Malis Armee greift Rebellenhochburg im Norden des Landes an
Bei Angriffen der malischen Armee auf die Rebellenhochburg Kidal im Norden des Landes sind nach Angaben von Augenzeugen und Rebellen mehrere Zivilisten getötet worden. Die malischen Streitkräften erklärten am Dienstag in Onlinediensten, bei Angriffen auf "terroristische Ziele" mehrere Fahrzeuge in einem kürzlich von der UN-Friedensmission Minusma geräumten Lager "neutralisiert" zu haben. Die nordmalische Rebellen-Allianz CSP erklärte, durch Angriffe der Armee mit Drohnen aus türkischer Produktion seien in Kidal 14 Menschen getötet worden, darunter acht Kinder.
Anwohner und Augenzeugen sprachen von zwischen sechs und neun Toten. Mindestens ein Angriff traf einen gerade erst von der UN-Friedensmission Minusma geräumten Militärstützpunkt. Die CSP forderte die Türkei dazu auf, die Lieferung von Drohnen an die regierende Militärjunta und die sie unterstützende russische Söldnergruppe Wagner zu "überdenken".
Die Armee dagegen rief die Bevölkerung auf, "nicht der Propaganda der Terroristen zu erliegen", die darauf abziele, "den Ruf der malischen Streitkräfte zu schädigen".
Das westafrikanische Mali ist seit Jahren Schauplatz einer Rebellion islamistischer Extremisten, die 2012 im Norden des Landes begann und später auch auf die Nachbarländer Niger und Burkina Faso übergriff.
Die Stadt Kidal im Norden des Landes ist eine Hochburg mehrerer von Tuareg dominierten Rebellengruppen. Die Rebellen hatten 2015 ein Friedensabkommen mit der malischen Regierung unterzeichnet. Seit kurzem haben sie die Kampfhandlungen aber wieder aufgenommen. Im August eskalierte die Gewalt im Norden. Das malische Militär, die von Tuareg dominierten Rebellen und die Dschihadisten kämpfen um die Kontrolle der Region.
Seit 2013 sollte die UN-Friedensmission Minusma helfen, das Land zu befrieden und die Zivilbevölkerung zu schützen. Malis 2020 durch einen Putsch an die Macht gekommene Militärregierung hatte Mitte Juni ein sofortiges Ende der Minusma verlangt. Die vom UN-Sicherheitsrat daraufhin gesetzte Frist für den Abzug ist der 31. Dezember 2023.
Ende Oktober musste die UN-Friedensmission wegen der Kämpfe mehrere Stützpunkte im Norden frühzeitig räumen. Die Blauhelme zogen Richtung Gao ab, der größten Stadt im Norden Malis. Daraufhin besetzten die Rebellen das Lager in Kidal.
In Gao sind auch Bundeswehrsoldaten als Teil des deutschen Minusma-Kontingents stationiert. Für den überhasteten Abzug aus der Region baten die Vereinten Nationen auch die Bundeswehr um Hilfe. Deutschland konnte dieser Bitte nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium aber aus "Kapazitätsgründen und Sicherheitsaspekten" nicht entsprechen. Die Bundeswehr ist derzeit selbst mit dem Abzug aus Mali beschäftigt.
Nach Minusma-Angaben mussten Teile der Ausrüstung vor dem Abzug aus Kidal zerstört werden, einiges wurde aber auch zurückgelassen. Einem ortsansässigen ehemaligen Mitarbeiter der UN-Friedensmission zufolge handelte es sich bei einigen Opfern vom Dienstag um Anwohner, die sich vor dem Stützpunkt versammelt hatten, um Ausrüstungsgegenstände mitzunehmen.
Die Region ist seit langem ein Ausgangspunkt für Unabhängigkeitsbewegungen und entsprechend ein Dorn im Auge der Regierungen in der Hauptstadt Bamako. Die Vorfälle vom Dienstag befeuern Befürchtungen, wonach in der Region ein Bürgerkrieg drohen könnte.
ma/gt