Mangel in den Stellwerken - Brisante Geheim-Unterlagen: Deutsche Bahn wollte Personal-Misere verbergen

Ein Fahrgast wartet auf die Bahn (Symbolbild).<span class="copyright">Christoph Soeder/dpa/dpa-tmn</span>
Ein Fahrgast wartet auf die Bahn (Symbolbild).Christoph Soeder/dpa/dpa-tmn

Wäre es nach der Deutschen Bahn (DB) gegangen, hätten die Eisenbahnbranche und die Öffentlichkeit nicht erfahren sollen, welches Ausmaß der Personalmangel in den Stellwerken des Konzerns hat.

Das geht aus Unterlagen hervor, die der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegen – in geschwärzter und ungeschwärzter Fassung.

Die Dokumente stammen aus dem Verfahren BK10-23-0255_Z bei der Bundesnetzagentur in Bonn. Sie drängt darauf, dass die DB Infrago, die das Schienennetz und die Bahnhöfe betreibt, genügend Personal für ihre Stellwerke ausbildet und einstellt. Als die Behörde konkret wissen wollte, wie groß die Probleme in den Stellwerken wirklich sind und welche Folgen das hat, erhielt sie für ihre eigenen Zwecke zwar ungeschwärzte Versionen der Dokumente. Andere Unternehmen sowie Verbände aus der Bahnbranche, die an dem Verfahren beteiligt sind und ein Interesse daran haben, dass in den Stellwerken alles gut läuft, sollten hingegen mit weitgehend geschwärzten Dokumenten abgespeist werden.

Im Jahr 2022 begannen die Stellwerks-Probleme bei der Bahn so richtig

Aus den Original-Unterlagen geht hervor, wann die Probleme in den Stellwerken begannen. So fielen noch 2021 nur 688 Stellwerke vorübergehend aus. Im Jahr darauf schnellten die Zahlen nach oben: 4165 Stellwerke fielen stundenlang wegen Personalmangels aus. Im ersten Halbjahr 2023 waren es dann 2459 Stellwerke. Aufgrund der gravierenden Probleme in den Steuerungszentralen fielen 2022 insgesamt 6856 Regionalzüge aus. Im ersten Halbjahr 2023 waren es 3388. Neuere Zahlen liegen offenbar nicht vor.

Aus Sicht der DB Infrago sind all das „geheimhaltungswürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die nicht detailliert einer unbeschränkten Öffentlichkeit und auch nicht der Branche zugänglich gemacht werden“ dürften. So wird die Position der DB-Netzgesellschaft in einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom Februar 2024 wiedergegeben. Das Gericht sah das aber ganz anders und verpflichtete die DB Infrago, ihre Unterlagen für die insgesamt 15 Verfahrensbeteiligten freizugeben. Die Bahnbranche weiß also Bescheid – und nun auch die Öffentlichkeit.