Maischbergers Jahresrückblick: Kratzen an der Oberfläche

Johannes B. Kerner (ZDF), Tina Hassel (ARD), Sandra Maischberger, Helmut Markwort (FDP), Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Philipp Amthor (CDU) diskutierten über das vergangene Jahr. Foto: Screenshot ARD
Johannes B. Kerner (ZDF), Tina Hassel (ARD), Sandra Maischberger, Helmut Markwort (FDP), Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Philipp Amthor (CDU) diskutierten über das vergangene Jahr. Foto: Screenshot ARD

Wer sich im Jahr 2018 in einem Bunker verkrochen hat, weil er AfD, Trump und Flüchtlinge nicht mehr hören konnte, der kann wenigstens in der ersten Hälfte der Talkshow Maischberger ein wenig frische Luft schnuppern. Nach dem Hitzejahr und der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer rückt der Klimaschutz in den Vordergrund. Nur einmal erwähnt der ZDF-Moderator Johannes Kerner den US-Präsidenten. Aber keine Sorge, um die AfD ging es im Jahresrückblick natürlich trotzdem. Also kann man getrost die Lücke über den Kopf wieder schließen und es sich mit seinen Konserven bequem machen. Verpasst hat man dann nur einen Plausch, der an der Oberfläche kratzt und mehr an ein Kaffeekränzchen als an eine Talkshow erinnert.

Es diskutieren:

Johannes B. Kerner, ZDF-Moderator
Tina Hassel, Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios
Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen (B’90)
Helmut Markwort, ehemaliger „Focus“-Herausgeber und FDP-Politiker
Philipp Amthor, mit 26 Jahren der Newcomer der CDU

Ein Jahresrückblick bietet Potential, um beim gemütlichen Plausch über die Verlierer des Jahres zu lästern. Das wurde teilweise gemacht, über SPD und CDU, aber auch über die eigentlichen Gewinner dieses Jahres – die Grünen. Bevor die Parteien aber gegenseitig über sich herziehen, dümpelte Maischberger im seichten Gewässer.

Wohl um die Stimmung, zu lockern zeigte sie ausländische Kollegen, die versuchen den Namen der neuen CDU-Vorsitzenden Kramp-Karrenbauer auszusprechen. Was sich lustig anhören soll, war einfach nur peinlich. Kerner kommentierte die Versuche passend mit einem beiläufigen: “Wird schon gehen.”

Statt zur Politik, fragt Maischberger die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt lieber: „Was finden Sie trauriger? Dass die Lindenstraße oder House of Cards eingestellt wurde.“ Und für den CDU-Politiker Philipp Amthor hat sie sich ebenfalls besonders tiefgehende Fragen überlegt: „Wie findet Ihre Mutter Ihr Engagement?“, fragt sie doch allen Ernstes den 26-Jährigen. Und ob das nicht schon genug wäre: „Wie finden das ihre alten Freunde aus der Schulzeit, dass Sie in der CDU sind?“ Die überraschende Antwort: Langweilig. Wer will sich mit 15 etwas mit Politik beschäftigen und dann auch noch mit dem konservativen Flügel der Partei. Doch Amthor blüht in seiner Rolle als “konservativen Hoffnungsträger der CDU”, wie ihn der Spiegel bezeichnete, ganz auf.

CDU-Mann Amthor: Die Grünen bleiben Verbotspartei

Als Maischberger ihn scherzhaft fragt, ob mit Katrin Göring-Eckardt die neue bürgerliche Mitte neben ihm sitze, holt der Jungpolitiker zu einer Tirade aus, die das Spannendste an diesem Abend bleibt: „Quark“, meint er. „Die Grünen haben gute Laune, aber hinter diesem netten Mantel verbirgt sich immer noch die kleine Verbotspartei.“ Geschwindigkeitsbegrenzungen, Diesel-Verbot in Städten. Der 26-jähre CDU-Politiker klingt wie ein kleines Kind, dem Mami gerade die Süßigkeiten weg genommen hat, weil er ansonsten zu dick wird.

Dass es vielleicht einmal eine Koalition mit den Grünen geben wird, kann er sich jedenfalls nicht vorstellen, zu kleinkariert seien die Themen der Partei. Gendergerechte Toilette – nicht schon wieder. Verbot von Plastikstrohhalmen in Berlin – damit werden die Weltmeere nicht gerettet.

Auch für Helmut Markwort scheint Jamaika in weiter Ferne. Er sieht in den Grünen den Hauptfeind der FDP. Lieber hätte er es, wenn das Ziel der CDU nicht die Halbierung der AfD, sondern die Halbierung der Grünen wäre. Und noch lieber würde er es sehen, wenn ein zweites Referendum den Brexit doch noch verhindern würde. Die gute Fee wird wohl keine heile Welt nach Markworts Vorstellungen zaubern, aber auch Politiker dürfen ja träumen.

Fußball, Merkel und die AfD

Als sich die Debatte wieder abkühlt, leitet Maischberger das Kaffeekränzchen von der Politik zum Fußball um. Die Nationalelf stieg ab. Der Fußballer Mesut Özil postete ein Selfie mit dem türkischen Präsidenten Erdogan. Da kann wenigstens jeder mitreden. Dazu hat jeder eine Meinung. Und selbst wenn schon alles gesagt ist, fügt Johannes Kerner noch hinzu: „Özil hätte auch in der Türkei spielen können, aber in Deutschland hatte er eine größerer Karriere.“

Die Bilanz aus diesem Jahr? Schlechteste Nachricht für Tina Hassel: Dass Deutschland seine Rolle als Vorreiter beim Klimaschutz aufgibt. Beste Nachricht: Der souveräne Teilrückzug von Angela Merkel.

Und was ist jetzt mit der AfD? Achja, Maischberger fragte, welcher Umgang mit ihr am Besten sei. Inhaltliche Diskussion oder emotionale Wut? Schulz beschimpfte in einer Rede den AfD-Politiker Alexander Gauland. Amthor zerlegte die Partei mit Argumenten und forderte sie auf sich besser vorzubereiten, um mitdiskutieren zu können. Was ist besser? Das Thema AfD ist jedenfalls noch nicht vorbei. Da kann man nur hoffen, dass die Konserven im Bunker ausreichen, denn gute Feen existieren halt doch nur in Märchen.