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Mann arbeitet seit 80 Jahren als Friseur

Waschen, schneiden, legen - seit 80 Jahren (Foto: Sebastian Unbehauen/Hohenloher Tagblatt)
Waschen, schneiden, legen - seit 80 Jahren (Foto: Sebastian Unbehauen/Hohenloher Tagblatt)

Am 31. Oktober wird Josef Meier aus dem baden-württembergischen Brettheim 96 Jahre alt. Doch in Rente gehen will er auf keinen Fall. Lieber schneidet er alten Herren das restliche Haupthaar, stutzt Bart und Brauen - seit acht Jahrzehnten.

Ans Aufhören denkt der rüstige kleine Mann aus Brettheim in Baden-Württemberg nicht, warum auch. Jeden Morgen schließt er die Tür seines Friseursalons in der Gartenstraße 2 auf und wartet auf Kundschaft. Josef Meier ist Herrenfriseur, wahrscheinlich der dienstälteste in Deutschland. Mal kommen vier Kunden an einem Tag, mal nur einer. Und dann schreitet der Friseur zur Tat.

Zum Haarewaschen beugen sich die Herren bis heute nach vorn übers Waschbecken, Meier arbeitet mit Kamm, Schere und elektrischem Haarschneider. Meist sind die Haare trocken, wenn sie geschnitten sind. Bezahlt wird immer bar: normaler Schnitt zehn Euro. Rundschnitt zwölf. Er schneidet auch Augenbrauen und Bärte. Was zu Boden fällt, ist meist grau oder weiß.

Zugegeben, er hört sehr schlecht. Deshalb ist es gut, dass seine Tochter Ingrid, 57, vor ein paar Jahren zu ihm zog. Denn die hört wenigstens das Klingeln des Telefons und die Glocke an der Tür, er nicht, trotz Hörgerät. Sie verabredet die Termine für den Vater und führt ihm den Haushalt. Manchmal steht sie in der Küche, brät Fleischkäse mit Zwiebeln an und kann jedes Wort der betagten schwerhörigen Männer aus dem Friseursalon durch die Wand mithören, „wie die sich anschreien beim tratschen“. Denn auch seine Kunden sind betagt, viele kommen seit vierzig, fünfzig und sechzig Jahren zu Josef Meier. Übrigens, „Meier mit ei“, sagt er dann, „großes M, kleine eier“.

Josef Meier 1936 in der Friseur-Lehre (Foto: Sebastian Unbehauen/Hohenloher Tagblatt)
Josef Meier 1936 in der Friseur-Lehre (Foto: Sebastian Unbehauen/Hohenloher Tagblatt)

1936 ging er in die Freiseur-Lehre

Josef Meier stammt aus dem Sudetenland, der Vater war Bahnangestellter, die Mutter brach Flachs, der junge Josef ging in Braunau in die Friseur-Lehre. 1936 war das, damals war er 17 Jahre alt. Als er fertig war, kam der Krieg und er wurde dienstverpflichtet bei den Henschel-Flugzeugwerken in Berlin. 1940 zog ihn die Wehrmacht ein und er kämpfte auf der Krim. Später, 1944, musste er nach Holland und kam in britische Gefangenschaft.

Erst 1948 kehrte er nach Deutschland zurück, arbeitete zuerst im fränkischen Gerabronn bei einem Friseur und machte sich ein paar Jahre später im benachbarten Brettheim selbständig. Damals war der Dorffriseur ein Treffpunkt der Menschen, die Frauen kamen zu Frau Meier, die Männer zu Herrn Meier, übrigens nicht nur zum Haare schneiden, sondern auch regelmäßig zum Rasieren.

Vor Kurzem hat im 5000-Einwohner-Dorf Brettheim ein weiterer Salon eröffnet. Aber die Konkurrenz stört den kleinen Josef Meier nicht. Er macht einfach immer weiter. „Wenn's noch zehn Jahre so bleibt, bin ich zufrieden.“

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