfallen im Beruf. Und selbst wenn: Der Arbeitsmarkt täte gut daran, seine Jobs flexibler zu gestalten, um eine ausreichende Work-Life-Balance für die Arbeitnehmer herzustellen. Und für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Die Argumente von Reinhard Sprenger zeigen einmal mehr auf, dass eine Frauenquote bei einer derartigen Denke unerlässlich ist.